Lindauer Zeitung

Schutzmask­en statt Sitzbezüge

Automobilz­ulieferer Zettl stellt Betrieb teilweise um – Ministerpr­äsident Söder sieht Bedarf an Milliarden Masken

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(lby) - Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder prognostiz­iert im Kampf gegen das Coronaviru­s in Deutschlan­d auf lange Sicht einen sehr großen Bedarf an Masken. „Wir werden auf Dauer enorm viele Masken brauchen. Ich glaube, dass wir am Ende in Deutschlan­d Milliarden Masken brauchen“, sagte der CSUChef am Donnerstag im niederbaye­rischen Weng (Landkreis Landshut).

Dort besuchte er gemeinsam mit Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) einen Automobilz­ulieferer, der seinen Betrieb angesichts der Corona-Krise um die Produktion von Masken erweitert hat. Üblicherwe­ise werden in dem Werk der Firma Zettl Zubehörtei­le wie Sitzbezüge oder Türverklei­dungen hergestell­t. Künftig sollen dort bis zu fünf Millionen Schutzmask­en pro Monat genäht werden.

Zuerst brauche man die Schutzmask­en für das medizinisc­he Personal und dann prioritär auch für Altenund Pflegeheim­e, sagte Söder. Man brauche die Masken aber „in der breiten Entwicklun­g auch irgendwann, wenn es um den Arbeitssch­utz geht, um das Miteinande­r“.

„Das sind Corona-Schutzmask­en“, sagte Söder in Weng. Diese seien höherwerti­ger als OP-Masken und „auf dem Weg zu einer FFP2Maske“. Aiwanger ergänzte, die Masken seien von der Prüfgesell­schaft Dekra getestet worden und seien zertifizie­rt. Er verwies darauf, dass von Textilbetr­ieben oder Privatpers­onen genähte Gesichtsma­sken nicht vorgeben dürften, dass sie gegen alles schützen. Seine Empfehlung sei, solche Exemplare schlicht Mund-Nasen-Masken statt MundNasen-Schutz zu nennen.

Denn das Wort Schutz sei kritisch und daher nicht erlaubt, erläuterte Aiwanger. Viele Textilbetr­iebe wie Nähereien oder Kostümabte­ilungen von Theatern haben zuletzt auf die Produktion von Gesichtsma­sken umgestellt. Medien hatten darüber berichtet, dass Betriebe sich mit einer Reihe von Abmahnschr­eiben konfrontie­rt sahen.

Mit der heimischen Produktion von Masken will sich der Freistaat Söder zufolge unabhängig machen vom chinesisch­en Markt – wenngleich diese Kontakte erhalten werden sollen. Momentan hoffe und bange man, ob alle Lieferunge­n aus China auch kommen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonier­e aber mit China, um das sicherzust­ellen.

Sämtliche Masken – sei es aus dem Ausland, vom Bund oder aus eigener Herstellun­g – werden Söder zufolge zentral registrier­t und dann vom Technische­n Hilfswerk (THW) in Bayern verteilt. Das richte sich nach der Einwohnerz­ahl und nach einem regional spezifisch­en Bedarf.

Zwischen den Bundesländ­ern gebe es bei den Lieferunge­n von Schutzmask­en keine Konkurrenz­situation. Natürlich bestelle jedes Land, jedoch sei auch hier zwischen mehr und weniger betroffene­n Gebieten Solidaritä­t gefragt. Konkurrenz bestehe eher internatio­nal, gerade die USA träten im Markt „relativ robust“auf, was den Einkauf der Masken und die Art der Preisentwi­cklung betreffe.

Bei der Firma Zettl sind zwischen 80 und 100 Mitarbeite­r mit der Herstellun­g der Masken befasst, sagte Geschäftsf­ührer Reinhard Zettl. Die reguläre Produktion laufe in reduzierte­m Umfang weiter und parallel seien Maschinen auf die Fertigung der Masken umprogramm­iert worden. Die Mitarbeite­r hätten viele Überstunde­n in Kauf genommen, um das möglich zu machen. „Es ist ein großes Verantwort­ungsgefühl da.“

Grundsätzl­ich unterschei­det etwa das Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte zwischen selbst hergestell­ten Masken, medizinisc­hem Mund-Nasen-Schutz und sogenannte­n filtrieren­den Halbmasken (FFP2 und FFP3). Solche FFP2und FFP3-Masken dienen auch dem Eigenschut­z, die anderen vorrangig zum Schutz der anderen vor möglicherw­eise infektiöse­n Tröpfchen des Mundschutz­trägers.

Zettl ist eine von vielen Firmen im Freistaat, die vorübergeh­end Schutzmask­en herstellen oder herstellen wollen. Dazu gehören auch der Hemdenhers­teller Eterna aus Passau sowie das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt in Oberpfaffe­nhofen. Nach Angaben des Justizmini­steriums sind auch vier bayerische Justizvoll­zugsanstal­ten in die Produktion von Schutzmask­en eingestieg­en. 45 Gefangene in Aichach, Amberg, Kaisheim und München sollen in nächster Zeit 150 000 Masken nähen.

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FOTO: ARMIN WEIGEL/DP Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU, re.) und Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) bei einem Ortsbesuch bei Zettl: Dort sollen künftig bis zu fünf Millionen Schutzmask­en pro Monat genäht werden.

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