Herkunft unbekannt
Kliniken und Einrichtungen erhalten Angebote für Schutzausrüstung – auch unseriöse
- Wegen der Corona-Krise benötigen Kliniken und soziale Einrichtungen viel Schutzausrüstung wie Masken und Kittel. Lieferengpässe locken auch zwielichtige Anbieter auf den Markt. Die Einkäufer in Allgäuer Kliniken oder beispielsweise bei der Lebenshilfe bekommen nicht nur seriöse Angebote.
Jochen Duss ist kaufmännischer Leiter des Klinikverbunds Allgäu. Täglich sichtet er Angebote. „Seit etwa zwei Wochen treten viele Verkäufer an die Kliniken heran und bieten Schutzausrüstung an“, sagt Duss. Doch diese Angebote müssten genau geprüft werden. Denn die Kliniken können nicht jede Atemschutzmaske einsetzen. Sie muss bestimmten Kriterien entsprechen. „Dabei geht es um DIN und ISOZertifizierungen und beispielsweise die CE-Kennzeichnung“, erläutert der kaufmännische Leiter. Die Bezeichnung CE bestätigt, dass die Ware den geltenden europäischen Richtlinien entspricht.
Er erinnert sich an ein Angebot aus China, in dem das Zertifikat ausschließlich in chinesischer Sprache beigelegt war: „Davon lassen wir natürlich die Finger, weil wir es so schnell nicht beurteilen können“, sagt Duss. Außerdem gebe es viele Anbieter, die persönliche Schutzausrüstung nur bei Vorauskasse liefern wollen. „Für uns ist das direkt ein K.o.-Kriterium, so etwas machen wir nicht.“
Im Klinikverbund, zu dem die Häuser in Kempten, Immenstadt, Sonthofen, Ottobeuren, Oberstdorf und Mindelheim gehören, wird beispielsweise ein dreilagiger Mundnasenschutz des Types II R verwendet – ein Produkt, das eine Filterleistung mit hoher Beständigkeit beispielsweise gegen Körperflüssigkeiten hat. Duss bespricht die Angebote mit der Hygieneabteilung – zwei Ärzte bewerten diese und „geben ihre Einschätzung zur Eignung der Artikel ab“, sagt Duss. Der Verbund hat langjährige Geschäftsbeziehung zu seinen Lieferanten, mit denen er über den Sana-Einkaufsverbund zusammenarbeitet – das ist eine der großen Einkaufsgenossenschaften im Gesundheitswesen. Weil dadurch größere Mengen bestellt werden können, fallen auch die Rabatte höher aus. „Da gibt es ein Vertrauensverhältnis“, sagt Duss. Allerdings könne auch der Verbund die benötigten erhöhten Mengen derzeit nur bedingt liefern.
Andreas Fischer, Vorsitzender der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, erhält zurzeit ebenfalls viele Angebote. „Die Preise stehen in keiner Relation zu denen vor der CoronaKrise“, sagt er. Wucherpreise gebe es vor allem bei Schutzmasken. Außerdem sei die genaue Herkunft oft nicht geklärt und es lägen keine EUZertifizierungen vor. Nicht nur Kliniken bekommen unseriöse Angebote.
Auch Vereine wie beispielsweise die Lebenshilfe Kempten haben damit zu kämpfen. Erst kürzlich hat Heimleiterin Christin Kasten eine Bestellung mit Schutzkitteln erhalten, die nicht richtig ausgeschrieben waren: „Deklariert war die Kleidung als Corona-Schutzausrüstung. Nach längerer Recherche stellte sich aber heraus, dass diese Schutzkittel nicht gegen Viren einsetzbar sind“, sagt Kasten.
Etwa 100 Mitarbeiter betreuen bei der Lebenshilfe sieben Standorte mit mehreren Wohngemeinschaften für 150 Menschen mit Behinderung. Falls ein Corona-Fall auftritt, muss der Verein sogenannte „persönliche Schutzausrüstung“– also Handschuhe, FFP 2-Masken, Schutzkittel, Schutzbrillen und Kopfhauben – vorrätig haben. FFP 2Masken filtern feinste Partikel aus der Luft und schützen vor Viren.
Kasten recherchiert und telefoniert viel: „Man kann sagen, dass auf die Preise bis zu 50 Prozent aufgeschlagen wurden, teilweise auch bis zu 100 Prozent, etwa bei Schutzkitteln. FFP 2–Masken kosten eigentlich im einstelligen Euro-Bereich.“
Auch die Preise für Desinfektionsmittel seien ähnlich stark gestiegen: „500 Milliliter kosten bis zu 15 Euro“, sagt Christin Kasten. Und weiter: „Arbeitskleidung, die mindestens bei 60 Grad waschbar ist, ist ebenfalls kaum lieferbar. Erst bei dieser Temperatur werden Keime und Viren abgetötet.“
Weil die Lebenshilfe im Normalbetrieb nur kleine Mengen der Schutzausrüstung benötige, „hatten wir nicht viel vorrätig“, sagt Kasten. „Wir müssen jetzt die Schutzausrüstung selbst organisieren und werden dabei ziemlich allein gelassen.“