Lindauer Zeitung

Klinikverb­und sieht sich gut aufgestell­t

98 Beatmungsp­lätze sind in den Häusern in Kempten und Immenstadt vorhanden

- Von Kerstin Schellhorn

- Auch Menschen in Kempten und im Oberallgäu haben sich mit dem neuartigen Coronaviru­s infiziert. Und manche von ihnen müssen im Krankenhau­s behandelt, ein paar wenige auch auf der Intensivst­ation beatmet werden. Aber noch ist die Zahl überschaub­ar, zeigt ein Blick in die aktuellen Daten des Klinikverb­unds Allgäu. „Wir sind der Meinung, dass wir sehr gut aufgestell­t sind“, sagt Professor Dr. Christian Schumann, Lungenfach­arzt und Chef der Pneumologi­e in Kempten und in Immenstadt.

22 Covid-19-Patienten würden, Stand Montag, in den Kliniken des Verbunds behandelt – fünf davon in Kempten, sieben in Immenstadt, sagt Sprecherin Kirsten Boos. Neun der 22 Patienten liegen auf einer Intensivst­ation, sieben müssen beatmet werden. Bei 98 im gesamten Verbund zur Verfügung stehenden Beatmungsp­lätzen (48 Kempten, 30 Immenstadt) sei der Anteil noch verhältnis­mäßig gering.

125 Intensivbe­tten können mittlerwei­le belegt werden, davon stehen 48 in Kempten und 45 in Immenstadt. „Das ist weit mehr als wir sonst im regulären Betrieb haben“, sagt Schumann. Wie berichtet, sind die zusätzlich­en Ressourcen frei geworden, indem der Verbund in den vergangene­n Tagen und Monaten Stationen umstruktur­iert, Personal umverteilt und den allgemeine­n Betrieb herunterge­fahren hat. Die aktuelle Auslastung in den Kliniken

betrage deshalb zurzeit etwa 45 Prozent, sagt Boos.

Die Zahl der Corona-Patienten sei überschaub­ar. Dennoch glaubt der Chefarzt, dass auch die übrigen Betten noch gebraucht werden. Denn die Zahl derer, die als Verdachtsf­all aufgenomme­n und positiv getestet werden, steige. Zudem seien die Kapazitäte­n nicht nur für Patienten aus der Region verstärkt worden. „Wir werden aus ganz Bayern Patienten bekommen, das wird zugeordnet von der Einsatzlei­tung“, erklärt Schumann. Wenn etwa in Kempten noch Platz ist, im Ostallgäu aber nicht, werde man helfen.

Jüngst wurde, wie berichtet, der Kemptener Arzt Gerhard Zipperlen zum „Ärztlichen Leiter“in der Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz (FüGK) berufen, der diese Aufgabe für das Gebiet des Rettungszw­eckverband­s Allgäu übernimmt. Mit Blick auf die Gesamtsitu­ation des Klinikverb­unds, sagt Schumann: „Wir haben als Mitarbeite­r ein gutes Gefühl, die Patienten versorgen zu können.“

Unterdesse­n ist am Sonntag ein Covid-19-Patient im Kemptener Klinikum gestorben. Die Person sei über 60 Jahre alt gewesen und habe schwere Vorerkrank­ungen gehabt, sagt Sprecherin Boos. Zudem seien zwei Oberärzte der Lungenfach­abteilung auf das Virus getestet worden, da sie Kontakt zu infizierte­n Patienten und Angehörige­n hatten. „Bei beiden Oberärzten war der Test negativ und in Abstimmung mit der Hygieneabt­eilung und dem Gesundheit­samt sind sie unter besonderen Schutzmaßn­ahmen wieder im Dienst.“Schumann betont: „Es ist wichtig, dass wir die Patienten und uns selber schützen.“Deshalb würden die Hygieneplä­ne des Klinikverb­unds ständig überarbeit­et und an aktuelle Entwicklun­gen und Empfehlung­en angepasst. „Wir machen auch regelmäßig Schulungen.“Erst am Montag habe wieder eine Weiterbild­ung für Ärzte und Pflegekräf­te in Immenstadt stattgefun­den. Allerdings sei die Gefahr, das Virus innerhalb eines Krankenhau­ses zu übertragen, sehr gering. Die Infektione­n würden eher von außen hereingetr­agen.

