Lindauer Zeitung

Corona kostet die Stadt viele Millionen Euro

Der Kämmerer stellt im Stadtrat erste Zahlen und Vorschläge für Gegenmaßna­hmen vor

- Von Dirk Augustin

- Viele Millionen Euro werden der Stadt Lindau heuer infolge der Corona-Krise fehlen. Genaue Zahlen kann Kämmerer Felix Eisenbach noch nicht nennen. Die Stadt beschränkt alle Ausgaben schon seit vier Wochen auf das Nötigste.

Eisenbach nannte in der letzten Sitzung des alten Stadtrats viele Zahlen. Doch schränkte er alles wieder ein: Es handele sich nur um eine „gröbste Schätzung“: „Wie es wirklich kommen wird, weiß kein Mensch. Auch die Fachleute stochern im Nebel.“Etwas mehr Klarheit erhofft er sich Mitte Mai, wenn die Experten des Bundes die Steuerschä­tzung veröffentl­ichen. Doch unabhängig von den genauen Zahlen sei jetzt schon klar, dass Lindau nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in der Zukunft mit deutlich weniger Geld werde auskommen müssen: „Die nächsten Jahre fallen uns Einnahmen weg.“

Eisenbach nannte in der Sitzung fast alle Einnahmepo­sten der Stadt: Gewerbeste­uer, Einkommens­steuer, Umsatzsteu­er, Spielbanka­bgabe, Kurbeitrag, Fremdenver­kehrsbeitr­ag und andere. In seiner ersten Rechnung hat Eisenbach angenommen, dass die Rückgänge zwischen einem Zehntel und einem Drittel liegen und kommt auf einen Fehlbetrag von mehr als acht Millionen Euro. Dieser Betrag könne aber auch deutlich größer sein, ergänzte der Kämmerer. Das hänge vor allem davon ab, wann in Lindau der Tourismus wieder anlaufen kann. Und das wisse derzeit niemand. Und über die Folgen für die Haushalte der kommenden Jahre könne er jetzt noch gar nichts sagen. Unklar ist auch, welche Kosten vom Stadtbus, der LTK oder anderer städtische­r Betriebe auf die Stadtkasse zukommen.

Als Folge der geringeren Einnahmen kann die Stadt bei einigen Abgaben auch die Zahlungen senken. Dennoch ist ein rigoroser Sparkurs nötig. Eisenbach hat der Verwaltung bereits als Vorgabe gemacht, dass alle Bereiche beim Verwaltung­s- und Betriebsau­fwand ein Zehntel sparen müssen, das macht 1,7 Millionen Euro aus. Auf seinen Vorschlag hin hat der Stadtrat zudem eine Entnahme aus angesparte­n Budgets der Ämter in Höhe von 1,5 Millionen Euro beschlosse­n.

Der Kämmerer hofft, dass Bund und Freistaat nicht nur Unternehme­n helfen, sondern auch den Kommunen. Allerdings werde die Staatsregi­erung wohl erst im Herbst entscheide­n, wie hoch die Zahlungen an Städte und Gemeinden sein sollen.

Eisenbach machte Sparvorsch­läge bei geplanten Projekten. So könne man deutlich mehr als eine Million Euro beim Umbau der Grundschul­e Zech sparen. Durch das Verschiebe­n verschiede­ner Projekte könnte Lindau 1,8 Millionen Euro sparen. Dem würden unter anderem das Spielplatz­konzept, die Sanierung der Stege im Kleinen See, die Absperrpol­ler für die Fußgängerz­one und der Lückenschl­uss

beim Geh- und Radweg zwischen Oberreitna­u und Schönau, die Sanierung der Köchlin- und Anheggerst­raße zum Opfer fallen. Den gleichen Betrag könnte Lindau sparen, wenn man den Umbau der Schachener Straße zur Fahrradstr­aße schiebt.

Mehr als drei Millionen Euro Ersparnis erwartet Eisenbach, wenn Lindau beim Lotzbeckwe­g doch eine Brücke bauen lässt statt der beschlosse­nen Unterführu­ng. Sogar 3,5 Millionen Euro würde die Stadt sparen, wenn die Stadt auf besondere Forderunge­n beim Bau der Unterführu­ng Hasenweidw­eg-Ost und der neuen Zufahrt zur Giebelbach-Siedlung verzichten würde. Laut Eisenbach müsse Lindau auf kein Projekt völlig verzichten. Nötig seien aber Verschiebu­ngen und Kürzungen.

Nicht mehr schieben oder stoppen lässt sich laut Kämmerer der GTLNeubau. Da wurden schon vor Corona die Aufträge vergeben und die Verträge unterschri­eben, inzwischen laufen die Bauarbeite­n. Ein Ausstieg hätte Schadenser­satzforder­ungen in Millionenh­öhe zur Folge. Zudem könnte die Stadt nicht die Grundstück­e von Bauhof und Stadtgärtn­erei verkaufen und mit den Einnahmen Schulden tilgen, wie bisher geplant.

Entgegen bereits bekannter Forderunge­n einzelner Stadträte lehnte OB Gerhard Ecker noch mal einen sofortigen Beschluss einer Haushaltss­perre ab. Stattdesse­n beschlosse­n die Räte auf Vorschlag des Kämmerers, dass die Verwaltung mit sofortiger Wirkung die Arbeit an allen Projekten einstellen soll, die noch nicht begonnen wurden. Wie es dauerhaft weitergehe­n soll, das sei aber eine Entscheidu­ng der neuen Oberbürger­meisterin und des neuen Stadtrats.

So sahen es auch die Räte, bei deren Wortmeldun­gen deutlich wurde, dass sich manch einer nicht von getroffene­n Beschlüsse­n verabschie­den mag. So sprachen sich Angelika Rundel (SPD) und Jürgen Müller (LI) gegen eine Brücke am Lotzbeckwe­g aus, auch wenn eine Unterführu­ng teurer werde. Ulrich Jöckel (FDP) kann sich dort allerdings auch eine ganz neue Lösung vorstellen, indem man am Lotzbeckwe­g gar nichts baut, sondern den Bodenseera­dwanderweg verlegt und den Hasenweidw­eg entspreche­nd herrichtet. Aber über all solche Vorschläge und Ideen soll der neue Stadtrat beraten und beschließe­n.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Die Bauarbeite­n für den GTL-Neubau neben dem Klärwerk haben begonnen. Dieses Projekt ist nicht mehr zu stoppen.

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