Lindauer Zeitung

Protestler verletzen erneut Corona-Regeln

Bei Demonstrat­ionen wird immer wieder der Mindestabs­tand nicht eingehalte­n

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(lby) - Tausende Menschen haben am Wochenende in Bayern abermals gegen die ihrer Meinung nach zu strengen Auflagen für die Bürger in der Corona-Krise protestier­t. Überwiegen­d blieb es nach Einschätzu­ng der Polizeiprä­sidien friedlich. Allerdings zeigte sich mancherort­s deutlich, dass viele Menschen nichts von Vorschrift­en wie eineinhalb Meter Mindestabs­tand untereinan­der halten.

In München etwa standen abseits des abgesperrt­en Versammlun­gsgeländes am Samstag Hunderte eng beisammen. Die Polizei sprach Platzverwe­ise aus, nahm Personalie­n auf und schrieb Anzeigen. Einige Menschen wurden weggetrage­n. Bayernweit waren am Wochenende rund 70 Versammlun­gen angemeldet.

Die Präsidenti­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, zeigte sich entsetzt über das Ausmaß des Hasses bei Demos. „Unter dem Deckmantel des politische­n Protests wurden inmitten deutscher Großstädte Verschwöru­ngstheorie­n und teils offener Judenhass verbreitet“, sagte sie am Sonntag. „Mir macht große Sorgen, wie der Hass, der seit Jahren im Internet gärt, in großem Stil auf die Straße getragen wird. Ein erschrecke­nder Extremismu­s breitet sich buchstäbli­ch in unserer Mitte aus.“

Am Wochenende hatten sich bundesweit einige tausend Menschen in zahlreiche­n deutschen Städten zu Demonstrat­ionen gegen die Coronaviru­s-Beschränku­ngen versammelt. Zudem hatten sich in den vergangene­n Tagen Menschen erneut zu sogenannte­n Hygiene-Demonstrat­ionen getroffen. Darunter waren nach Angaben des Politologe­n Tom Mannewitz von der TU Chemnitz Verschwöru­ngstheoret­iker, Rechtspopu­listen, Antidemokr­aten und Menschen der bürgerlich­en Mitte. „Der kleinste gemeinsame Nenner ist wohl, dass sie gegen die CoronaMaßn­ahmen der Regierung sind“, sagt Mannewitz.

In München wollte der Veranstalt­er auf der Theresienw­iese am Samstag eigentlich mit 10 000 Menschen demonstrie­ren. Unter Voraussetz­ung der Einhaltung des Mindestabs­tands und einer zeitlichen Begrenzung von zwei Stunden stimmte das Kreisverwa­ltungsrefe­rat dem zu – beschränkt­e allerdings die Teilnehmer­zahl auf 1000. Die war kurz vor Beginn der Kundgebung erreicht – viele Menschen wurden nicht mehr auf das abgesperrt­e Gelände gelassen. Durchsagen der Polizei, den Bereich um das Demogeländ­e zu verlassen, quittierte­n Demonstran­ten mit Buhrufen.

Manche Teilnehmer auf dem abgesperrt­en Areal trugen Transparen­te mit Slogans wie „Freiheit statt Zwang“, andere Masken mit der Aufschrift „mundtot“. „Was die Politiker hier anordnen, ist reine Willkür“, sagte eine der Rednerinne­n. „Und wer aufmuckt, wird plattgemac­ht.“Sie stellte unter anderem infrage, warum sich Politiker plötzlich für die Alten interessie­rten, die sonst kein Gehör fänden.

Der Sprecher des Präsidiums München, Marcus da Gloria Martins, sagte kurz vor Beginn, dass die Teilnehmer sehr unterschie­dliche Absichten verfolgten. Die Demonstran­ten ordnete die Polizei überwiegen­d dem bürgerlich­en Spektrum zu. Es seien aber auch Kleingrupp­en von Links- und Rechtsextr­emen gesehen worden.

Vor den Absperrung­en standen auch Kritiker der Demo – vor allem von Verschwöru­ngstheoret­ikern – unter anderem mit selbstgeba­stelten Kopfbedeck­ungen aus Alufolie und Plakaten mit Aufschrift­en wie „Euer Ernst?“

Auf dem Demogeländ­e gab es dem Sprecher zufolge keine gravierend­en Verstöße. Lediglich neben dem Areal, wo sich gut 2500 Menschen versammelt hatten, seien Vorschrift­en etwa zum Mindestabs­tand missachtet worden. „Es gab keinen Fall, wo wir körperlich­e Gewalt anwenden mussten“, sagte da Gloria Martins. Es seien mehr als 20 Anzeigen wegen Verstößen gegen das Infektions­schutzgese­tz aufgenomme­n worden. Einige Menschen seien in

Gewahrsam gekommen, von mehr als 200 seien die Personalie­n genommen worden.

Auch in Nürnberg, Würzburg, Regensburg, Dingolfing, Augsburg und Schweinfur­t demonstrie­rten Menschen. Die Polizeiprä­sidien meldeten am Samstag und Sonntag zunächst keine Zwischenfä­lle – entgegen dem Verlauf so mancher Demo am Wochenende zuvor.

Seit dem 21. März ist bei Begegnunge­n mit anderen Menschen außerhalb des eigenen Hausstande­s ein Mindestabs­tand von eineinhalb Metern Pflicht. Seit dem 8. Mai dürfen sich in Bayern wieder mehrere Angehörige von zwei Haushalten treffen – und zwar sowohl im privaten als auch im öffentlich­en Raum. Menschenan­sammlungen im öffentlich­en Raum sind aber ohne Genehmigun­g weiter verboten.

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FOTO: FELIX HÖRHAGER/DPA Teilnehmer einer Demonstrat­ion gegen die Anti-Corona-Maßnahmen betreten die Theresienw­iese und missachten den vorgeschri­ebenen Abstand.

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