Heidenheim siegt und setzt Stuttgart unter Druck
1. FCH gewinnt das erste Geisterspiel seiner Vereinsgeschichte gegen Wehen Wiesbaden
- Am Ablauf des Spiels haben sie in der Voith-Arena nichts geändert, das verkündete der 1. FC Heidenheim den Journalisten schon vorher. Also schmetterte am Freitagabend um 18.23 Uhr die herzerfrischende Vereinshymne vom Band, auch wenn die letzte Strophe wie sonst keiner a capella sang, weil ja kein Fan da sein durfte und sich so in Stimmung für seinen FCH bringen konnte, bevor die Mannschaften einlaufen, diesmal ohne Zuschauer und unter strengen Hygienemaßnahmen getrennt. Erst der FCH, dann Wehen Wiesbaden, im ersten Geisterspiel in Heidenheim.
Unter normalen Umständen kann die Heidenheimer Spielstätte ein Hexenkessel sein. Hier gab es unter pushenden Zuschauern und durch die dichte Bauweise des Stadions, die an englische Arenen erinnert, schon berüchtigte Aufholjagden. Und dann gibt es da noch diesen pushenden Frank Schmidt. Beim Trainer des FCH brauchte es auch bei der Geisterkulisse am Freitag keine Viertelstunde, und er war in seinem Modus des Wirblers an der Seitenlinie, fuchtelte mit den Armen, trieb an. Nach 90 Minuten jubelte er über das 1:0 in einem intensiven Spiel. „Wir mussten viel investieren, es war schwer – auch mental“, meinte der Trainer.
Durch die andere Akustik im Stadion war zu Beginn etwas zu hören, was für gewöhnlich im Krach untergeht: „Männer, lasst den Ball mehr laufen.“Denn wenn der läuft, muss der Gegner laufen. Doch in den ersten Minuten, in denen Schmidt erste
Kommandos reinrief, mussten seine Mannen mehr hinterherlaufen, der Abstiegskandidat aus Wiesbaden spielte forsch auf. Maximilian Dittgen knallte den Ball nach zwölf Minuten ins Fangnetz vor der verwaisten Heidenheimer Osttribüne. Auf der Haupttribüne hatte der FCH auf einigen Plätzen Trikots über Klappsitze gespannt. Stille Unterstützung. Ansonsten gab es in der Pause, vor und nach dem Spiel wie immer musikalische Unterhaltung und währenddessen Einblendungen auf der Anzeigetafel. Nur „Paule“, das Maskottchen, durfte laut DFL-Hygienekonzept nicht einlaufen und winken.
Insgesamt ging es in der ersten Halbzeit aber auch ohne viel Lärm hin und her, das Tempo des Spiels war hoch und ansehnlich – auch ohne die großen Torchancen. Heidenheims beste Szene hatte Robert Leipertz, dessen Ball gerade noch von Niklas Dams geblockt wurde (33.). Leipertz stand auch bei der bis dato größten Heidenheimer Möglichkeit im Mittelpunkt: Nach einem Flachschuss von Niklas Dorsch wehrte Wiesbadens Torwart Heinz Lindner nach vorne und dann noch einmal in höchster Not ab, gegen jenen Leipertz (61.). Heidenheim hatte die
Partie in der zweiten Halbzeit im Griff, drückte aufs Tempo – und erhielt die Belohnung nach einem ruhenden Ball. Als alle dachten, der Freistoßexperte Marc Schnatterer nimmt Maß, zog der zehn Minuten zuvor eingewechselte Tobias Mohr ab und zirkelte den Ball über die Mauer ins rechte obere Toreck zum 1:0 (70.).
Danach half dem FCH der Videobeweis, der zuletzt Wiesbaden zum Sieg gegen den VfB Stuttgart verhalf. Nach dem Schuss von Törles Knoll hieß es nur kurz 1:1, nach Einsicht der Bilder im nun wirklich mucksmäuschenstillen Stadion erkannte Schiedsrichter Timo Gerach eine Abseitsposition von Wiesbadens Manuel Schäffler (80.). „Das war ärgerlich“, sagte Wiesbadens Trainer, der die Entscheidung aber akzeptierte. Es kam noch ein bisschen was von Wiesbaden, doch Heidenheim verteidigte den Sieg über die Zeit.
In der Heimtabelle und dem kompletten Ranking sind die Heidenheimer Tabellenvierter. Bis auf einen Punkt ist der FCH an den VfB herangerückt. „Wir haben unsere Aufgabe erfüllt und können jetzt zwei Tage entspannt Fußball schauen“, sagte Leipertz bei Sky.