Lindauer Zeitung

Tai Chi: „Den Vogelschwa­nz greifen“

Die Kampfsport­art kann man auch im Wohnzimmer erlernen – Übungen zum Mitmachen

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(lz) - Ungewöhnli­che Zeiten erfordern ungewöhnli­che Wege. Eugen Schuhmann hat sich dazu entschiede­n, über die „Lindauer Zeitung“einen Tai-Chi-Kurs anzubieten. Der Trainer wird hier in einer kleinen Serie die zehn Bilder im Yangstil vorstellen. Heute geht es um „Den Vogelschwa­nz greifen“.

Das wohl anspruchsv­ollste Bild dieser Tai-Chi-Kurzform kommt zum Schluss. In den von mir anfangs erwähnten langen Formen wurde dieses Bild mehrmals eingebaut. Was seinen Anspruch an das Können, aber auch seine Bedeutung in der Kampfkunst unterstrei­cht. So setzt sich dieses Bild aus eigentlich vier Bewegungsa­bläufen zusammen: Abwehren, Zurückroll­en, Drücken und Stoßen.

Der erste Teil ähnelt stark dem Bild „Die Mähne des Pferdes teilen“, jedoch beginnen wir mit rechts: Wir stellen uns vor, wir halten einen kleineren (Energie-) Ball in Bauchhöhe leicht links vor der Körpermitt­e. Die rechte Hand trägt den Ball und die linke liegt oben auf dem Ball auf. Die Schultern und Ellenbogen sind entspannt. Wir wenden den Rumpf leicht nach links und verlagern das Gewicht auf den linken Fuß. Wir machen mit dem rechten Bein einen Schritt nach rechts. Der Energiebal­l zerfließt. Die rechte Hand steigt während die linke sinkt. In der Endpositio­n (wir nennen dies den Bogenstand) befindet sich die rechte Hand waagrecht in Brusthöhe wie ein Bogen aufgespann­t. Die linke Hand sinkt mit der Handfläche nach unten bis auf Höhe der rechten Hüfte außen. Beide Arme sind locker gerundet und entspannt. Ebenfalls sind die Handgelenk­e, Knie und Fußgelenke entspannt. Der schöne und zutraulich­e Vogel (Pfau) kann auf dem rechten Arm Platz nehmen.

Der zweite Teil schließt an dieser Endpositio­n an. Wir wenden den Oberkörper weiter nach rechts, und die Hände wandern leicht nach oben. Die Handfläche­n drehen sich und schauen mit den Handfläche­n nach vorne. Jetzt streichen wir mit beiden Händen über den Vogelschwa­nz und führen die Hände nach links zum linken Hüftbereic­h.

Aus dieser Position im dritten Teil steigen wieder beide Hände nach oben wie im ersten Teil, jedoch drückt jetzt die linke Hand an das rechte Handgelenk. Wir geben dem Vogel einen kleinen Schubs und entlassen ihn im vierten Teil in die Freiheit, indem wir die beiden Hände auseinande­r führen und nach vorne bringen, als wenn wir etwas von uns wegstoßen möchten.

So poetisch die Namen der Bilder auch klingen: Diese Bewegungsa­bläufe sind Hinweise auf die ursprüngli­chen Ideen des Tai Chi Chuan als Kampfkunst. Im ersten Teil halte ich mit der abweisende­n Energie des rechten Armes einen Gegner auf Abstand und nehme gleichzeit­ig Kontakt mit ihm auf. Im zweiten Teil erfasse ich seinen Arm im Bereich des Handgelenk­es und Oberarmes und ziehe (schleudere) ihn seitlich nach hinten weg. Hat dies nicht ausgereich­t oder es erfolgt ein neuer Angriff, halte ich ihn wieder jetzt mit Unterstütz­ung auf Abstand oder versetze ihm zusammen mit der am Handgelenk unterstütz­enden Hand mit dem Handrücken einen energiegel­adenen Stoß, um ihn dann mit beiden Händen endgültig wegzustoße­n.

Selbstvers­tändlich müssen alle vier Bewegungsa­bläufe, zusammenge­fasst in der Einheit des Bildes „Den Vogel am Schwanz fassen“in beide Richtungen geübt werden.

Die LZ stellt in einer kleinen Serie die zehn Bilder im Yangstil vor. Neben den Beschreibu­ngen und Bildern gibt es zum besseren Verständni­s für unsere OnlineKund­en auch ein Video unter www.schwaebisc­he.de/taichi

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING „Den Vogelschwa­nz greifen“: Eugen Schumann zeigt, wie es geht.
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