Englands Multimillionäre geizen
Die Premier-League-Stars wollen – bisher – nicht auf ihr volles Gehalt verzichten
(SID) - In seiner deutschen Heimat engagiert sich Ilkay Gündogan finanziell im Kampf gegen die Corona-Krise, und der Nationalspieler würde gerne auch in England mit gutem Beispiel vorangehen. „Für mich persönlich wäre es okay“, sagte der Profi des Meisters Manchester City über einen möglichen Gehaltsverzicht der Premier-League-Stars. Doch mit dieser Haltung steht er offenbar ziemlich alleine da. Ausgerechnet die millionenschweren Kicker und Trainer der reichsten Fußball-Liga der Welt geizen. Am Mittwoch scheiterten die Gespräche zwischen Premier League und den drei folgenden Ligen auf der einen und der Spieler- und Trainergewerkschaft auf der anderen Seite erneut. Die Diskussion solle bald weiterlaufen, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme.
Fahrt aufgenommen hat sie längst, der politische Druck auf die Profis wächst. Vor allem, seit Tottenham Hotspur und Norwich City dem Beispiel von Newcastle United gefolgt sind und für ihre einfachen Angestellten über das der Kurzarbeit ähnliche „furlough“-Programm öffentliche Gelder abschöpfen. „Da würgt es mich im Halse“, sagte Julian Knight der Times, „das legt die verrückten wirtschaftlichen Gegebenheiten im englischen Fußball und das moralische Vakuum in seiner Mitte offen.“Der Konservative sitzt dem Parlamentskomitee für Digitales, Kultur, Medien und Sport vor, seine Stimme hat Gewicht. Ebenso wie jene von Sadiq
Khan, dem Bürgermeister von London. „Hoch bezahlte Fußballer könnten die schwerste Last tragen“, sagte er der BBC. „Sie sollten die ersten sein, die das tun – und, bei allem Respekt, ihr Gehalt opfern. Nicht die Leute, die das Stadionheft verkaufen oder das Catering machen.“Doch genau die trifft es in Newcastle, Norwich und bei den Spurs.
Tottenham-Boss Daniel Levy appellierte bei der Verkündung der Maßnahme an die Stars und Trainer wie Jürgen Klopp. Er hoffe, schrieb er, dass die Gespräche mit der Liga „darin münden, dass die Spieler und Trainer ihren Teil beitragen“, also ebenfalls auf Geld verzichten. Das empfanden manche als Hohn: Levy war 2019 mit acht Millionen Euro der bestbezahlte Boss im englischen Fußball, die Spurs wiesen einen Gewinn vor Steuern von fast 200 Millionen aus. Clubbesitzer Joe Lewis ist fünf Milliarden Euro schwer, Newcastle-Eigner Mike Ashley immerhin 2,3.
Dem ein oder anderen schwant offenbar, dass es zu einfach ist, Spieler an den Pranger zu stellen, deren Karriere mit 35 vorbei ist. Vor allem das fast verzweifelte Bemühen, die Saison irgendwie zu Ende zu spielen um damit die horrenden TV-Gelder zu sichern, kommt manchen zynisch vor. Das US-Portal The Athletic zitierte einen anonymen Clubchef, der dies „beschämend“findet, ein anderer meinte: „Dass Leute an den Beatmungsmaschinen sterben und wir spielen dennoch Fußball, mich verwirrt das.“
Als erster Verein ging der AFC Bournemouth voran. Vorstandschef Neill Blake und Trainer Eddie Howe verzichten auf einen „signifikanten“Teil ihres Gehalts. Norwich folgte: Coach Daniel Farke, die Spieler und Bosse geben mehr als 220 000 Euro ab.
Gordon Taylor, Chef der 4000 Mitglieder starken Spielergewerkschaft PFA, gibt sich unnachgiebig. Die Debatte über Gehaltsverzicht sei „lächerlich“, solange die Clubs weiter sündteure Transfers planten, sagte er. Gündogan hielt im ZDF-Sportstudio entgegen, die Diskussion sei „natürlich“sinnvoll. Es sei aber auch „vollkommen in Ordnung, wenn Spieler sagen: Nein, ich möchte das nicht, ich habe dafür hart gearbeitet.“