Ausbau der Gürtelbahn kostet 350 Millionen Euro
Interessenverband hat erstmals fundierte Zahlen – Knapp 16 Kilometer neue Gleise
- Es wird wohl das größte Infrastrukturprogramm der nächsten Jahre am Bodensee: Elektrifizierung und Ausbau der Bodenseegürtelbahn werden nach der Vorzugsvariante rund 350 Millionen Euro kosten. Es werden zwischen Friedrichshafen und Radolfzell knapp 16 Kilometer zweite Gleisabschnitte erforderlich sein. Das sind die Ergebnisse der ersten beiden Planungsstufen, die der Interessenverband (IV) Bodenseegürtelbahn der SZ vorstellte. Eine heikle Frage dabei ist, in wieweit sich das Land an den 70 Millionen Euro für die Planung beteiligt.
„Wir haben jetzt erstmals fundierte Zahlen für den Ausbau der Bodenseegürtelbahn“, sagt Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke, der auch Geschäftsführer des IV ist. Anfang 2019 hatte der IV, in dem die Landkreise Bodensee und Konstanz sowie die betroffenen Kommunen zusammengeschlossen sind, die DB Netz mit den Planungsstufen eins und zwei beauftragt. Die Ergebnisse aus Grundlagenermittlung und die Vorplanung liegen mittlerweile vor.
Dabei wurde laut Franke der „Verkehr, den man gerne hätte, am Computer simuliert“. Auf der Bodenseegürtelbahn ist das Ziel, im Stundentakt eine schnelle und im Halbstundentakt eine langsame Verbindung zu bekommen. Pro Stunde sollen also drei Züge in jede Richtung fahren. „Auf der Basis haben wir das gesamte Projekt durchgerechnet“, sagt Franke. Man wisse jetzt, welche Infrastruktur man brauche und was es kostet. „Wir reden über 350 Millionen
Euro. Da werden einige erschrecken, das ist sehr viel Geld.“Davon seien 280 Euro Millionen Euro reine Baukosten und 70 Millionen Euro Planungskosten. Die Zahlen seien abgeglichen mit denen vom Ausbau der Südbahn (Ulm-Lindau) und der Hochrheinbahn (Basel-Singen).
Die Baukosten (280 Millionen Euro) werden laut Franke nach den verbesserten Förderbedingungen im Zuge des Klimapakets der Bundesregierung im Verhältnis 75 (Bund) zu 20 (Land) zu 5 Prozent (Kommunen) aufgeteilt. 14 Millionen Euro bleiben nach dieser Rechnung an der kommunalen Ebene hängen. Aktuell verhandle man „sehr intensiv“mit dem Land über die Aufteilung der Planungskosten von 70 Millionen Euro, sagte Franke weiter. Details dazu möchte er nicht nennen. Der Ausbau der Bodenseegürtelbahn nach der Vorzugsvariante umfasst neue Kreuzungsbahnhöfe, Erhöhungen von Bahnsteigen, Unterführungen oder Überführungen, die Elektrifizierung und zweite Gleisabschnitte, die man für den Begegnungsverkehr braucht.
Bisher ist die Strecke komplett eingleisig. Laut Franke werden gemäß der DB-Netz-Studie vier Abschnitte mit zweiten Gleisen auf einer Gesamtlänge von 15,7 Kilometern benötigt (Einzelabschnitte von 3,4/ 4,1/5,6/2,6 Kilometern). Es werde eine schwierige Aufgabe, die zweiten Gleisabschnitte in dem „hochsensiblen Bereich“am Bodensee durchzusetzen. Auch technische Lösungen müssten gefunden werden, etwa für die Tunnel in Überlingen und Radolfzell.
Was den zeitlichen Ablauf betrifft, rechnet Franke mit insgesamt zehn Jahren Planung und fünf Jahren Bauzeit. Wenn man das Jahr 2019 als Startpunkt der Planung nimmt, könnten die ersten elektrischen Züge also ab etwa 2033 auf der Gürtelbahn fahren. Bis dahin wird sich die Situation auf der Strecke eher verschlechtern. Denn ab Ende 2021 wird der Verkehr mit der Fertigstellung der Elektrifizierung der Südbahn in Friedrichshafen gebrochen und mit der Fertigstellung der Hochrheinbahn (geplant 2026) auch noch in Radolfzell.
Franke hat zum Stand der Dinge einen detaillierten Bericht angefertigt, der jetzt in den Ausschüssen der Kreistage hätte diskutiert werden sollen. Coronabedingt sind diese aber ausgefallen. „Wir wollen die Ergebnisse möglichst bald in den Kreistagen vorstellen“, sagt Franke. Die nächste Kreistagssitzung ist im Bodenseekreis für den 28 Mai angesetzt. Franke hofft, dass es dann schon erste Ergebnisse von den Verhandlungen über die Planungskosten gibt. Das Projekt zu stemmen sei eine „heftige Größenordnung für die kommunale Ebene“, man müsse jetzt drüber diskutieren, ob das möglich sei oder nicht.