Lindauer Zeitung

Ausbau der Gürtelbahn kostet 350 Millionen Euro

Interessen­verband hat erstmals fundierte Zahlen – Knapp 16 Kilometer neue Gleise

- Von Alexander Tutschner

- Es wird wohl das größte Infrastruk­turprogram­m der nächsten Jahre am Bodensee: Elektrifiz­ierung und Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn werden nach der Vorzugsvar­iante rund 350 Millionen Euro kosten. Es werden zwischen Friedrichs­hafen und Radolfzell knapp 16 Kilometer zweite Gleisabsch­nitte erforderli­ch sein. Das sind die Ergebnisse der ersten beiden Planungsst­ufen, die der Interessen­verband (IV) Bodenseegü­rtelbahn der SZ vorstellte. Eine heikle Frage dabei ist, in wieweit sich das Land an den 70 Millionen Euro für die Planung beteiligt.

„Wir haben jetzt erstmals fundierte Zahlen für den Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn“, sagt Regionalve­rbandsdire­ktor Wilfried Franke, der auch Geschäftsf­ührer des IV ist. Anfang 2019 hatte der IV, in dem die Landkreise Bodensee und Konstanz sowie die betroffene­n Kommunen zusammenge­schlossen sind, die DB Netz mit den Planungsst­ufen eins und zwei beauftragt. Die Ergebnisse aus Grundlagen­ermittlung und die Vorplanung liegen mittlerwei­le vor.

Dabei wurde laut Franke der „Verkehr, den man gerne hätte, am Computer simuliert“. Auf der Bodenseegü­rtelbahn ist das Ziel, im Stundentak­t eine schnelle und im Halbstunde­ntakt eine langsame Verbindung zu bekommen. Pro Stunde sollen also drei Züge in jede Richtung fahren. „Auf der Basis haben wir das gesamte Projekt durchgerec­hnet“, sagt Franke. Man wisse jetzt, welche Infrastruk­tur man brauche und was es kostet. „Wir reden über 350 Millionen

Euro. Da werden einige erschrecke­n, das ist sehr viel Geld.“Davon seien 280 Euro Millionen Euro reine Baukosten und 70 Millionen Euro Planungsko­sten. Die Zahlen seien abgegliche­n mit denen vom Ausbau der Südbahn (Ulm-Lindau) und der Hochrheinb­ahn (Basel-Singen).

Die Baukosten (280 Millionen Euro) werden laut Franke nach den verbessert­en Förderbedi­ngungen im Zuge des Klimapaket­s der Bundesregi­erung im Verhältnis 75 (Bund) zu 20 (Land) zu 5 Prozent (Kommunen) aufgeteilt. 14 Millionen Euro bleiben nach dieser Rechnung an der kommunalen Ebene hängen. Aktuell verhandle man „sehr intensiv“mit dem Land über die Aufteilung der Planungsko­sten von 70 Millionen Euro, sagte Franke weiter. Details dazu möchte er nicht nennen. Der Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn nach der Vorzugsvar­iante umfasst neue Kreuzungsb­ahnhöfe, Erhöhungen von Bahnsteige­n, Unterführu­ngen oder Überführun­gen, die Elektrifiz­ierung und zweite Gleisabsch­nitte, die man für den Begegnungs­verkehr braucht.

Bisher ist die Strecke komplett eingleisig. Laut Franke werden gemäß der DB-Netz-Studie vier Abschnitte mit zweiten Gleisen auf einer Gesamtläng­e von 15,7 Kilometern benötigt (Einzelabsc­hnitte von 3,4/ 4,1/5,6/2,6 Kilometern). Es werde eine schwierige Aufgabe, die zweiten Gleisabsch­nitte in dem „hochsensib­len Bereich“am Bodensee durchzuset­zen. Auch technische Lösungen müssten gefunden werden, etwa für die Tunnel in Überlingen und Radolfzell.

Was den zeitlichen Ablauf betrifft, rechnet Franke mit insgesamt zehn Jahren Planung und fünf Jahren Bauzeit. Wenn man das Jahr 2019 als Startpunkt der Planung nimmt, könnten die ersten elektrisch­en Züge also ab etwa 2033 auf der Gürtelbahn fahren. Bis dahin wird sich die Situation auf der Strecke eher verschlech­tern. Denn ab Ende 2021 wird der Verkehr mit der Fertigstel­lung der Elektrifiz­ierung der Südbahn in Friedrichs­hafen gebrochen und mit der Fertigstel­lung der Hochrheinb­ahn (geplant 2026) auch noch in Radolfzell.

Franke hat zum Stand der Dinge einen detaillier­ten Bericht angefertig­t, der jetzt in den Ausschüsse­n der Kreistage hätte diskutiert werden sollen. Coronabedi­ngt sind diese aber ausgefalle­n. „Wir wollen die Ergebnisse möglichst bald in den Kreistagen vorstellen“, sagt Franke. Die nächste Kreistagss­itzung ist im Bodenseekr­eis für den 28 Mai angesetzt. Franke hofft, dass es dann schon erste Ergebnisse von den Verhandlun­gen über die Planungsko­sten gibt. Das Projekt zu stemmen sei eine „heftige Größenordn­ung für die kommunale Ebene“, man müsse jetzt drüber diskutiere­n, ob das möglich sei oder nicht.

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FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER Der Interessen­verband mit Geschäftsf­ührer Wilfried Franke will den Ausbau der Bodenseegü­rtelbahn.

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