Kleine Helden müssen tapfer sein
Pfarrer Eberhard Heuß von der Kirche St. Stephan über Zeichen der Wertschätzung in der Corona-Krise
Das hätten sie sich nicht träumen lassen, die Krankenschwestern und Ärzte, die Altenpflegerinnen und Lkw-Fahrer, die Kassiererinnen und Busfahrer. Das hätten sie sich nie träumen lassen, dass sie stehenden Applaus im Bundestag erhalten. Dass für ihre Tätigkeit Glocken geläutet und sie mit Schokolade, Blumen und Torten beschenkt werden. Eine Welle der Freundlichkeiten rollt in den Zeiten der Corona-Krise durch Krankenhäuser, Pflegeheime und Supermärkte. Die „Helden des Alltags“werden inzwischen überall gelobt und gefeiert.
Diese plötzliche Wertschätzung muss diesen Helden wie ein Märchen vorkommen. Eben noch waren sie die Aschenputtel unserer Gesellschaft. Bemitleidet und oft überlastet, mit Nachtschichten und Wochenenddiensten und am Ende oft sehr schlecht entlohnt. Die Wertschätzung in der Gesellschaft war für manche dieser Berufe nicht sehr groß.
Die Corona-Krise macht deutlich, wo die wahren systemrelevanten Bereiche unseres Lebens liegen. Nicht dort, wo die Gehälter und Boni riesig sind, sondern da, wo die kleinen Heldinnen und Helden tapfer ihren Dienst tun. Eben im Krankenhaus und Supermarkt. Corona macht aus kleinen plötzlich große Helden.
Die neue Wertschätzung nehmen viele dankbar an, aber manche auch mit einer gewissen Unsicherheit. Wie lange hält sich dieses Lob nach dem Ende von Corona? Bleibt es nur ein kurzer Traum, der rasch wieder verflogen ist? So wird nun am Steuer der Lastwagen oder auf den Pflegestationen gefragt.
In den Märchen erhalten die Helden am Ende immer eine große Belohnung,
so wie bei Aschenputtel. Der Prinz führt sie am Ende als seine Braut zum Altar. Oder wie beim
Mädchen, das Brot und Kleidung verschenkt und dem am Ende goldene Sterntaler in den Schoß fallen.
Manchen der Helden des Alltags würden solche Taler sehr gut tun. Denn vom Applaus oder von Geschenken allein füllt sich kein Kühlschrank und wird keine Miete bezahlt. Es ist höchste Zeit, dass die Wertschätzung und das Lob für die kleinen Heldinnen und Helden sich auch im Gehalt spürbar und nicht leichtfertig vergessen werden.
Jesus hatte die Kleinen seiner Zeit immer im Blick. Oft kehrte er bei ihnen ein. Oder er heilte einen Kranken und öffnete diesem neue Lebenschance. Jesus steht auch heute noch an der Seite der Helden des Alltags. Besonders ihnen gilt sein Versprechen aus dem Taufauftrag (Mt. 28): „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende!“