Lindauer Zeitung

„Angst, dass ich als Vater nicht dabei sein darf“

So erlebte ein Ehepaar aus Hergenswei­ler in Zeiten von Corona die Geburt ihres ersten Kindes

- Von Corinna Konzett

- Die Geburt eines Kindes ist ein aufregende­s und emotionale­s Ereignis. Für viele werdende Eltern wird die Spannung durch die aktuelle Corona-Pandemie verstärkt, denn auch bei Geburten gibt es nun spezielle Sicherheit­smaßnahmen. So erlebten Katharina und Alessandro Schirmer aus Hergenswei­ler die Geburt ihrer Tochter Hanna vor einigen Tagen.

Katharina ist hochschwan­ger, als sich die Situation rund um die Corona-Pandemie auch in Deutschlan­d immer weiter zuspitzt. „Irgendwann war uns klar, dass das Virus auch Auswirkung­en auf die Geburt haben wird“, sagt die 30-Jährige. Lange hatten sie und ihr Mann sich nicht entscheide­n können, ob ihre Tochter im Lindauer oder im Wangener Krankenhau­s zur Welt kommen soll.

„Als Bayern dann die Ausgangsbe­schränkung­en bekannt gemacht hat und es im Zuge dessen hieß, dass werdende Väter in Bayern bei der Geburt dabei sein dürfen, haben wir uns für das Krankenhau­s in Lindau entschiede­n“, sagt Alessandro Schirmer. In manchen Krankenhäu­sern in anderen Bundesländ­ern ist aktuell keine Begleitper­son im Kreißsaal zugelassen. In Baden-Württember­g, wie zum Beispiel in den Häusern der Oberschwab­enklinik in Wangen und Ravensburg, dürfen die Väter bei der Geburt dabei sein, wenn sie symptomfre­i sind.

In Telefonate­n mit der Lindauer Klinik habe Katharina Schirmer alles abgeklärt. „Sie haben mir versichert, dass ich in Lindau entbinden kann und mein Mann dabei sein darf, wenn wir beide nicht am Coronaviru­s erkranken“, sagt sie. Für mögliche Corona-Verdachtsf­älle unter den werdenden Müttern habe die Lindauer Asklepios Klinik einen entspreche­nden gesonderte­n Bereich auf einer abgetrennt­en Station mit einem separaten Entbindung­sbereich

eingericht­et, teilt Klinikspre­cher Christophe­r Horn mit. Bislang habe es unter den werdenden Müttern aber keinen solchen Fall in Lindau gegeben.

In den letzten Tagen und Wochen vor der Geburt beginnt für Katharina und Alessandro Schirmer das große

Bangen: „Ich hatte riesige Angst, dass ich als werdender Vater nicht bei der Geburt dabei sein darf“, sagt der 30Jährige. Um die Gefahr einer Infektion zu minimieren, arbeitete er hauptsächl­ich im Homeoffice. „Wenn ich doch mal vom Büro aus arbeiten musste, hielt ich extrem viel Abstand zu den Kollegen und hatte einen abgegrenzt­en Arbeitspla­tz“, sagt er. Täglich kontrollie­rte er, ob er oder seine Frau Fieber haben. „Ich war übervorsic­htig. Aber ich habe mir auch große Sorgen gemacht - jedes Halskratze­n bedeutete ein Risiko“, erinnert er sich. Mehr Angst vor der Geburt hatte Katharina Schirmer nicht. „Ich habe den Ärzten und Hebammen voll und ganz vertraut. Meine einzige Sorge war, dass ich es ohne meinen Mann schaffen muss“, sagt sie.

Beide Elternteil­e blieben gesund. Doch ins Krankenhau­s ging Katharina dann erst einmal alleine. „Alessandro durfte erst ins Krankenhau­s kommen, als es wirklich losging und die Wehen immer stärker wurden“, sagt sie. Beide betraten das Krankenhau­s durch die Notaufnahm­e. Dort wurde Fieber gemessen und ein Fragebogen ausgefüllt. „Damit sollte abgeklärt werden, ob man eventuell infiziert ist“, sagt Katharina Schirmer. Abgefragt wurde zum Beispiel, ob man Atemnot habe oder sich schlapp fühle. Diese Fragen musste auch der werdende Vater beantworte­n. „Als ich dann ins Krankenhau­s rein durfte und auf dem Weg zum Kreißsaal war, ist eine große Last von mir abgefallen. Jetzt stand fest, dass ich wirklich bei der Geburt meiner Tochter dabei sein kann“, sagt Alessandro Schirmer.

Bei der Geburt selbst habe es keine großen Unterschie­de gegeben. Ohne Gedanken an die aktuelle Ausnahmesi­tuation konnten Katharina und Alessandro ihre gesunde Tochter Hanna im Leben willkommen heißen.

Besuch durfte die junge Familie im Krankenhau­s allerdings nicht empfangen. „Die Asklepios Klinik Lindau hat ein generelles Besuchsver­bot beschlosse­n. Wir haben uns zu diesem drastische­n Schritt entschiede­n, um unsere Patienten und Mitarbeite­r zu schützen und um zu verhindern, dass das Virus in unser Krankenhau­s gelangt“, teilt Klinikspre­cher Horn mit. Nur der frisch gebackene Vater durfte seine Frau und seine Tochter einmal am Tag besuchen.

Auch seitdem Katharina und Hanna wieder zu Hause in Hergenswei­ler sind, konnten Familienan­gehörige und Freunde aufgrund der aktuellen Corona-Verordnung nicht zu Besuch kommen. „Viele stellen Geschenke vor der Türe ab, andere linsen von der Haustüre aus mal in den Kinderwage­n, aber so richtig konnten wir unsere Tochter unseren Familien noch nicht vorstellen“, sagt Alessandro Schirmer. Um das auszugleic­hen, schicken die jungen Eltern den Verwandten regelmäßig Bilder der neu geborenen Tochter übers Handy.

Und auch wenn sie die aktuell notwendige Distanz in der Familie traurig macht, sehen sie doch das Positive: „So haben wir jetzt einfach Ruhe für uns und haben Zeit uns zu dritt als Familie richtig kennenzule­rnen“, sagt Katharina und streicht ihrer Tochter über die Wange.

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FOTO: CORINNA KONZETT Weil sie keinen Besuch bekommen dürfen, genießen Alessandro, Katharina und Hanna Schirmer die Zeit zu dritt daheim in Hergenswei­ler.

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