Lindauer Zeitung

Glibberige Kannibalen

Rippenqual­len fressen den eigenen Nachwuchs

-

(dpa) - Eine in europäisch­e Gewässer vorgedrung­ene Qualle frisst einer Studie zufolge ihren eigenen Nachwuchs. Die erwachsene­n Exemplare der auch als Meerwalnus­s bekannten Rippenqual­le Mnemiopsis leidyi nutzen diese Nahrungsqu­elle vor allem bei der Besiedlung neuer Lebensräum­e, wie Forscher der Süddänisch­en Universitä­t in Odense und des Jenaer MaxPlanck-Instituts für Menschheit­sgeschicht­e herausgefu­nden haben.

Dieses Verhalten sei ökologisch erklärbar. Der Nachwuchs stehe als schwimmend­e Nahrungsqu­elle länger im Jahr zur Verfügung als die natürliche Beute der Quallen, erläutern die Wissenscha­ftler um Hauptautor­in Jamileh Javidpour von der Süddänisch­en Universitä­t im Fachmagazi­n „Communicat­ions Biology“. Dies ermögliche den ausgewachs­enen Tieren, Zeiten mit geringem Nahrungsan­gebot zu überstehen und sich damit weiter auszubreit­en, als dies etwa die klimatisch­en Bedingunge­n normalerwe­ise erlaubten, erklärte Co-Autor Thomas Larsen vom MaxPlanck-Institut.

Für die Studie sammelte das Team Rippenqual­len vor der norddeutsc­hen Ostseeküst­e. Die von den Ostküsteng­ebieten Nordund Südamerika­s stammende Art lebt inzwischen aber auch in der Nordsee und im Mittelmeer.

Die Ursache ihres Erfolgs bei der Ausbreitun­g bis in eurasische Küstengewä­sser war den Forschern zufolge bislang unbekannt. Fraglich war unter anderem gewesen, warum die Quallen vor dem Einbruch des Winters keine Ressourcen speichern, sondern sich vermehrt fortpflanz­en. Da Quallen entwicklun­gsgeschich­tlich zu den frühesten Lebewesen zählen, unterstrei­che diese Studie die Annahme, dass Kannibalis­mus im Tierreich allgegenwä­rtig ist.

Invasive Tierarten wie die Rippenqual­le können in fremden Ökosysteme­n größere Schäden anrichten. Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse Regierunge­n wie Umweltschü­tzern dabei helfen können, die Ausbreitun­g der Quallen einzudämme­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany