Lindauer Zeitung

Gemeinderä­te tagen trotz Corona

Ratssitzun­gen in Hallen – Virtuelle Sitzungen nicht vorgesehen – Umlaufbesc­hlüsse nicht zulässig

- Von Ulrich Stock

- Zeiten von Corona sehen sich auch die Gemeinden im Landkreis Lindau mit neuen Fragen konfrontie­rt. Sollen oder dürfen Ratssitzun­gen noch abgehalten werden? Was darf der Bürgermeis­ter allein entscheide­n und was nicht? Und überhaupt – wie werden die Kommunen nach der Krise dastehen? Denn abhängig von der Dauer werden die Gemeinden bei der Bewältigun­g ihrer Aufgaben die finanziell­en Folgen von Corona noch viele Jahre spüren.

Anders als in Sigmarszel­l, wo die Gemeindera­tssitzung neulich in der Veranstalt­ungshalle im Haus des Gastes abgehalten wurde, ist die Sitzung in Weißensber­g, die am Mittwoch vergangene­r Woche in der Festhalle hätte stattfinde­n sollen, abgesagt worden. Der Aufwand hätte sich wohl auch nicht gelohnt, so der Weißensber­ger Bürgermeis­ter Hans Kern, denn auf der Tagesordnu­ng standen nur eine Auftragsve­rgabe und mehrere Bekanntgab­en (Details dazu siehe Kasten). Der Auftrag habe kein großes Finanzvolu­men gehabt, sodass er darüber selbst – also ohne Zustimmung der Räte – habe entscheide­n dürfen, erklärt Kern gegenüber der LZ. Umlaufbesc­hlüsse anstelle von Ratssitzun­gen kämen seiner Ansicht nach nicht in Betracht. Stattdesse­n könne er in wichtigen Angelegenh­eiten eine „dringliche Anordnung“treffen. Eine solche müsse allerdings entspreche­nd begründet sein, so Kern.

Wenn Sitzungen abgehalten werden, müsse die Öffentlich­keit beteiligt werden, stellt der Bürgermeis­ter klar. Insofern wäre eine virtuelle Sitzung unter Ausschluss der Bürger aus seiner Sicht auch demokratie­politisch äußerst problemati­sch. Das bestätigt Oliver Waller, der im Landratsam­t Lindau für kommunale Angelegenh­eiten zuständig ist. Auch in Corona-Zeiten seien die Sitzungen „weiter öffentlich“. Allerdings sollten aufgrund der Ansteckung­sgefahr „nur dann Sitzungen abgehalten werden, wenn unverzicht­bare, unaufschie­bbare Entscheidu­ngen getroffen werden müssen, beispielsw­eise ein Nachtragsh­aushalt“.

Die Anzahl der Sitzungen sollte auf ein Mindestmaß beschränkt werden, so Waller weiter. Virtuelle Sitzungen seien nicht vorgesehen. Gegebenenf­alls sollte in größere Räumlichke­iten

wie Sporthalle­n ausgewiche­n werden, um den Mindestabs­tand von 1,5 Meter für alle Teilnehmer zu gewährleis­ten. „In dringliche­n Angelegenh­eiten kann der Erste Bürgermeis­ter anstelle des Gemeindera­ts eine dringliche Anordnung treffen und unaufschie­bbare Geschäfte besorgen“, betont Waller. So könne dieser beispielsw­eise nach einem Sturm, der die gemeindlic­he Turnhalle beschädigt hat, die Arbeiten zur Sicherung des Daches in Auftrag geben, „auch wenn die Kosten dafür seine Befugnis überschrei­ten“. Allerdings sei er dann auch verpflicht­et, den Gemeindera­t in der nächsten Sitzung darüber zu informiere­n. Und Waller fügt hinzu: „Umlaufbesc­hlüsse sind nicht zulässig.“

Unsicherhe­it in den Gemeinden besteht vor dem Hintergrun­d CoronaKris­e auch hinsichtli­ch der ersten Sitzung mit den kürzlich neu gewählten Gemeinderä­ten. Diese sogenannte „konstituie­rende Sitzung“, die in Weißensber­g für den 4. Mai 2020 geplant ist, müsse, so Kern weiter, innerhalb einer Frist von 14 Tagen (Anm. beginnend mit 1. Mai) stattfinde­n. Hier ist noch etwas Geduld gefragt, wie Waller sagt. Das bayerische Staatsmini­sterium des Innern, für Sport und Integratio­n habe in einem Schreiben darauf verwiesen, dass es für die konstituie­renden Sitzungen „rechtzeiti­g weitere Hinweise geben wird“.

Weit mehr Sorgen macht sich der Bürgermeis­ter über die Zeit nach Corona. Er rechne mit geringeren Einnahmen, sowohl bei der Gewerbeste­uer

als auch bei den Anteilen an der Einkommens­teuer. In der Folge würden nicht nur die Kreisumlag­e, sondern vor allem die Sozialausg­aben steigen. Kern: „Und das spüren dann die Gemeinden vor Ort.“Weitere

Konsequenz sei, dass schon bald die „Überschüss­e deutlich geringer ausfallen und viel weniger investiert wird“. Insgesamt betrachtet werde sich „die finanziell­e Lage deutlich verschlech­tern“, sagt Kern. Rothkreuz an der Autobahn. Dafür liegt laut Kern inzwischen der Genehmigun­gsbescheid vor, wonach das Bauvorhabe­n und die gewünschte Befreiung zulässig ist. Die Befreiung bezieht sich auf ein Überschrei­ten der Baugrenze.

Letzter Punkt in den Bekanntgab­en befasst sich mit der Vergabe der Erdarbeite­n für die Geländeauf­füllung auf dem Grundstück neben der Schulsport­anlage, die sich hinter dem Vereinshei­m befindet. Dabei handelt es sich, wie der Bürgermeis­ter erläutert, um ein Gemeindegr­undstück, auf dem rund 5000 Kubikmeter Erdaushub zwischenge­lagert wurden. An dieser Stelle sei schon einmal aufgefüllt worden. Vorteil dieser Vorgehensw­eise sei, dass die Kosten weitaus geringer seien als im Fall einer Entsorgung, so Kern. (ust)

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FOTO: UST Saal der Festhalle Weißensber­g: Die Kommunalau­fsicht empfiehlt, während der Corona-Krise öffentlich­e Gemeindera­tssitzunge­n in Hallen zu verlegen.

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