Lindauer sorgt sich um Eltern in Spanien
Kontakt nur per Handy - Wie Francisco Eslava Medina diese Belastung erlebt
- Zwei Flugstunden trennen Francisco Eslava Medina von seinen Eltern in Valencia. Was in der globalisierten Welt ein Katzensprung ist, wird in Corona-Zeiten zu einem unüberwindbaren Hindernis. Und zu einer großen Belastung: denn der 35-jährige Lindauer hat Angst um seine kranken Eltern.
Eigentlich wollten er und seine Frau in den Osterferien nach Spanien fliegen. Seine Eltern wiedersehen, mit der ganzen Familie eine Kommunion feiern, gemeinsam essen, trinken und lachen. „Ich habe mich schon gefreut“, sagt er. Jetzt, nachdem das Coronavirus in Spanien wütet, ist nicht an Feiern zu denken. „Solange wir gesund bleiben, sind wir zufrieden“, sagt der Ingenieur, der seit zehn Jahren in Deutschland lebt.
Bislang starben 11 744 Menschen in Spanien am Coronavirus. Was die Zahl der Infizierten betrifft, ist Spanien mit Italien das weltweit am stärksten von der Pandemie betroffene Land. Auch Valencia, wo seine Eltern leben, sei „relativ stark betroffen“, sagt Eslava Medina. In einem Altenheim, das ganz in der Nähe der Wohnung seiner Eltern liegt, seien schon einige Menschen gestorben, erzählt der Lindauer.
Francisco Eslava Medina hat Angst um seine Eltern. Seine Mutter ist über 60 Jahre alt und gehört als Asthmatikerin zur Risikogruppe. Sie arbeitet mit geistig behinderten Menschen, wo Nähe und Körperkontakt wichtig und kaum zu vermeiden seien. Bereits vor zwei Wochen drängte Eslava Medina sie daher, sich befreien zu lassen. Seine Mutter davon zu überzeugen, war harte Arbeit. Inzwischen hat sie eine Sondergenehmigung, dass sie zu Hause bleiben darf. „Das war für mich eine Erleichterung.“
Doch die hielt nicht lange an. Als seine Mutter sagte, „Ich muss Dir was erzählen...“, wusste der Sohn gleich, dass nichts Gutes folgen wird: Seine Mutter hat Fieber und andere typische Symptome. Auch der Vater bekommt Fieber. Für den Sohn in Lindau folgen „schwierige Tage und Nächte“: „Wenn man sieht, dass die Mutter krank ist, kann man nicht gut schlafen.“
Aus der Ferne keine anderen Handlungsmöglichkeiten zu haben außer zu telefonieren oder zu schreiben, sei „sehr frustrierend“. Wenn er vor Ort gewesen wäre, hätte er die Krankschreibung seiner Mama forciert. Das habe alles zu lange gedauert, ist sich der Lindauer sicher. „Das kann auch Leben und Tod bedeuten.“
Jetzt muss WhatsApp den direkten Kontakt ersetzen. Doch da der Sohn weiß, dass seine Eltern ihn schützen wollen und daher die Situation
eher beschönigen, reichen ihm Sprachnachrichten nicht. „Wenn sie mir ein kurzes Video schicken, dann kann ich mir ein Bild machen“, sagt er. Warum er auf den Videobeweis besteht? „Ein Spanier sagt nie, mir geht es schlecht. Solange sie leben, geht es ihnen gut“, sagt Francisco Eslava Medina. „Etwas Kontrolle“sei daher wichtig. Der 35-Jährige ruft täglich bei seinen Eltern an oder schreibt ihnen. Wenn keine Antwort kommt, hakt er nach – bis zu dreimal am Tag. In den letzten Tagen hat sich der Zustand der Eltern verbessert und er kann etwas durchschnaufen. Jetzt, wo sie fast symptomfrei sind, wurden sie auch endlich getestet. Das Ergebnis stehe allerdings noch aus.
Bevor seine Mutter erkrankte, habe seine Familie die Corona-Krise
„entspannt“genommen. So schön die spanische Gelassenheit bisweilen auch sei, im Krisenfall könne sie auch „nerven“. „Die spanische Kultur ist nicht präventiv, sondern reaktiv.“Dafür hat Francisco Eslava Medina, der sich als „spanischdeutschen Hybriden“bezeichnet, inzwischen nur noch bedingt Verständnis.
Um sich selber macht sich der Ingenieur keine Sorgen. Seine Frau und er gehören nicht zur Risikogruppe und sind beide in Lindau im Homeoffice. Durch die hereinstürmende Informationsflut will er sich nicht verrückt machen lassen. Er schaue nur einmal am Tag die Nachrichten an und versuche, sich ansonsten „auf meine Familie zu konzentrieren“.
Bisher ist alles gut gegangen. Für seine Familie, aber auch für seine spanischen Freunde, von denen einige „sehr krank“waren. „Sie sind gut aus der Nummer rausgekommen“, sagt er erleichtert. Dieses Glück wünscht er auch seiner Tante, die in einem Krankenhaus arbeitet. Obwohl auch sie Asthmatikerin ist, muss sie die Stellung halten. Sie bekommt eine Maske, das muss reichen in diesen Zeiten. „Sie wird gebraucht.“
Francisco Eslava Medina weiß nicht, wann er seine Familie und Freunde in Spanien wiedersehen wird. „Das ist ein komisches Gefühl“, sagt er. Er wird sich sicher noch einige Zeit mit Telefon und WhatsApp begnügen müssen. Aber vielleicht kann ja im Herbst die Kommunion in Spanien nachgeholt werden – und das Handy endlich in der Tasche bleiben.