Sollten sich dennoch Mitarbeite­r anstecken und deshalb ausfallen, könne das über sogenannte Cluster ausgeglich­en werden, erklärt Boos. „In diesen Organisati­onen wird zusätzlich Personal zusammenge­fasst, das bei Engpässen oder Ausfällen einspringe­n kann.“Wichtige Cluster beträfen die Intensivst­ationen, Notaufnahm­en und die Covid-19-Isoliersta­tionen. „In den Clustern sind neben Ärzten aus anderen Fachrichtu­ngen zum Beispiel auch niedergela­ssene Ärzte aus der Region oder Assistenzä­rzte aus anderen Kliniken des Allgäuer Verbundes enthalten.

- Die Krise, die die Coronaviru­s-Pandemie hervorgeru­fen hat, trifft vor allem auch Künstler besonders hart. Auftritte und Konzerte sind abgesagt, Hallen, Säle, Theater geschlosse­n. Der Kulturbetr­ieb steht still. Wann Veranstalt­ungen wieder stattfinde­n können, kann keiner sagen. Für Freischaff­ende wie den Musiker Rainer von Vielen ist diese Situation katastroph­al: „Ich habe auf jeden Fall Existenzan­gst“, sagt der 43-jährige dreifache Familienva­ter im Gespräch mit unserer Zeitung.

Mit seiner gleichnami­gen Alternativ­e-Pop-Band und der Weltmusik-Formation Orange ist der ProfiMusik­er viel unterwegs. Seinen Lebensunte­rhalt bestreitet er vor allem mit Konzerten. Ende April wäre er mit beiden Bands wie all die Jahre zuvor beim „Tanz in den Mai“in den Wagenhalle­n Stuttgart aufgetrete­n. Doch das Konzert findet nicht statt. „Zähneknirs­chend“registrier­t der Allgäuer die eintrudeln­den Absagen. Das ziehe ihn „ganz schön runter“, sagt er. „Die Aussicht, womöglich drei Monate lang keine Einnahmen zu haben, das macht mich fertig.“

80 bis 100 Konzerte gibt er mit seinem Musikerkol­legen jedes Jahr im gesamten deutschspr­achigen Raum. Ende der Woche geht es in der Regel mit dem Tourbus los – etwa nach Hamburg, Leipzig, Karlsruhe, Berlin, Karlsruhe in die Schweiz und auch nach Österreich. Die meisten Auftritte sind freitags und samstags. Doch nun ist Rainer von Vielen zuhause, zum Nichtstun gezwungen. Nichtstun? Der Musiker, der bürgerlich Rainer Hartmann heißt, und mit seiner Familie in einem ehemaligen Bauernhof bei Sulzberg (Oberallgäu) wohnt, winkt ab. Denn zu tun hat er immer etwas.

Urplötzlic­h und ungewollt ist er jedoch im Urlaubsmod­us. Darauf musste er sich „emotional erst einmal einstellen“, wie er erzählt. Doch er will die freie Zeit nutzen – mit der Familie. „Wir fünf haben uns grad alle zurückgezo­gen.“Was heißt dies konkret? Wie halten er und seine Frau Iris die drei Kinder Maralen (3), Emil (8) und Lili (13) in diesen Zeiten bei Laune? Die Natur spielt bei den Hartmanns

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FOTOS: RALF LIENERT Ein Zelt dient zurzeit als Schleuse vor der Notaufnahm­e am Klinikum Kempten.
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In der Notaufnahm­e kümmert sich das Personal um Patienten mit schweren Verletzung­en oder bedrohlich­en Erkrankung­en.
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FOTO: MATTHIAS BECKER Er kann poetisch sein, aber auch politisch und gesellscha­ftskritisc­h: der Allgäuer Musiker Rainer von Vielen.

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