Corona: Seit Samstag Aufnahmestopp für Pflegeheime
Pflegebedürftige dürfen nur dann noch einziehen, wenn es Möglichkeit für zwei Wochen Quarantäne gibt
- Noch sind es nur schockierende Nachrichten aus der Ferne: In etlichen deutschen Pflegeheimen ist Corona ausgebrochen. Die Heimleiter in Lindau und Wasserburg sind äußerst froh, dass ihre Häuser bisher davon verschont geblieben sind. Doch was tun, wenn Bewohner aus anderen Gründen sterben und dann Zimmer leer stehen? Bis Freitagmittag galt äußerste Vorsicht. Seit Samstag ist klar: Neu einziehen dürfen Pflegebedürftige nur noch in Ausnahmefällen. Denn der Freistaat hat einen Aufnahmestopp für Pflegeheime verhängt.
Es ist ein Dilemma. Einerseits müssen Heime möglichst voll belegt sein, weil sie zum einen wirtschaftlich arbeiten sollen, aber auch vielfach lange Wartelisten haben. Andererseits überall gilt mit Blick auf die Corona-Pandemie höchste Alarmstufe. Für die Heimleiter in Lindau und Wasserburg ist das bis Freitag ein Nerven raubender Balanceakt gewesen.
Klaus Höhne ist gleich für zwei Pflegeheime in Lindau zuständig: das evangelische Hospital auf der Insel und das städtische Altersheim in Reutin. Er hat in den vergangenen Tagen einige Anfragen für einen Umzug ins Heim erhalten. Dabei schreckt das bis auf Weiteres für bayerische Heime geltende Besuchsverbot die alten Menschen offensichtlich nicht ab. Zum Teil betreffe das Senioren, die derzeit im Krankenhaus behandelt werden und dort die Betten räumen sollen. Höhne hielt sich aber zurück, berichtet, dass von den 112 Betten im Hospital momentan nur knapp hundert belegt sind.
Auch im Allgäu-Stift am Holdereggenpark gibt es freie Zimmer. „Wir behalten die jetzt aber als Notfallreserve“, sagt Heimleiterin Martina Piosik im Gespräch mit der LZ. Denn in ihrem Haus gebe es auch voll belegte Doppelzimmer. Wenn da einer der Bewohner erkranke, könnten ihre Mitarbeiter diesen dann verlegen. Immer neue Vorgaben aus München sorgten für viel Verwaltungs- und Organisationsaufwand, stellt Piosik fest und beschreibt die Stimmung in ihrem Haus als „bedrückt“. Dazu trage allerdings auch das Besuchsverbot
bei: „Die Angehörigen werden schon sehr vermisst.“Zumal nicht jeder Bewohner ein Telefon habe oder noch selbst telefonieren könne. Der am Freitag noch nicht als verbindliche Allgemeinverfügung vorliegende, aber von Ministerpräsident Markus Söder vergangene Wochen dringend empfohlene Aufnahmestopp für Pflegeheime bereitete auch Diakonie-Leiterin Anke Franke Sorgen. Zehn Tage zuvor habe es noch einen Umzug ins Maria-Martha-Stift gegeben: „Ein älterer Mann, der allerdings ohnehin die letzte Zeit allein zu Hause gelebt hat“, nur versorgt von Pflegedienst und Hausarzt. Von letzterem habe sie dann auch ein Attest erhalten, dass der neue Bewohner kein Covid-19 habe. Eine mögliche Rückverlegung von Bewohnern aus Kliniken betrachtet Franke im Gespräch mit der LZ am Freitag als besonders schwierig – seit dem von München am Samstag beschlossenen Aufnahmestopp nun auch nur noch möglich, wenn ein Heim den Platz und ausreichend Schutzkleidung hat, einen solchen Senioren zwei Wochen lang isoliert in Quarantäne zu versorgen. „Bei Demenzkranken geht das gar nicht“, gibt Franke zu bedenken.
Im Maria-Martha-Stift muss sie zudem mit einem anderen Problem kämpfen: Dort leben auch etliche sogenannte Rüstige. Senioren, die zwar Einschränkungen haben, aber durchaus fit genug sind, um das Haus selbständig zu verlassen und einen Inselbummel zu unternehmen. Das Personal rede zwar ständig auf diese Bewohner ein, empfehle ihnen statt des gewohnten Spaziergangs einen Aufenthalt im eingezäunten Garten. „Aber wir können diese Menschen ja nicht einschließen.“Immerhin habe man jetzt den Rüstigen-Bereich vom Pflegebereich räumlich abgetrennt, sagt die Diakoniechefin.
Freie Betten gibt es auch im Wasserburger Seniorenheim Hege. In den vergangenen Wochen sind einige Bewohner verstorben. Und Hege ist bekanntlich das Pflegeheim mit der längsten Warteliste im Landkreis. Das ist für Heimleiter Christoph Brinz ein schwieriger Balanceakt. An einen Zuzug vor drei Wochen erinnert er sich besonders: „Die Frau ist am Donnerstag eingezogen – ab Freitagmittag herrschte dann Besuchsverbot.“Das sei für die neue Bewohnerin ein Schock gewesen, berichtet Brinz. Wer danach einziehen wolle, dem sei das immerhin schon bewusst gewesen. Brinz wollte neue Bewohner nur mit ärztlichem Attest aufnehmen – jetzt mit dem Aufnahmestopp hat sich das vorerst erübrigt.