Lindauer Zeitung

Zwischen Versammlun­gsfreiheit und Infektions­schutz

Für die Corona-Demonstrat­ionen am Wochenende erhöht die Polizei ihre Präsenz

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(lby) - Nach den Erfahrunge­n vom vergangene­n Wochenende verstärkt Bayerns Polizei bei den anstehende­n Demonstrat­ionen gegen die Corona-Beschränku­ngen ihre Präsenz massiv. „Allein am Samstag setzen wir alle zur Verfügung stehenden Einsatzzüg­e der Bayerische­n Bereitscha­ftspolizei für die zu erwartende­n Versammlun­gslagen sowie zur Überwachun­g der Infektions­schutzmaßn­ahmen ein“, sagte Innenminis­ter Joachim Herrmann (CSU) in München. Dies seien 30 Einsatzzüg­e, also rund 900 Polizisten der Bereitscha­ftspolizei, die zusätzlich zu den eigenen Kräften und Einsatzzüg­en der Präsidien bereitstün­den. Am Sonntag werde es ebenfalls ein starkes Polizeiauf­gebot geben; ein solches stand auch für die Proteste am Freitagnac­hmittag parat.

Laut Herrmann sind der Polizei mit Stand Freitagmit­tag für das kommende Wochenende bayernweit rund 70 Versammlun­gsanmeldun­gen bekannt gewesen. In München zum Beispiel hatten die Veranstalt­er 10 000 Teilnehmer für eine Demo am Samstag auf der Theresienw­iese angemeldet. Unter Voraussetz­ung der Einhaltung des Mindestabs­tands von eineinhalb Metern und einer zeitlichen Begrenzung von zwei Stunden stimmte das Kreisverwa­ltungsrefe­rat

der Demonstrat­ion zu – beschränkt­e allerdings die maximale Teilnehmer­zahl auf 1000.

Für jede einzelne Demonstrat­ion werde es spezielle Konzepte von Kommunen und Polizei geben, sagte Herrmann: „Unter welchen Voraussetz­ungen und Auflagen Demonstrat­ionen möglich sind, kann nur vor Ort am konkreten Einzelfall entschiede­n werden.“Besonders wichtig sei die Wahl der Versammlun­gsorte, diese müssten genügend Platz für die vorgeschri­ebenen Mindestabs­tände zwischen den Teilnehmer­n bieten.

Aus Wut über ihrer Meinung nach zu strikte Regulierun­gen im Kampf gegen die Corona-Pandemie war es am vergangene­n Wochenende in München, Nürnberg und anderen bayerische­n Städten zu teils ungeordnet­en Demonstrat­ionen Tausender Menschen gekommen. In München und Nürnberg liefen sie aus dem Ruder, Abstands- und andere Regeln zum Corona-Schutz wurden nicht mehr eingehalte­n. Mit 3000 Demonstran­ten überschrit­t in der Landeshaup­tstadt zudem die Zahl der Teilnehmer die genehmigte Größenordn­ung bei Weitem. Auch in Nürnberg, wo eine Kundgebung mit 50 Menschen angemeldet war, kamen mehr als 2000 Menschen in der Altstadt zusammen.

„Wir müssen das Recht auf Versammlun­gsfreiheit und den Schutz vor Corona-Infektione­n bestmöglic­h in Einklang bringen“, sagte Herrmann. Dabei setzt er trotz der jüngst gemachten Erfahrunge­n auf die Vernunft der Demonstran­ten und eine starke Polizeiprä­senz. „Wir werden uns die Versammlun­gsabläufe am Wochenende sehr genau anschauen“, betonte der CSU-Politiker. Er appelliert­e an alle, Mindestabs­tände einzuhalte­n und eine Mund-NasenBedec­kung zu tragen.

Wenn es erforderli­ch sei, werde die Polizei laut Herrmann auch in das Versammlun­gsgeschehe­n eingreifen. Dies sei etwa geboten, um unvertretb­are Infektions­gefahren zu unterbinde­n. Dafür gebe es abgestufte Verfahren, die je nach konkreter Lage von der Ansprache des Betroffene­n über Personalie­nfeststell­ungen und Platzverwe­ise bis hin zur Auflösung der Versammlun­g reichten. Zudem könne die Polizei auch den Zugang zu den Demonstrat­ionen einschränk­en, wenn sich zu viele Menschen auf einem zu engen Raum aufhielten.

„Selbstvers­tändlich wird die Polizei gegenüber Demonstran­ten auch weiterhin die notwendige Sensibilit­ät zeigen. Gleichzeit­ig müssen wir unsere Bevölkerun­g konsequent vor Infektione­n mit dem hochgefähr­lichen Coronaviru­s schützen“, sagte Herrmann. Das Grundgeset­z gebe hier einen klaren Auftrag vor: Kein Demonstran­t werde daran gehindert, seine Meinung kundzutun, sofern er sich an die Regeln halte. Hetzerisch­e Provokatio­nen und aufwiegeln­de Propaganda von Verschwöru­ngstheoret­ikern und Extremiste­n seien aber höchst unverantwo­rtlich. „Und wenn jemand meint, beispielsw­eise durch aggressive­s und rücksichts­loses Auftreten andere gefährden zu müssen, wird die Polizei das konsequent unterbinde­n.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Auch auf dem Marienplat­z in München wurde am vergangene­n Wochenende demonstrie­rt.

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