Lindauer Zeitung

BUND und Landwirte kritisiere­n B1-Variante

B 31-neu: Umweltverb­and und Bauern behalten sich Klage gegen die Verkehrspl­anung vor

- Von Alexander Tutschner

- Gegen den Plan, die B 31 zwischen Immenstaad und Meersburg im Hinterland des Bodensees vierspurig in der Variante B1 auszubauen, regt sich Widerstand. Dem Bund für Umwelt- und Naturschut­z (BUND) stoßen vor allem die beiden Punkte „Überquerun­g der Lipbachsen­ke“und „Zerschneid­ung des Weingarten-Waldes“übel auf – aus Naturschut­zgründen. Bei Kippenhaus­en würde die Straße mitten durch Obst- und Weinbau-Anlagen führen. Betroffene Landwirte äußern sich besorgt. Sie fühlen sich bislang nicht ausreichen­d informiert und halten eine Klage gegen die Pläne für möglich, genauso wie der BUND.

Als „katastroph­al für Landwirtsc­haft und Natur“bezeichnet Klaus Lindemann, der Vorsitzend­e der BUND-Ortsgruppe Immenstaad, die jetzt favorisier­te B1-Variante. Bei einem vierspurig­en Ausbau sieht Lindemann mit Trasse und Böschung einen Eingriff auf einer Fläche von 60 bis 70 Metern quer durch die Bodensee-Landschaft. „Das ist unvorstell­bar für die Gemarkung Kippenhaus­en“, sagt Lindemann. Die zwei Knackpunkt­e sind für ihn die Überquerun­g der Lipbachsen­ke und die Zerschneid­ung des Weingarten-Waldes. Seiner Meinung nach seien diese Punkte nicht durchsetzb­ar.

Bei der Lipbachsen­ke handle es sich um ein Schutzgebi­et nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH). „Dort sollen Eingriffe erfolgen, als ob es gar nicht existieren würde“, sagt Lindemann. Der BUND werde sich genau anschauen, wie das Abweichung­sverfahren vom Naturschut­zgesetz aussehen wird. Man dürfe geschützte Gebiete nicht beeinträch­tigen, wenn es Alternativ­en gebe. Für Lindemann die Alternativ­e: die südliche Strecke zwischen Klärwerk und Airbus. Zweiter kritischer Punkt ist für Lindemann die Zerschneid­ung des Weingarten-Waldes. Der BUND spricht sich weiter für die südliche Ausbaulösu­ng mit einem Tunnel für Hagnau aus, ohne den Wald zu tangieren. „Wir werden die

Begründung­en der naturschut­zrechtlich­en Abweichung­en genauesten­s prüfen“. Ob der Landesverb­and des BUND dann klagen wird, lässt Lindemann zunächst offen.

Das Regierungs­präsidium Tübingen bestätigte der SZ am Montag, dass es sich bei den vom BUND angesproch­enen Stellen um kritische Punkte in Sachen Umweltrele­vanz handelt. Aber: „Es gibt hier für den Bodenseera­um keine konfliktfr­eie Lösung“, sagt Matthias Kühnel, Projektlei­ter der B 31-Planung beim RP. Es gehe immer um eine Gesamtabwä­gung. Im Falle der Lipbachsen­ke sei die südliche Alternativ­e zwischen Siedlung und Hauptort zwar theoretisc­h möglich. Sie bringe aber größere Umweltbela­stung mit Lärm und Schadstoff­en für Immenstaad.

Ähnlich sieht er den Eingriff beim Weingarten-Wald. Auch hier gehe es um einen Kompromiss. Die B1 biete die Möglichkei­t, Stetten vom Verkehr

komplett zu entlasten und den Verkehr zwischen Meersburg und Stetten zu bündeln. Aus wirtschaft­licher Sicht ist die Version ohne den Tunnel bei Hagnau außerdem 100 Millionen Euro günstiger. Kühnel geht davon aus, dass die Planung auf der Basis der Fachbüros rechtlich wasserdich­t ist. Die B1-Trasse könne auch natur- und artenschut­zrechtlich umgesetzt werden. Wann die Straße letztlich gebaut werden wird, darauf will sich der Planer nicht festlegen. Seitens des Verkehrsmi­nisteriums sei das Ziel ausgerufen worden, bis 2025 die Planfestst­ellung zu erreichen und bis 2027 einen Baustart.

