Eine etwas andere Auktion
Auch Michael Zeller muss während der Corona-Pandemie umdisponieren – Bieter dürfen nicht ins Auktionshaus
- Normalerweise läuft eine Auktion im Lindauer Auktionshaus Zeller so ab: Auktionator Michael Zeller steht an einem Pult, ihm gegenüber sitzen bis zu 200 Bieter. Nach und nach werden verschiedene Kunstwerke und deren Mindestpreise vorgestellt. Wer ein Werk haben möchte, hält eine Bieterkarte in die Luft. Derjenige, der bereit ist, für das Stück am meisten zu bezahlen, nimmt es am Ende mit nach Hause. Während der Corona-Pandemie ist das anders. Wie viele andere Unternehmen auch muss Zeller umdisponieren, damit sein Betrieb weiterlaufen kann.
Am Empfang des Auktionshauses auf der Lindauer Insel ist jetzt ein Spuckschutz angebracht, damit sich Zellers Mitarbeiter nicht mit dem Virus anstecken. Normalerweise würde in diesen Tagen reger Betrieb herrschen, denn die Vorbesichtigungen für die nächste Auktion vom 7. bis 9. April laufen schon. Doch das Auktionshaus ist geschlossen, empfangen wird nur, wer sich vorher telefonisch angemeldet hat. „Wir lassen dann nur zwei bis drei Leute rein“, sagt Michael Zeller.
Der Auktionator führt durch die großen Räume mit den hohen Decken, die voller Kunstwerke aus ganz unterschiedlichen Epochen sind. Zu den Schätzen der nächsten Auktion gehört ein Ganzkörper-Portrait von Lydia Kick, der Frau des berühmten Lindauer Ehrenbürgers und Mäzens Ludwig Kick. Es ist ein Werk des Vorarlberger Künstlers Alwin Arnegger, sein Startpreis liegt bei 4500 Euro. Neben jeder Menge weiterer Gemälde, Schmuck und Statuen versteigert Zeller Anfang April außerdem Tischwäsche und Nachthemden, die einmal der Prinzessin Marie von Bayern gehört hatten. Wer es ausgefallen mag, der könnte sich für die gut erhaltene Drachenrobe eines chinesischen Hofbeamten interessieren, die im Auktionshaus auf einer Büste drapiert ist.
Menschen, die aus einem Hochrisikogebiet kommen, dürfen das Auktionshaus in diesen Tagen überhaupt nicht betreten. Sie sollen „einen virtuellen Rundgang per Internet“durch das Auktionshaus machen. Solche Bildergalerien hat Zeller aber nicht erst jetzt wegen der Coronakrise
eingeführt. „Wir machen das, seit es das Internet gibt“, sagt er. Denn auch in seinem Geschäft sei das Internet über die Jahre immer stärker geworden, „von Auktion zu Auktion“. Während sich die Leute früher noch bei Wienerle oder Kuchen für Münzauktionen an Tischen gegenüber gesessen hätten, laufe auch bei ihm heute mittlerweile vieles digital ab. „Mein bester Kunde sitzt in Kanada“, sagt Zeller.
Örtliche Distanz ist längst kein Hindernis mehr. Schon seit Jahren bietet Zeller verschiedene Möglichkeiten als Alternative an. So können Bieter ihr Gebot zum Beispiel schriftlich über ein Formular abgeben. „Da kann man auch für mehrere Sachen gleichzeitig bieten“, erklärt Zeller. Wer eine Obergrenze der Gesamtsumme
definiert, geht sicher, dass er sich nicht verschuldet, sollte er mit seinen Höchstgeboten tatsächlich alle Kunstwerke ersteigern, für die er sich eingetragen hatte.
Außerdem gibt es ein OnlineAuktionsportal. Dafür verteilt Zeller an angemeldete Kunden Zugänge, sie können die Diskussion im Internet live verfolgen und mitbieten. Gang und gäbe ist außerdem, dass Kunden übers Telefon an einer Versteigerung teilnehmen.
Auch das gibt es nicht erst seit der Coronakrise. „Manche machen das auch deswegen, weil sie die Spannung während der Auktion nicht ertragen“, erklärt Zeller. Dafür können die Bieter am Telefon die Spannung für alle anderen erheblich steigern. Denn sie bleiben anonym. Am eigenen Leib erfahren haben das Museumsleiterin Barbara Reil und Kulturamtsleiter Alexander Warmbrunn, als sie vor vier Jahren ein Teeservice ersteigern wollten, das die Stadt Lindau vor fast 120 Jahren Prinzessin Marie von Bayern zur Hochzeit geschenkt hatte. Während die beiden im Auktionshaus zitterten, wurden sie am Telefon von einem anonymen Mäzen überboten. Kurz darauf stellte sich heraus, dass es sich bei dem ominösen Bieter um Werner Mang handelte, der das Teeservice der Stadt als Dauerleihgabe vermachte.
Zeller ist zuversichtlich, dass bei seiner nächsten Auktion alle Bieter schriftlich, übers Telefon oder das Online-Portal mitbieten können. Wer nicht zur Vorbesichtigung ins Auktionshaus kommen möchte und wem die Fotos auf Zellers Internetseite nicht ausreichen, der kann sich auch telefonisch melden. „Wir fotografieren die Sachen dann auch gern von allen Seiten“, sagt Zeller. „Das machen wir schon seit Tagen. Wir fotografieren von vorne, hinten, von unten oder von oben.“Trotzdem freut auch er sich auf die nächste Versteigerung, wenn ihm Bieter aus Fleisch und Blut gegenübersitzen. „Die Atmosphäre ist dann schon eine andere.“
Vorbesichtigungen sind ab sofort bis zum 5. April von 11 bis 17 Uhr möglich nach Anmeldung unter Telefon 08382 / 930 20. Weitere Informationen gibt es auf
www.zeller.de.