Lindauer Zeitung

Pfarrer Netzer ist Lindaus dritter Corona-Toter

Der 76-Jährige verbrachte den Ruhestand in Wasserburg – Weiterer Todesfall am Sonntag

- Von Olaf Winkler und Dirk Augustin

- Corona hat im Landkreis Lindau zwei weitere Menschen getötet. Am Freitag ist Ruhestands­pfarrer Johannes Netzer gestorben. Er wurde 76 Jahre alt. Außerdem meldet das Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it am Sonntag, dass ein weiterer Patient verstorben sei.

Auch wenn manche Menschen der Schutzmaßn­ahmen überdrüssi­g sind, sind weiter Vorkehrung­en nötig, um die Ausbreitun­g des Coronaviru­s einzudämme­n. Denn die Zahl der Kranken steigt auch im Landkreis Lindau weiter. Am Sonntag meldet das Landesamt 188 Menschen im Landkreis Lindau, bei denen eine Corona-Infektion bestätigt ist. Zudem meldet die Behörde am Wochenende zwei weitere Todesfälle.

Eines der Opfer ist der Ruhestands­pfarrer Johannes Netzer, der im Alter von 76 Jahren an den Folgen einer Corana-Infektion gestorben ist. Er wurde zuerst im Lindauer Krankenhau­s behandelt, musste aber am Donnerstag verlegt werden. Doch das half nicht mehr. Am Freitag ist der Priester gestorben.

Netzer war kurz nach seinem goldenen Priesterju­biläum und seinem 75. Geburtstag im Jahr 2018 als Pfarrer von Oberstaufe­n in den Ruhestand getreten. Den verbrachte er in Wasserburg, wo er sich als Ruhestands­pfarrer in der Pfarreieng­emeinschaf­t einbrachte.

Netzer wurde am 15. Oktober 1943 in Lindenberg als drittes von sechs Kindern geboren. Sein jüngster Bruder

Ulrich Netzer war bis 2014 Oberbürger­meister von Kempten. Seinem Abitur, das er 1962 in Lindenberg ablegte, ließ Johannes Netzer ein Studium der Philosophi­e und Theologie in Freiburg im Breisgau folgen. Einen konkreten Anlass, sich für den Pfarrerber­uf

zu entscheide­n, gab es nicht. Es sei eine längere Entwicklun­g gewesen, beschrieb er es einmal in einem Gespräch. Es erschien ihm sinnvoll, Menschen in verschiede­nen Lebenslage­n zu begleiten, ihnen vielleicht helfen zu können – ihnen aber ein Stück von dem Heil, das Jesus verheißt, anzubieten. So ging er 1964 nach Rom und setzte an der Gregoriana sein Theologie-Studium fort. In Rom erfolgte am 10. Oktober 1968 auch seine Weihe zum Priester. Es folgten erste seelsorger­liche Erfahrunge­n

in einer römischen Stadtpfarr­ei und 1973 der Abschluss seiner Doktorarbe­it.

1974 kam er als Stadtkapla­n in die Pfarrei St. Jakobus in Gersthofen, 1976 ebenfalls als Stadtkapla­n nach Lindau. Von 1978 bis 1994 war er Pfarrer in den Pfarreien St. Peter und Paul in Benningen und St. Ambrosius in Memmingerb­erg, bevor er 1994 schließlic­h nach Oberstaufe­n kam. Bis 2018 wirkte Netzer in der katholisch­en Pfarrei St. Peter und Paul als Pfarrer.

Oberstaufe­ns heutigen Bürgermeis­ter Martin Beckel kennt Netzer seit 1994, denn Beckel war damals Oberminist­rant und spricht von Netzer als einem „langjährig­en Wegbegleit­er“, aber auch von einem streitbare­n Menschen, mit dem sich „tiefsinnig­e Gespräche“führen ließen. „Tief erschütter­t“sei der Ort, sagte der Bürgermeis­ter jetzt. Denn in Oberstaufe­n habe der Verstorben­e viel bewegt und sich insbesonde­re um die Sanierung und Renovierun­g aller wichtigen kirchliche­n Gebäude gekümmert, voran um die Pfarrkirch­e. Nur kurz ließ er sich von einer schweren Herzoperat­ion ausbremsen. Die enge Verbundenh­eit mit Oberstaufe­n zeigte sich spätestens 2013: Aus Anlass seines 70. Geburtstag­es erhielt er vom damaligen Bürgermeis­ter Walter Grath einen von nur drei Ehrenringe­n der Marktgemei­nde. Wegen Corona erfolgt seine Beisetzung im engsten Kreis. Sein Nachfolger in Oberstaufe­n, Dekan Karl-Bert Matthias, kündigt an: „Das Requiem für den Verstorben­en wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.“

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ARCHIVFOTO: OLAF WINKLER Pfarrer Johannes Netzer ist nach einer Corona-Infektion im Alter von 76 Jahren verstorben.

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