„Menschenverachtend“nennt der Richter die Tat
Landgericht verurteilt drei Angeklagte wegen Vergewaltigung einer 14-Jährigen zu mehrjährigen Freiheitsstrafen
- Im Prozess um die Vergewaltigung einer 14-Jährigen im vergangenen November in Laupheim ist nun vor dem Landgericht Ravensburg das Urteil gefällt worden. Demnach müssen die drei Angeklagten mehrere Jahre ins Gefängnis: die beiden 19 und 21 Jahre alten Brüder aus Syrien jeweils für dreieinhalb Jahre, der 33-jährige Deutsche für drei Jahre und zehn Monate. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass die Männer die Jugendliche zunächst mit Alkohol und Drogen wehrlos gemacht und anschließend vergewaltigt haben. Ihre 13-jährige Freundin musste einen Teil der Taten mit ansehen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Im Saal des Landgerichts herrscht angespannte Stimmung. Ein paar der Anwälte unterhalten sich murmelnd, andere warten sichtlich nervös auf den Beginn der Urteilsverkündung. Dann werden die Angeklagten in Handschellen hereingeführt. Sofort wird es unruhig im Saal. Kameras richten sich auf sie, die Männer bedecken ihre Gesichter mit Pullis und den Händen. Als die Richter den Raum betreten, erheben sich alle – jetzt ist es mucksmäuschenstill.
Mit dem Urteil endet der Prozess um die Vergewaltigung des 14-jährigen Mädchens und den sexuellen Missbrauch ihrer 13-jährigen Freundin. Im November waren die beiden Jugendlichen abends unterwegs und trafen sich mit den drei Angeklagten. Diese fuhren mit ihnen in eine Garage in einem Solarpark, wo sie Alkohol und Drogen konsumierten. Als sie die 14-Jährige damit gefügig gemacht hatten, vergingen sich die drei Männer an ihr. „Diese Nacht endete in einer Katastrophe“, sagt der Vorsitzende Richter Franz Bernhard.
Die angeklagten Männer hatten zunächst behauptet, das Alter der Mädchen nicht gewusst und die sexuellen Taten mit der Zustimmung des Mädchens begangen zu haben. „Das kaufen wir Ihnen nicht ab“, sagt Richter Bernhard bei der Urteilsbegründung. Dass die beiden Mädchen minderjährig waren, sei durchaus zu erkennen gewesen – außerdem sei es auch mehrmals zur Sprache gekommen.
Auch sei der Zustand der 14-Jährigen, die durch den hohen Alkoholkonsum
und die Drogen deutlich berauscht gewesen sei, für alle Anwesenden erkennbar gewesen. „Alle haben den Konsum gebilligt, niemand hat interveniert, obwohl sie eindeutig minderjährig war“, sagt der Richter. An dieser Stelle wird seine Stimme laut: „In diesem Zustand kann niemand davon ausgehen, dass sie den Taten zugestimmt hätte.“Die Taten der Männer, die teilweise vor den Augen der 13-Jährigen verübt wurden, nennt er „menschenverachtend“.
Der 19-jährige Angeklagte sitzt während der Urteilsverkündung vornübergebeugt auf seinem Stuhl und schaut auf den Boden. Ihn verurteilt das Gericht nach dem Jugendstrafrecht.
Er habe bereits in Syrien Probleme gehabt und nach seiner Flucht nach Deutschland nie Fuß gefasst. Außerdem seien Stimmungsschwankungen von einem Extrem ins andere keine Seltenheit, stellt das Gericht fest. „Wir erkennen hier erhebliche Reifedefizite“, führt der Richter in der Urteilsbegründung aus. Nach diversen vorherigen Vorstrafen und Urteilen – das letzte zwei Tage vor der Vergewaltigung – zeige der Angeklagte sich völlig uneinsichtig.
Ein Problem neben fehlender Bildung, Aggressionen und dem Konsum von Suchtmitteln sei auch das Frauenbild des Mannes. „Er sieht Frauen als Ware an, die machen sollen, was er will.“Eine vorzeitige Entlassung hält der Richter deshalb für sehr unwahrscheinlich. Die Schuld müsse zunächst aufgearbeitet werden, aber das gehe nicht, weil der Angeklagte nicht kritikfähig sei. Eine Therapie würde somit keinen Sinn ergeben. „Die Erfolgsaussichten sind nicht gegeben“, sagt der Richter. „Nutzen Sie die Zeit und arbeiten Sie an sich“, richtet er sich direkt an den Angeklagten. Der wiederum reagiert nicht.
Der Bruder dagegen, der kurz nach der Tat 21 Jahre alt geworden ist, sei wesentlich reifer. „Hier besteht kein Zweifel, dass nach dem Erwachsenenstrafrecht gehandelt wird“, sagt der Richter. Er wird, genau wie sein Bruder, zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.
Der 33-jährige Deutsche erhält eine längere Strafe von insgesamt drei Jahren und zehn Monaten, da die Drogen – Marihuana und Amphetamine
– in seinem Besitz waren. Er sei bereits seit Jahren drogenabhängig und soll deshalb in eine Entziehungsanstalt eingewiesen werden. Erfolgsaussichten seien bei ihm gegeben. „Er wäre in der Lage, eine Therapie zu machen und seine Taten zu reflektieren“, urteilt der Richter. Das sei zwar schwierig, aber wenn der Angeklagte sein Drogenproblem löse, könne er vielleicht wieder Fuß fassen. er aufmerksam Der 33-Jährige zu, schaut hört dem ihn an, Richft ab und zu nickt er.
Zwei weitere Männer im Alter von 27 und 34 Jahren sollen in der Garage im Solarpark anwesend gewesen sein. Gegen sie wurde wegen unterlassener Hilfeleistung und wegen Drogendelikten ermittelt. Sie sind nach wie vor auf freiem Fuß, weil, wie es hieß, die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht erfüllt sind.
Sowohl die Befragung der beiden Mädchen, die als Nebenkläger auftraten, als auch die Plädoyers fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Vorgänge in diesem Fall seien sehr ungewöhnlich und höchst problematisch, sagt der Richter bei der Urteilsverkündung. Wegen eines Streits hätten die beiden Mädchen vorgehabt, in der Nacht nicht nach Hause zurückzukehren. Dann trafen sie auf die Männer, die „ihre Freizeit nicht sinnvoll gestalten“, wie der Richter sagt. „Diese Nacht konnte nicht gut ausgehen.“Hinterher sei es zwar leicht, klug daherzureden. „Aber Jugendliche, die sich nachts rumtreiben, begeben sich in Gefahr“, mahnt Bernhard. Das sei kein Vorwurf, sollte aber allen jungen Menschen bewusst sein.