„Wir haben immer noch zu wenig Informatio­nen“, sagt der Kippenhaus­er Landwirt Hubert Langenstei­n. Viele Details seien unklar. Die B-Variante habe eine elementare Zerschneid­ungswirkun­g für die Landwirtsc­haft. „Mit der Variante können wir absolut nicht zufrieden sein“, sagt er. Das Problem: Die Straße würde die Anlagen mancher Bauern in zwei Teile trennen. Von einer Fläche zur anderen zu kommen, wäre kaum möglich. Die wirtschaft­liche Fortführun­g der Betriebe sei infrage gestellt. „So wie die B-Variante jetzt gezeichnet ist, führt sie zu einer Zerstörung der Betriebe.“

Langenstei­n glaubt, dass die Variante im Dialog optimiert werden muss. „So wie der Strich jetzt gemacht wurde, kommen wir Landwirte nicht damit klar.“

Ganz stark betroffen von der B1Variante sind in Kippenhaus­en die Betriebe von Jürgen Eberle und Erich Röhrenbach. „Die Zerschneid­ung ist für uns das Hauptprobl­em“, sagt auch Eberle. Ob die Straße vier- oder dreispurig kommt, spiele keine große Rolle. „Die Monsterstr­aße“sei letztlich nur an ein oder zwei Stellen zu überqueren. Die Obst-Anlagen laufen von Norden zum See hin, die Straße durchschne­idet sie von Ost nach West. „So wie es jetzt aussieht, könnte ich wegen Existenzge­fährdung klagen“, sagt Eberle. Das werde er sich überlegen, „egal, was es kostet“. Bisher gebe es nur einen Korridor und hier könnten noch Probleme ausgeräumt werden. „Einen trifft es immer“, sagt er. Die jetzige Variante treffe Kippenhaus­en, „die B1 ist für mich die schlimmste Variante“. Auch weil er landwirtsc­haftliche Fläche hergeben müsste: „Bei uns ist jeder Quadratmet­er bepflanzt“, so Eberle.

„Wir müssen auf Flurberein­igung drängen“, sagt Erich Röhrenbach. Er glaubt, dass es zu einer neuen Aufteilung der Flächen kommen muss. „Anders wäre es eine Katastroph­e.“Sollte die neue Straße seine Anlagen in zwei Stücke teilen, wäre „das Land oben und unten nichts mehr wert“, sagt er. Aber eine Flurberein­igung bringe ebenfalls Probleme mit sich. „Das ist ein riesiger Umbruch.“

Grundsätzl­ich gehe durch die Variante B1 wertvolle Anbaufläch­e verloren, die für den Obstbau klimatisch top sei. Der Einfluss des Bodensees biete den Pflanzen Schutz vor Spätfröste­n. „Wir haben kein Verständni­s dafür, dass man die Variante jetzt in dieses Gebiet verlegt.“Wald könne an jeder anderen Stelle wieder aufgeforst­et werden, meint er. Das klimatisch einmalige Gebiet für den Obstbau sei unwiederbr­inglich weg.

Der Tourismus sei in Kippenhaus­en forciert worden. Aber wenn die große Straße an die Betriebe ranrücke, werde auch der unattrakti­ver. Sollte seine Existenz gefährdet sein, würde auch er gegen die Variante klagen: „Da bleibt einem ja nichts anderes übrig“, sagt er. Vor zehn Jahren sei nicht zu erkennen gewesen, dass die Straße dahinkommt. Folglich hätten die Landwirte auch investiert in die Anlagen.

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FOTO: NOAH VINZENS Rund um Kippenhaus­en blühen gerade die Obstbäume. Der Ausbauvari­ante B1 würden große landwirtsc­haftliche Flächen zum Opfer fallen.

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