Ein Schlag ins Kontor der Kommunen
Städte und Gemeinden müssen mit Steuerausfällen in Millionenhöhe rechnen – Manches Projekt wird abgespeckt
- Kein Geld mehr in der Ladenkasse, weniger Lohn auf dem Gehaltskonto: Die Corona-Pandemie trifft viele Unternehmer, Selbstständige, Angestellte und Arbeiter finanziell hart. Die Seuche ist aber auch ein Schlag ins Kontor der Städte und Gemeinden. Denn Firmen, die nichts verdienen, bitten um Reduzierung oder Stundung der Gewerbesteuer-Vorauszahlung (siehe Infokasten) . Und in den kommenden Jahren dürften die GewerbesteuerEinnahmen nach Schätzungen von Volkswirten ohnehin wegen der Spätfolgen der Corona-Krise deutlich sinken.
Auch die Lohn- und Einkommensteuern, die zu 15 Prozent den Städten und Gemeinden zugutekommen, werden voraussichtlich einbrechen. Kommunen müssen heuer und in den folgenden Jahren mit viel weniger Geld auskommen als bislang geplant. Bei Allgäuer Städten könnten zweistellige Millionenbeträge fehlen.
Weil sich die Lage dramatisch zuspitzt, hat Oberstdorf sogar eine Haushaltssperre erlassen. Das heißt, die Marktgemeinde wird bis Ende Mai keine Ausgaben tätigen, die nicht zwingend notwendig oder aufschiebbar sind. Wie es danach weitergeht, ist noch offen. Oberstdorf ist besonders von der Pandemie betroffen, weil der Spitzenferienort in der Hauptsache vom Tourismus lebt. Derzeit sind aber alle Hotels, Pensionen, Bergbahnen und Gaststätten geschlossen.
Ganz so schlimm wie in Oberstdorf ist die Situation in anderen Allgäuer Kommunen noch nicht. Aber auch woanders muss an allen Ecken und Enden gespart werden. Kempten etwa nimmt pro Jahr um die 45 Millionen Euro Gewerbesteuer ein. Oberbürgermeister Thomas Kiechle rechnet jedoch damit, dass es heuer wegen Corona zehn Millionen Euro weniger sein werden. „Grundsätzlich“, sagt Kiechle, „werden wir aber an notwendigen Investitionen festhalten“. Dazu zählten Kindertagesstätten, ein Schulneubau oder eine Dreifachturnhalle: „Lieber nehmen wir Kredite auf, als nicht in wichtige Zukunftsbereiche zu investieren.“Kempten könne sich das leisten,
Jede Vorauszahlung beträgt grundsätzlich ein Viertel der Steuer, die sich bei der letzten Veranlagung ergeben hat.
Die Gemeinde kann die Vorauszahlungen der Steuer anpassen, die sich für den Erhebungszeitraum voraussichtlich ergeben wird. denn die Stadt habe aus den vergangenen Jahren eine solide finanzielle Ausgangslage: „Für heuer sind wir safe“, sagt Kiechle.
Aber was kommt in den nächsten Jahren? Diese Frage beschäftigt auch Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder. Er will noch keine Schätzung abgeben, wie hart die Steuerausfälle die Stadt treffen werden. Nur eines scheint relativ sicher zu sein: Memmingen muss große Projekte wie den Bau eines neuen Stadtbades samt Hallenbad neu bewerten. Soll heißen: Kleiner und billiger planen oder sogar verschieben. Das müsse der Stadtrat mit aller Sorgfalt entscheiden, sagt Schilder. Er versichert: „Wenn uns Unternehmen in der Corona-Krise um Reduzierung oder Stundung der Steuervorauszahlung bitten, werden wir kulant damit umgehen.“Nach einer Prognose des Deutschen Städtetages werden die Kommunen wegen Corona mit Steuereinbußen zwischen fünf und 20 Prozent zu rechnen haben. Das beunruhigt aber Stefan Bosse, Oberbürgermeister von Kaufbeuren, gar nicht mal übermäßig: „Wir sind eine relativ gewerbesteuerschwache Kommune. In der Finanzkrise 2008 und 2009 waren wir deshalb am geringsten betroffen.“
Wo also wenig Geld von Firmen reinkommt, kann auch nicht so viel wegfallen, wenn’s klemmt. Darauf hofft Bosse auch jetzt. Aber auch in Kaufbeuren dürfte bei einem Gewerbesteuer-Aufkommen von jährlich etwa 19 Millionen Euro die eine oder andere Million nun in den Wind zu schreiben sein. Deshalb sagt auch Bosse: „Pflichtaufgaben werden wir weiter erfüllen. Aber bei den freiwilligen Leistungen müssen wir genau schauen, was geht.“