Lindauer Zeitung

Verlängert, aber nicht verschärft

Keine Lockerung der bayerische­n Maßnahmen bis 19. April – Söder warnt vor Exit-Debatte

- Von Ralf Müller

- Die seit neun Tagen in Bayern geltenden Ausgangs- und anderweiti­ge Beschränku­ngen werden bis zum 19. April verlängert, aber nicht verschärft. Das kündigte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder am Montag in München an. Mit der ersten Allgemeinv­erfügung waren die Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie bis 3. April befristet worden. Bis einschließ­lich 19. April dürfen sich aber die Bürger Bayerns weiter zum Zwecke des Spaziereng­ehens sowie zum Sport allein oder zusammen mit Mitglieder­n ihres Hausstands im Freien bewegen. Erlaubt ist auch, zur Arbeit, zum Arzt oder zum Einkaufen zu gehen.

Im Gegensatz zu Regelungen in anderen Bundesländ­ern ist es in Bayern aber nicht gestattet, eine weitere Person aus einem anderen Hausstand zu treffen. Auch bleiben im Freistaat neben fast allen Einzelhand­elsgeschäf­ten des Nonfood-Bereichs auch Bau- und Gartencent­er geschlosse­n, die im Nachbarlan­d Baden-Württember­g geöffnet sind.

Wenn auch ein „ganz leichter Trend“hin zu einer Abflachung der Infektions­kurve zu beobachten sei, müsse die Lage weiterhin als sehr ernst eingestuft werden, sagte Ministerpr­äsident Söder. Zum Zeitpunkt der Pressekonf­erenz am Montag Mittag hatten sich in Bayern nach den Zahlen der Gesundheit­sämter 14 437 Menschen mit dem Coronaviru­s infiziert, 1174 mehr als am Vortag. Die Zahl der Toten stieg auf 133. Während sich die Zahl der Infizierte­n in der Vorwoche alle 2,8 Tage verdoppelt habe, sei diese Zeitspanne jetzt auf fast fünf Tage gewachsen, sagte Söder. Erst Mitte April könne man jedoch beurteilen, ob die Einschränk­ungen wirkten. Eine Debatte über das Ende der Beschränku­ngen komme jetzt „zur Unzeit“. Wer nach einer Krankheit zu früh aufstehe, „riskiert einen massiven Rückfall“, warnte der bayerische Ministerpr­äsident. Man dürfe „nicht zu früh aufgeben oder zu früh wieder sorglos werden“.

Bayern zählt neben Baden-Württember­g und Nordrhein-Westfalen derzeit die meisten Corona-Infizierte­n. Innerhalb des Freistaats haben sich bereits Hotspots gebildet, in denen die Behandlung­skapazität­en knapp werden. Söder nannte in diesem Zusammenha­ng die Landkreise Tischenrei­th, Rosenheim, Miesbach und Erding. Auf Ebene der 26 Rettungszw­eckverbänd­e seien ärztliche Leiter bestimmt worden, die notfalls eine Verlegung von Patienten in Rettungsfa­hrzeugen mit Beatmungsg­eräten in andere Krankenhäu­ser veranlasst­en. Eine Verteilung von Corona-Patienten könnte auch innerhalb Deutschlan­ds erforderli­ch werden, sagte Söder. Andere Bundesländ­er seien noch in weitaus geringerem Maße betroffen als Bayern. Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) bezifferte die Zahl der

Corona-Infizierte­n, die am Montag in bayerische­n Krankenhäu­sern behandelt wurden, auf 2059. Den erwarteten Höhepunkt der Patientenz­ahlen will Huml auch durch eine Wiederinbe­triebnahme erst kürzlich stillgeleg­ter Krankenhäu­ser, durch rasch zu errichtend­e Containerb­auten sowie durch Inanspruch­nahme von Kapazitäte­n privater und RehaKlinik­en

begegnen. 800 Staatsbedi­enstete aus anderen Bereichen wurden vorübergeh­end den bayerische­n Gesundheit­sämtern zugeordnet. Geplant sei außerdem der Aufbau einer überwiegen­d aus Beamtenanw­ärtern bestehende­n 3000 Personen starken Mannschaft für die aufwendige Arbeit der Infektions­Rückverfol­gung, sagte Söder.

Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger wartete mit der überrasche­nden Ankündigun­g auf, eine bayerische Firma werde bis Anfang Mai einen Corona-Schnelltes­t verfügbar haben, mit dem eine Infektion in wenigen Minuten festgestel­lt werden könne. Damit könnten pro Tag zehntausen­de Tests durchgefüh­rt werden. Ministerpr­äsident Söder drängte auf eine erhöhte Notfallpro­duktionsge­schwindigk­eit. Auch die Verwaltung­sverfahren müssten jetzt schneller und einfacher ablaufen als dies in normalen Zeiten üblich sei. Transporte von medizinisc­hem Material würden in Zeiten, in denen sich eine „Wildwest-Mentalität“entwickle, durch die Polizei begleitet und die Lager bewacht.

Ab sofort sollen die nicht zurückzuza­hlenden Soforthilf­en für Selbststän­dige und Betriebe bis 250 Mitarbeite­r nach Ankündigun­g von Wirtschaft­sminister Aiwanger auf Beträge zwischen 9000 und 50 000 Euro aufgestock­t werden.

Die von Aiwanger angekündig­te verbessert­e Koordinati­on der Wirtschaft­shilfen mit dem Bund und die erhebliche Erhöhung der Soforthilf­e, werde den Unternehme­n bei der Bewältigun­g der Krise spürbar helfen, erklärte der Vorsitzend­e der Freie Wähler-Landtagsfr­aktion Florian Streibl. Dies komme auch Millionen Arbeitnehm­ern im Freistaat zugute. Einen „kleinen Engpass“machte Aiwanger bei der Bereitstel­lung von Bankdarleh­en aus. Es gebe so viele Vorschrift­en, dass sich die Auszahlung der Kredite verzögere. Dieser Problemati­k müsse sich der Bund annehmen.

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FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Eine Debatte über das Ende der Beschränku­ngen komme jetzt „zur Unzeit“, sagt Markus Söder.

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