Das war nicht klug
Mathias Hotz und Katrin Dorfmüller sind ohne Zweifel würdige Bürgermeister. Das hätte aber auch für Ulrike Lorenz-Meyer gegolten. Doch sie war am Montag weit von einer Mehrheit entfernt. Auch wenn es sich um geheime Wahlgänge gehandelt hat und man über die Gründe nur spekulieren kann, dürfte das weniger mit persönlichen Gründen zu tun haben als mit der politischen Gemengelage im neuen Lindauer Stadtrat. Denn einen Wechsel wollten die Wähler offenbar nur beim Oberbürgermeister, im Stadtrat dagegen haben die Lindauer im März zwar ein Drittel der Frauen und Männer ausgetauscht, am Kräfteverhältnis hat sich aber nichts geändert.
Das haben die Strategen um Mathias Hotz, Thomas Hummler, Katrin Dorfmüller, Günther Brombeiß und Andreas Reich genutzt, um nicht nur bei der Wahl der Bürgermeister die eigenen Leute ins Amt zu heben. Auch bei weiteren Abstimmungen über Posten in Aufsichts- und Verbandsräten oder wenn es um Aufwandsentschädigungen ging, hat die selbst ernannte „konstruktive Mehrheit“sich durchgesetzt. Dabei kann sie sich mit ihren 17 Stimmen immer wieder sogar einzelne Abweichler leisten.
An diesem Vorgehen ist demokratisch nicht zu rütteln: Mehrheit ist Mehrheit. Doch klug war das nicht. Zu durchsichtig erscheint das Vorgehen als Reaktion auf das verlorene Bürgerbegehren, darauf, dass bunte Räte aus der nicht öffentlichen Sitzung über die Torfschupfe geplaudert haben, dass die Bunten sich vor der Stichwahl demonstrativ herausgehalten und stattdessen die Stadtratswahl angefochten haben, um den Konservativen einen Sitz zu nehmen.
Nun war das selbstgerechte Auftreten manch eines Bunten in den vergangenen Monaten tatsächlich schwer erträglich, weil es überheblich daherkam. Doch das gilt ausdrücklich nicht für Lorenz-Meyer. Und es war vor sechs Jahren schon nicht klug, die Bunten bei der Bürgermeisterwahl außen vor zu lassen. Sie stellen die größte Gruppe im Stadtrat und haben mehr als jeden fünften Wähler hinter sich. Wer im Stadtrat mehr Einigkeit will, wer weniger Bürgerbegehren und Bürgerentscheide will, der darf solche Gruppen nicht außen vor lassen, sondern muss sie einbinden. Diese Chance haben die Strategen um Hotz verpasst.
Wenn der gescheiterte OBKandidat zudem meint, dass er sich mit solchen Schachzügen in den nächsten Jahren ein gutes Sprungbrett für die Oberbürgermeisterwahl 2026 bereitet, dann täuscht er sich. Gerade die Wähler des Spektrums von CSU bis zur SPD wollen eine wirklich konstruktive Politik. Sie wollen Ergebnisse. Die sind nur durch Kompromisse zu erreichen. Was eine knappe Mehrheit im Stadtrat durchdrückt, wird keinen Bestand haben. Das haben die Jahre vor OB Ecker gezeigt. Und das hat zuletzt der Bürgerentscheid gegen das Parkhaus auf dem Beverplatz wieder bewiesen.
Im Sinne von Lindau, das wie das ganze Land in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg steckt, ist es deshalb wichtig, dass Hotz und seine Mitstreiter die Niederlage der Stichwahl überwinden und die Bunten nicht weiter abstrafen, sondern mit ihnen und mit der ungeliebten Oberbürgermeisterin gemeinsam Politik für diese Stadt machen. Andernfalls drohen Lindau sechs sehr üble Jahre.