BUND und Landwirte kritisieren B1-Variante
B 31-neu: Umweltverband und Bauern behalten sich Klage gegen die Verkehrsplanung vor
- Gegen den Plan, die B 31 zwischen Immenstaad und Meersburg im Hinterland des Bodensees vierspurig in der Variante B1 auszubauen, regt sich Widerstand. Dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) stoßen vor allem die beiden Punkte „Überquerung der Lipbachsenke“und „Zerschneidung des Weingarten-Waldes“übel auf – aus Naturschutzgründen. Bei Kippenhausen würde die Straße mitten durch Obst- und Weinbau-Anlagen führen. Betroffene Landwirte äußern sich besorgt. Sie fühlen sich bislang nicht ausreichend informiert und halten eine Klage gegen die Pläne für möglich, genauso wie der BUND.
Als „katastrophal für Landwirtschaft und Natur“bezeichnet Klaus Lindemann, der Vorsitzende der BUND-Ortsgruppe Immenstaad, die jetzt favorisierte B1-Variante. Bei einem vierspurigen Ausbau sieht Lindemann mit Trasse und Böschung einen Eingriff auf einer Fläche von 60 bis 70 Metern quer durch die Bodensee-Landschaft. „Das ist unvorstellbar für die Gemarkung Kippenhausen“, sagt Lindemann. Die zwei Knackpunkte sind für ihn die Überquerung der Lipbachsenke und die Zerschneidung des Weingarten-Waldes. Seiner Meinung nach seien diese Punkte nicht durchsetzbar.
Bei der Lipbachsenke handle es sich um ein Schutzgebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH). „Dort sollen Eingriffe erfolgen, als ob es gar nicht existieren würde“, sagt Lindemann. Der BUND werde sich genau anschauen, wie das Abweichungsverfahren vom Naturschutzgesetz aussehen wird. Man dürfe geschützte Gebiete nicht beeinträchtigen, wenn es Alternativen gebe. Für Lindemann die Alternative: die südliche Strecke zwischen Klärwerk und Airbus. Zweiter kritischer Punkt ist für Lindemann die Zerschneidung des Weingarten-Waldes. Der BUND spricht sich weiter für die südliche Ausbaulösung mit einem Tunnel für Hagnau aus, ohne den Wald zu tangieren. „Wir werden die
Begründungen der naturschutzrechtlichen Abweichungen genauestens prüfen“. Ob der Landesverband des BUND dann klagen wird, lässt Lindemann zunächst offen.
Das Regierungspräsidium Tübingen bestätigte der SZ am Montag, dass es sich bei den vom BUND angesprochenen Stellen um kritische Punkte in Sachen Umweltrelevanz handelt. Aber: „Es gibt hier für den Bodenseeraum keine konfliktfreie Lösung“, sagt Matthias Kühnel, Projektleiter der B 31-Planung beim RP. Es gehe immer um eine Gesamtabwägung. Im Falle der Lipbachsenke sei die südliche Alternative zwischen Siedlung und Hauptort zwar theoretisch möglich. Sie bringe aber größere Umweltbelastung mit Lärm und Schadstoffen für Immenstaad.
Ähnlich sieht er den Eingriff beim Weingarten-Wald. Auch hier gehe es um einen Kompromiss. Die B1 biete die Möglichkeit, Stetten vom Verkehr
komplett zu entlasten und den Verkehr zwischen Meersburg und Stetten zu bündeln. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die Version ohne den Tunnel bei Hagnau außerdem 100 Millionen Euro günstiger. Kühnel geht davon aus, dass die Planung auf der Basis der Fachbüros rechtlich wasserdicht ist. Die B1-Trasse könne auch natur- und artenschutzrechtlich umgesetzt werden. Wann die Straße letztlich gebaut werden wird, darauf will sich der Planer nicht festlegen. Seitens des Verkehrsministeriums sei das Ziel ausgerufen worden, bis 2025 die Planfeststellung zu erreichen und bis 2027 einen Baustart.
„Wir haben immer noch zu wenig Informationen“, sagt der Kippenhauser Landwirt Hubert Langenstein. Viele Details seien unklar. Die B-Variante habe eine elementare Zerschneidungswirkung für die Landwirtschaft. „Mit der Variante können wir absolut nicht zufrieden sein“, sagt er. Das Problem: Die Straße würde die Anlagen mancher Bauern in zwei Teile trennen. Von einer Fläche zur anderen zu kommen, wäre kaum möglich. Die wirtschaftliche Fortführung der Betriebe sei infrage gestellt. „So wie die B-Variante jetzt gezeichnet ist, führt sie zu einer Zerstörung der Betriebe.“
Langenstein glaubt, dass die Variante im Dialog optimiert werden muss. „So wie der Strich jetzt gemacht wurde, kommen wir Landwirte nicht damit klar.“
Ganz stark betroffen von der B1Variante sind in Kippenhausen die Betriebe von Jürgen Eberle und Erich Röhrenbach. „Die Zerschneidung ist für uns das Hauptproblem“, sagt auch Eberle. Ob die Straße vier- oder dreispurig kommt, spiele keine große Rolle. „Die Monsterstraße“sei letztlich nur an ein oder zwei Stellen zu überqueren. Die Obst-Anlagen laufen von Norden zum See hin, die Straße durchschneidet sie von Ost nach West. „So wie es jetzt aussieht, könnte ich wegen Existenzgefährdung klagen“, sagt Eberle. Das werde er sich überlegen, „egal, was es kostet“. Bisher gebe es nur einen Korridor und hier könnten noch Probleme ausgeräumt werden. „Einen trifft es immer“, sagt er. Die jetzige Variante treffe Kippenhausen, „die B1 ist für mich die schlimmste Variante“. Auch weil er landwirtschaftliche Fläche hergeben müsste: „Bei uns ist jeder Quadratmeter bepflanzt“, so Eberle.
„Wir müssen auf Flurbereinigung drängen“, sagt Erich Röhrenbach. Er glaubt, dass es zu einer neuen Aufteilung der Flächen kommen muss. „Anders wäre es eine Katastrophe.“Sollte die neue Straße seine Anlagen in zwei Stücke teilen, wäre „das Land oben und unten nichts mehr wert“, sagt er. Aber eine Flurbereinigung bringe ebenfalls Probleme mit sich. „Das ist ein riesiger Umbruch.“
Grundsätzlich gehe durch die Variante B1 wertvolle Anbaufläche verloren, die für den Obstbau klimatisch top sei. Der Einfluss des Bodensees biete den Pflanzen Schutz vor Spätfrösten. „Wir haben kein Verständnis dafür, dass man die Variante jetzt in dieses Gebiet verlegt.“Wald könne an jeder anderen Stelle wieder aufgeforstet werden, meint er. Das klimatisch einmalige Gebiet für den Obstbau sei unwiederbringlich weg.
Der Tourismus sei in Kippenhausen forciert worden. Aber wenn die große Straße an die Betriebe ranrücke, werde auch der unattraktiver. Sollte seine Existenz gefährdet sein, würde auch er gegen die Variante klagen: „Da bleibt einem ja nichts anderes übrig“, sagt er. Vor zehn Jahren sei nicht zu erkennen gewesen, dass die Straße dahinkommt. Folglich hätten die Landwirte auch investiert in die Anlagen.