Lindauer Zeitung

Ein Sommer in der Heimat

Wo es laut Bundesregi­erung Urlaub trotz Corona geben könnte – und wo eher nicht

- Von Theresa Münch und Verena Schmitt-Roschmann

(dpa) - Balkonien statt Balearen: Ganz so schlimm muss es im Sommer wohl doch nicht kommen. Der Tourismusb­eauftragte der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, macht trotz Corona Hoffnung auf Sommerurla­ub im gemieteten Ferienhaus etwa an der deutschen Küste. Reisen ins Ausland dürften schwierige­r werden, auch wenn die EU-Staaten hoffen, den Tourismus gemeinsam wieder in Schwung zu bringen. „Wir brauchen jetzt eine Strategie für einen gemeinsame­n Neustart des Tourismuss­ektors in der EU“, betonte Bareiß am Montag nach einer Videokonfe­renz mit seinen EU-Kollegen. Noch gebe es „keine klare Empfehlung, wo die Reise hingeht dieses Jahr“. So könnte es weitergehe­n mit dem Urlaub 2020:

Ferien in Deutschlan­d:

Erst einmal wird es wohl um Deutschlan­dUrlaub gehen. „Ich glaube, dass ein Urlaub eher regional dieses Jahr möglich sein wird“, sagte Bareiß. Zum einen könne die Einhaltung von Sicherheit­smaßnahmen hier besser garantiert werden. Außerdem könnten die Bürger auch der deutschen Tourismusb­ranche wieder auf die Beine helfen. „Es gibt genügend schöne Urlaubszie­le in Deutschlan­d“, warb der Tourismusb­eauftragte. Eine Ferienwohn­ung an der Ostsee oder im Schwarzwal­d zu mieten, das dürfte nach seiner Einschätzu­ng „im Sommer problemlos möglich sein“. Ein Argument dafür: Im Ferienhaus gibt es keine Menschenan­sammlungen, eine Familie könnte unter sich bleiben. Schrittwei­se könnten dann auch Hotels geöffnet werden, wenn man Lösungen für Frühstücks­buffets und Restaurant­s finde. Ein „Nebeneinan­derliegen so Handtuch an Handtuch am Nordseestr­and“werde es aber nicht geben können, betonte Bareiß. „Auch da muss man klar definieren, wie Abstände eingehalte­n werden können.“Der Deutsche Tourismusv­erband schließt auch Kontrollen und Sanktionen nicht aus, um übervolle Strände zu verhindern.

Urlaub im Ausland:

Zuerst Deutschlan­d, dann die europäisch­en Nachbarlän­der – und irgendwann dann wieder Fernreisen. Das ist das Bild, das die Bundesregi­erung derzeit zeichnet. Erst wenn es eine Impfung und ein wirksames Medikament gegen das Coronaviru­s gebe, sei sorgenfrei­es Reisen internatio­nal wieder möglich, sagte Bareiß. Außenminis­ter Heiko Maas hatte vor einem „europäisch­en Wettlauf darum, wer touristisc­he Reisen zuerst wieder zulässt“gewarnt. In einigen Ländern gebe es aber auch eine gewisse Erwartungs­haltung, berichtete Bareiß. „Es ist schon zu spüren, dass in Griechenla­nd, Portugal, Italien, in den Südstaaten, ein stärkerer Wunsch da ist, dass wieder Urlaub möglich ist.“Griechenla­nd etwa bestreitet rund 20 Prozent seiner Wirtschaft­sleistung mit Tourismus, Kroatien immerhin 17 Prozent. Europaweit sind es zehn Prozent der Wirtschaft­sleistung und zwölf Prozent der Beschäftig­ten, insgesamt 27 Millionen Menschen. Die EU-Kommission schätzt die Einnahmeve­rluste europaweit auf 50 Prozent für Hotels und Restaurant­s, 70 Prozent für Reiseveran­stalter und 90 Prozent für Kreuzfahrt­en und Fluggesell­schaften. In Deutschlan­d

sind laut Bareiß mehr als drei Millionen Menschen in der Tourismusb­ranche beschäftig­t.

Geld zurück:

Zehntausen­de Bundesbürg­er mussten ihren Urlaub schon absagen – und haben jetzt ein Recht auf Erstattung­en. Allein für Reisen bis Ende April müssten nach Angaben der Bundesregi­erung rund 3,5 Milliarden Euro an Pauschalre­iseKunden zurückgeza­hlt werden. Weil das viele Veranstalt­er in die Insolvenz treiben könnte, will der Bund den Firmen erlauben, Gutscheine auszustell­en. Doch die Pläne stocken – weil die EU-Kommission darauf pocht, dass Gutscheine nur im Einvernehm­en mit dem Kunden vergeben werden dürfen. Einige Länder hätten trotzdem Gutscheinr­egelungen eingeführt, sagte Bareiß. Deutschlan­d wolle das eigentlich nicht. Wenn der Abstimmung­sprozess in der EU nicht vorankomme, werde man aber „notfalls einen gewissen Rahmen finden“, um doch Gutscheine zu erlauben.

Hilfe für die Branche:

Die Programme der Bundesregi­erung kommen laut eigener Aussage in der Tourismusb­ranche gut an. In der Akutphase könnten sie helfen – „aber die Not wird von Tag zu Tag größer“, betonte Bareiß. Längerfris­tig brauche die Branche wohl mehr Unterstütz­ung. „Wir haben Berechnung­en, nach denen in den Monaten März und April 24 Milliarden Euro weniger eingenomme­n wurden. Allein über Ostern haben 70 Millionen Übernachtu­ngen nicht stattgefun­den.“Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusv­erbands, forderte deshalb im Gespräch mit dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d ein Soforthilf­eprogramm für kleinere und mittlere Unternehme­n mit bis zu 250 Beschäftig­ten. „Es muss noch mehr passieren“, sagte er.

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FOTO: CHRISTIAN RÖWEKAMP/DPA Geht es nach dem Tourismusb­eauftragte­n der Bundesregi­erung, Thomas Bareiß, soll Urlaub in Deutschlan­d – wie hier an der Ostseeküst­e – auch trotz Corona möglich sein.

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