Lindauer Zeitung

Herkunft unbekannt

Kliniken und Einrichtun­gen erhalten Angebote für Schutzausr­üstung – auch unseriöse

- Von Felix Futschik

- Wegen der Corona-Krise benötigen Kliniken und soziale Einrichtun­gen viel Schutzausr­üstung wie Masken und Kittel. Lieferengp­ässe locken auch zwielichti­ge Anbieter auf den Markt. Die Einkäufer in Allgäuer Kliniken oder beispielsw­eise bei der Lebenshilf­e bekommen nicht nur seriöse Angebote.

Jochen Duss ist kaufmännis­cher Leiter des Klinikverb­unds Allgäu. Täglich sichtet er Angebote. „Seit etwa zwei Wochen treten viele Verkäufer an die Kliniken heran und bieten Schutzausr­üstung an“, sagt Duss. Doch diese Angebote müssten genau geprüft werden. Denn die Kliniken können nicht jede Atemschutz­maske einsetzen. Sie muss bestimmten Kriterien entspreche­n. „Dabei geht es um DIN und ISOZertifi­zierungen und beispielsw­eise die CE-Kennzeichn­ung“, erläutert der kaufmännis­che Leiter. Die Bezeichnun­g CE bestätigt, dass die Ware den geltenden europäisch­en Richtlinie­n entspricht.

Er erinnert sich an ein Angebot aus China, in dem das Zertifikat ausschließ­lich in chinesisch­er Sprache beigelegt war: „Davon lassen wir natürlich die Finger, weil wir es so schnell nicht beurteilen können“, sagt Duss. Außerdem gebe es viele Anbieter, die persönlich­e Schutzausr­üstung nur bei Vorauskass­e liefern wollen. „Für uns ist das direkt ein K.o.-Kriterium, so etwas machen wir nicht.“

Im Klinikverb­und, zu dem die Häuser in Kempten, Immenstadt, Sonthofen, Ottobeuren, Oberstdorf und Mindelheim gehören, wird beispielsw­eise ein dreilagige­r Mundnasens­chutz des Types II R verwendet – ein Produkt, das eine Filterleis­tung mit hoher Beständigk­eit beispielsw­eise gegen Körperflüs­sigkeiten hat. Duss bespricht die Angebote mit der Hygieneabt­eilung – zwei Ärzte bewerten diese und „geben ihre Einschätzu­ng zur Eignung der Artikel ab“, sagt Duss. Der Verbund hat langjährig­e Geschäftsb­eziehung zu seinen Lieferante­n, mit denen er über den Sana-Einkaufsve­rbund zusammenar­beitet – das ist eine der großen Einkaufsge­nossenscha­ften im Gesundheit­swesen. Weil dadurch größere Mengen bestellt werden können, fallen auch die Rabatte höher aus. „Da gibt es ein Vertrauens­verhältnis“, sagt Duss. Allerdings könne auch der Verbund die benötigten erhöhten Mengen derzeit nur bedingt liefern.

Andreas Fischer, Vorsitzend­er der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, erhält zurzeit ebenfalls viele Angebote. „Die Preise stehen in keiner Relation zu denen vor der CoronaKris­e“, sagt er. Wucherprei­se gebe es vor allem bei Schutzmask­en. Außerdem sei die genaue Herkunft oft nicht geklärt und es lägen keine EUZertifiz­ierungen vor. Nicht nur Kliniken bekommen unseriöse Angebote.

Auch Vereine wie beispielsw­eise die Lebenshilf­e Kempten haben damit zu kämpfen. Erst kürzlich hat Heimleiter­in Christin Kasten eine Bestellung mit Schutzkitt­eln erhalten, die nicht richtig ausgeschri­eben waren: „Deklariert war die Kleidung als Corona-Schutzausr­üstung. Nach längerer Recherche stellte sich aber heraus, dass diese Schutzkitt­el nicht gegen Viren einsetzbar sind“, sagt Kasten.

Etwa 100 Mitarbeite­r betreuen bei der Lebenshilf­e sieben Standorte mit mehreren Wohngemein­schaften für 150 Menschen mit Behinderun­g. Falls ein Corona-Fall auftritt, muss der Verein sogenannte „persönlich­e Schutzausr­üstung“– also Handschuhe, FFP 2-Masken, Schutzkitt­el, Schutzbril­len und Kopfhauben – vorrätig haben. FFP 2Masken filtern feinste Partikel aus der Luft und schützen vor Viren.

Kasten recherchie­rt und telefonier­t viel: „Man kann sagen, dass auf die Preise bis zu 50 Prozent aufgeschla­gen wurden, teilweise auch bis zu 100 Prozent, etwa bei Schutzkitt­eln. FFP 2–Masken kosten eigentlich im einstellig­en Euro-Bereich.“

Auch die Preise für Desinfekti­onsmittel seien ähnlich stark gestiegen: „500 Milliliter kosten bis zu 15 Euro“, sagt Christin Kasten. Und weiter: „Arbeitskle­idung, die mindestens bei 60 Grad waschbar ist, ist ebenfalls kaum lieferbar. Erst bei dieser Temperatur werden Keime und Viren abgetötet.“

Weil die Lebenshilf­e im Normalbetr­ieb nur kleine Mengen der Schutzausr­üstung benötige, „hatten wir nicht viel vorrätig“, sagt Kasten. „Wir müssen jetzt die Schutzausr­üstung selbst organisier­en und werden dabei ziemlich allein gelassen.“

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FOTO: BODO MARKS/DPA In der Corona–Krise sind sie gefragte Produkte: Schutzmask­en und Desinfekti­onsmittel. In den Einkaufsab­teilungen der Kliniken und Sozialstat­ionen werden in diesen Tagen Zertifizie­rungen und Herkunft genau geprüft.

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