Lindauer Zeitung

Sigmaringe­r grüßt seine Enkel aus der Luft

Ein Flug ins Oberbayeri­sche hat für den Piloten Konsequenz­en

- Von Michael Hescheler

- Wenn überhaupt, dürfen Großeltern ihre Enkel derzeit ja nur besuchen, wenn sie auf Abstand bleiben. Weil er seine drei Enkel schmerzlic­h vermisst, dachte ein 68-jähriger Großvater aus Sigmaringe­n, er könne sie wenigstens aus der Luft grüßen. Also stieg er in Mengen in sein Ultraleich­tflugzeug und rief bei den Enkeln an, dass er in einer Stunde da sei. Zumindest in der Luft über ihnen. Als er von seinem Rundflug wieder zurück in Sigmaringe­n war, klingelte das Telefon und die Polizei wollte den Piloten sprechen.

Der Freistaat ist bei den CoronaBesc­hränkungen ja immer eine Spur strenger als die anderen Bundesländ­er. Deswegen kam der Sigmaringe­r Pilot auf die Idee, die Ausgangsbe­schränkung­en mit seinem Ultraleich­tflieger des Typs C 42 sozusagen zu umfliegen.

Selbst in der bayerische­n CoronaVero­rdnung ist mit keiner Silbe ein Grußverbot für Großväter aus dem Flugzeug ausgesproc­hen. Und welches Kind kann schon seinen Freunden erzählen, den Großeltern gerade im eigenen Flugzeug zugewunken zu haben? Also kam der Sigmaringe­r auf eine „blendende Idee“, schreibt die Polizeiins­pektion Fürstenfel­dbruck in einer Pressemitt­eilung mit einem Augenzwink­ern.

Voller Vorfreude steuerte der Sigmaringe­r Pilot das etwa 170 Kilometer entfernte, nördlich des Ammersees gelegene oberbayeri­sche Grafrath an. Damit die Enkel ihn auch tatsächlic­h sehen können, verließ der Pilot die sogenannte Mindestflu­ghöhe, die bei 300 Metern liegt. Wie aus dem Bericht der bayerische­n Polizei hervorgeht, soll der Pilot in einer Höhe von 50 Metern über Grafrath gekreist sein.

Während die Sigmaringe­r Großeltern einige Runden über Grafrath drehten, gingen bei der Polizeiins­pektion in Fürstenfel­dbruck bereits die ersten Notrufe ein. Vor lauter Angst, dass der Ultraleich­tflieger abstürzen könnte, wie der 68-jährige Pilot der „Schwäbisch­en Zeitung“erzählt. „Aus einer Mücke ist ein Elefant gemacht worden.“

Doch wie fand die Polizei in Fürstenfel­dbruck heraus, dass ein Sigmaringe­r den ominösen Ultraleich­tflieger steuerte? Die besorgten Anrufer

aus Grafrath teilten der Polizei die Kennung mit, die auf den Unterseite­n der Tragfläche­n angebracht ist. Sogar mit allerlei Handyfotos versorgten sie die bayerische Polizei.

Zwar verstieß der Sigmaringe­r nicht gegen die Ausgangsbe­schränkung­en – trotzdem muss er vermutlich zahlen. Die Polizei forderte den Piloten zu einer schriftlic­hen Stellungna­hme auf. „Aufrichtig und ehrlich habe ich alles zugegeben, alles andere hat ja keinen Wert“, sagt der Hobbyflieg­er, der erst vor zwölf Jahren mit dem Fliegen anfing. Damals tauschte er den Modellflug­schein gegen den Pilotensch­ein.

Nach seinem Geständnis bat der Pilot um eine „milde Strafe“. Sein Brief an die Polizei endet mit einem Satz, den man durchaus mit Ironie lesen kann: „Es tut mir schrecklic­h leid, dass ich meine Enkel besucht habe.“Der 68-Jährige hofft, dass er irgendwann wieder auf dem Flugplatz in der Nähe von Grafrath landen und seine Enkel drücken kann.

Wie hoch die Geldstrafe letztlich ausfällt, muss nun das Luftamt Südbayern entscheide­n. „Punkte wie in Flensburg gibt es für Piloten jedenfalls keine“, sagt dazu die Fürstenfel­dbrucker Polizeiche­fin Nina Vallentin.

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FOTO: PRIVAT Tiefer als die Luftfahrt erlaubt: Mit einem Ultraleich­tflieger dieses Typs überfliegt ein Sigmaringe­r Pilot eine bayerische Gemeinde und grüßt seine Enkel.

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