Römischer Ärger über Südtirols Alleingang
Die italienische Provinz öffnet Geschäfte, Museen und Bars – Ab Ende Mai sollen Hotelbuchungen möglich sein
- Dicke Luft zwischen Rom und Bozen: Die politisch autonome Provinz Südtirol geht einen Sonderweg und hat ohne Rücksprache mit der Zentralregierung Lockerungen beschlossen. Am heutigen Montag öffnen in Südtirol daher nicht nur sämtliche Bars und Restaurants, sondern auch Museen, Friseure und Schönheitssalons.
Am Ende des Monats, vom 25. Mai ist die Rede, können Reisende auch wieder Hotelzimmer buchen und Fahrkarten für die Seilbahnen kaufen. Die stark vom Tourismus abhängige Provinz soll schnell wieder zu einer relativen Normalität zurückkehren. Damit wagt Süditrol im Alleingang einen weiteren Schritt in Sachen Lockerungen. Auch die Provinz Trentino will die Maßnahmen etwas zurückfahren – allerdings in Rücksprache mit der Regierung in Rom.
Arno Kompatscher, Landeshauptmann von Südtirol, beklagt sich über die fehlende Unterstützung der Zentralregierung. Rom habe, so Kompatscher italienischen Medien gegenüber, „dem wochenlangen Drängen für regionale Handlungsspielräume nicht Gehör gegeben“. Aus diesem Grund, so Kompatscher, „haben wir uns für einen eigenen gesetzgeberischen Weg aus der Corona-Krise entschieden“. In offenem Widerspruch zur Zentralregierung, die Südtirol von den Maßnahmen abbringen möchte. Doch Bozen pocht auf seine verfassungsmäßig garantierten politischen Autonomierechte.
Die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte hat als frühesten Termin für weitere Lockerungen für Gaststätten, Friseure und anderen Branchen den 1. Juni angegeben. Immer unter der Voraussetzung, dass die Zahl an Neuinfektionen weiterhin niedrig bleibt. Weite Teile des Einzelhandels sollen hingegen ab dem 18. Mai wieder öffnen. Auch Museen und archäologische Grabungsstätten,
wie das Forum Romanum in Rom und Pompeji, sollen ab dem 18. Mai wieder zugänglich sein.
Die Provinzen Südtirol und Trentino verzichten, auch das entgegen der Bestimmungen aus Rom, auf die landesweit immer noch gültigen Vorgaben zum Ausfüllen von Selbsterklärungen. Diese müssen theoretisch auch weiterhin im Fall einer Kontrolle durch die Ordnungskräfte vorgelegt werden. Diese Selbsterklärungen geben Auskunft über Identität und Reiseziele.
Landeshauptmann Kompatscher erklärte am Wochenende, dass man die strenge Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen, wie Abstandhalten und das Tragen von Gesichtsmasken, überwachen werde. Auch Menschenansammlungen sind weiterhin in der Provinz Südtirol untersagt. Kompatscher verwies in mehreren Fällen auf die positiven Infektionswerte in Südtirol. Rom hingegen befürchtet, dass die eigenmächtige Öffnung Südtirols einen Nachahmereffekt auch in anderen Provinzen und Regionen auslösen könnte. Auch Venetien würde nur zu gern weitere Lockerungen ermöglichen. Doch noch hält sich die Regionalregierung zurück, in der Hoffnung, dass in den kommenden Tagen die Regierung Conte von sich aus weitere Lockerungen verkünden wird.
Noch sinkt landesweit, auch in der Coronavirus-Krisenregion Lombardei, die Zahl der Neuinfektionen. Der Trend hält seit einigen Tagen an. Doch die Berater von Regierungschef Conte, darunter angesehene Virologen, warnen vor zu vorschnellen Entscheidungen.
Offen ist die Frage, wie lange sich der auf Vorsicht setzende Conte dem Druck nach neuen Lockerungen durch einige Regionalpräsidenten, dem Unternehmerverband und den Mitte-rechts-Parteien widersetzen kann.
Noch sind Reisen von einer italienischen Region in eine andere nicht möglich, es sei denn, man kann professionelle, familiäre oder gesundheitliche Gründe nachweisen. Derzeit ist es also nicht erlaubt, für Urlaub in die Toskana oder nach Südtirol zu reisen. Provinzen wie Südtirol und Regionen wie Venetien fordern, dass diese Reisen so schnell wie möglich wieder möglich sein sollen. Doch die Regierung in Rom hält sich auch bei diesem Punkt zurück.