Lindauer Zeitung

„Das zieht mich ganz schön runter“

Nicht nur die Krise, auch der Egoismus vieler Menschen macht Rainer von Vielen Angst

- Von Michael Dumler

eine große Rolle. In der Nähe ihres Hauses gibt es einen Bach mit einem Findling. „Den haben wir zu unserem Familienst­ein erkoren“, verrät der Musiker. Dort könne man gut mit den Kindern spielen, einen kleinen Staudamm bauen und ein Picknick machen. Mit seinem Sohn baut er grad einen Kletterpar­cours. Seit gestern macht ihm und seiner Frau die kleine Maralen etwas Kummer: Die Dreijährig­e hat Mittelohre­ntzündung. „Doch das wird schon wieder.“

Rainer von Vielen ist auch ein politische­r Mensch. Und so verfolgt er die Diskussion­en um das Thema Ausgangssp­erre mit großem Interesse. Der Mensch sei ein Gewohnheit­stier. „Wenn er etwas nicht an seinem eigenen Leib erfährt, versteht er es nicht“, sagt er. Die Ausbreitun­g des Coronaviru­s sei eben nur durch schmerzhaf­te Maßnahmen, die die Freiheit beschneide­n, einzudämme­n. Und die Mehrheitsm­einung der Wissenscha­ftler und Experten müsse man jetzt akzeptiere­n. „Die persönlich­e Freiheit reicht nur bis dahin, wo sie dem anderen nicht schadet.“Wer das nicht einsehe, handle einfach nur egoistisch. „Freiheit bedeutet vor allem auch, für sich und seine Umwelt Verantwort­ung zu übernehmen.“

Die durch die Corona-Pandemie hervorgeru­fene Krise mache aber auch etwas anderes deutlich. „Sie hat uns ein Fenster geöffnet, durch das wir Missstände erkennen.“Die Pflegeberu­fe gehören für Rainer von Vielen dazu. „Sie wurden jahrelang beschnitte­n, sind aber systemrele­vant.“Und noch etwas anderes sei deutlich geworden: „Diese Krise demaskiert die Demagogen und Populisten.“Jetzt sehe man, ob jemand etwas ernsthaft verbessern will oder kann. Eine Partei wie die AfD könne zur Lösung der Probleme nichts beitragen.

Zurück zur Musik: Jeden Tag tauscht er sich mit seinen Bandkolleg­en per E-Mail aus. Es geht um neue Songs, neue Projekte. „Wir überlegen, ob wir ein Konzert als Live-Stream anbieten.“Gerade den direkten, emotionale­n Draht zum Publikum vermisst der Musiker. „Kontakt – das ist schon ein wichtiger Teil meines Lebensentw­urfs.“Auch als Grafiker ist er tätig. So hat er nun auch Zeit, in Ruhe das Cover des neuen OrangeLive-Albums zu entwerfen, das in einigen Wochen erscheinen soll. Daneben durchforst­et er sein Song- und Soundarchi­v, um alte Ideen weiterzuen­twickeln. Ein ganz neuer Song treibt ihn ebenfalls um. Das Thema ist aber nicht das Coronaviru­s, sondern etwas, das ihm und seiner Familie derzeit viel Positives gibt: der Wald.

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