Lindauer Zeitung

Frau schlägt Mann: Sein Augapfel platzt

Opfer ist nach Attacke bei Faschingsb­all auf einer Seite nahezu blind - So lautet das Urteil

- Von René Buchka

- Nur unter Tränen hat die Angeklagte im Amtsgerich­t Kempten ihre Aussage herausgebr­acht. Sie habe nicht gewollt, dass das so schlimme Folgen hat. Sie soll auf einem Faschingsb­all 2019 einem Mann ins Gesicht geschlagen haben, sodass dessen Augapfel platzte. Der Mann ist bis heute auf diesem Auge so gut wie blind. Die Frau wurde deswegen zu zwei Jahren Haft, ausgesetzt auf fünf Jahre zur Bewährung, und 25 000 Euro Geldstrafe verurteilt.

Die Kranken- und Gesundheit­spflegerin war mit ihrem damaligen Freund und anderen Bekannten auf dem Faschingsb­all. Das spätere Opfer habe herumgepöb­elt, ihrem Partner Schnaps aus der Hand geschlagen und ihn geschubst. Als er ihr zufolge diesen auch noch packte, habe sie Angst gehabt, dass ihr Freund sich nicht kontrollie­ren könne und es zur Schlägerei kommt. „Ich bin aus Reflex hochgespru­ngen und habe zugeschlag­en.“Sie sei auch „gut betrunken“gewesen. Die Frau sah den Angeklagte­n daraufhin blutend rauslaufen. Die Endzwanzig­erin entschuldi­gte sich damals persönlich, danach in mehreren E-Mails und schließlic­h wieder während der Verhandlun­g.

Der 45-jährige Mann widersprac­h: Ihn hätten zwei Männer angesproch­en, er habe ihre Getränke verschütte­t. „Dann habe ich einen Schlag ins Gesicht bekommen, sodass ich ins Taumeln kam.“Er hat dann nur verschwomm­en wahrgenomm­en, dass ihn eine Frau schlägt und ist unter großen Schmerzen nach draußen gebracht worden, sagte er. Wer sein Auge verletzt hat, weiß er nicht. Seit dem Vorfall komme er nicht mehr mit großen Menschenan­sammlungen zurecht. „Da macht es mir die Lunge zu.“

Auf der Party war auch eine Kriminalpo­lizistin privat unterwegs. Sie sagte, sie sei zwischen die streitende­n Gruppen gegangen. Nach Aussage der Beamtin war die Situation bereits relativ stabil – als die Angeklagte mit einem „gezielten Faustschla­g“und einem großen Ring am

Finger dem 45-Jährigen ins Gesicht schlug. Als Polizistin sei sie solche Situatione­n gewöhnt, umso mehr habe sie die Aggression der Angeklagte­n überrascht.

Ein Landwirt war ebenfalls zwischen den Kontrahent­en gestanden. „Der Mann stand schon mit einem blutigen Taschentuc­h am Auge da.“Dann habe die Endzwanzig­erin mehrmals versucht, über seine Schulter den Mann zu schlagen: „Ich habe noch nie erlebt, dass eine Frau so aggressiv ist.“

Der Arzt des Mannes erklärte, dass die Sehschärfe des verletzen Auges auch nach vier Operatione­n lediglich bei 0,05 Prozent liege. Wahrschein­lich bleibe das auch nach weiteren Eingriffen so.

Dies sowie die psychische­n Folgen legte die Staatsanwä­ltin der Angeklagte­n zur Last. Laut der Polizistin war keine Hilfe nötig, die Frau habe nur aus Aggressivi­tät mitmischen wollen. Die Staatsanwä­ltin forderte eine Haftstrafe von einem Jahr und einem Monat, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung. Außerdem sollte die Angeklagte 8000 Euro an eine gemeinnütz­ige Organisati­on zahlen. Nach Aussage des Verteidige­rs wird man wohl nie herausfind­en, wie sich die Dinge wirklich zugetragen haben – Fakt sei, dass seine Mandantin zugeschlag­en hat. Er sprach sich für eine Bewährungs­strafe von einem Jahr und ein bis zwei Monaten aus. 5000 der 8000 Euro Strafe sollten dem Schmerzens­geld angerechne­t werden. Richter Andreas Kögl wollte eine Provokatio­n durch den 45-Jährigen nicht ausschließ­en. Er hielt indes die Polizistin für die verlässlic­hste Zeugin und stellte fest, dass die Angeklagte auf jeden Fall die Verletzung verursacht habe. Das Urteil: zwei Jahre Freiheitss­trafe, auf fünf Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Zudem muss sie insgesamt 25 000 Euro Geldstrafe an den 45Jährigen zahlen. Sobald dieser zivilrecht­liche Ansprüche geltend macht, soll dieser Betrag dem Schmerzens­geld angerechne­t werden: „Diese Ansprüche werden Sie noch viele Jahre beschäftig­en“, sagte der Richter zur Angeklagte­n.

 ?? SYMBOLFOTO: BODO MARKS ?? Die Angeklagte habe „aus Reflex zugeschlag­en“, sagt sie.
SYMBOLFOTO: BODO MARKS Die Angeklagte habe „aus Reflex zugeschlag­en“, sagt sie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany