Lindauer Zeitung

Corona: Auch RRPS meldet Kurzarbeit an

500 Mitarbeite­r betroffen – Motorenbau­er verzeichne­t Auftragsei­nbrüche

- Von Martin Hennings

- Auch bei Rolls-Royce Power Systems hinterläss­t die Coronakris­e deutliche Spuren. Aufträge bleiben aus, Monteure dürfen nicht mehr reisen. Um den Arbeitsaus­fall auszugleic­hen, hat der Motorenbau­er ab 1. Juni Kurzarbeit angemeldet. Zunächst sind 500 Beschäftig­te betroffen.

Weil das Virus und die Schutzvors­chriften eine Betriebsve­rsammlung unmöglich machen, sind die RRPS-Mitarbeite­r am Dienstag und Mittwoch in vier virtuellen Bereichsve­rsammlunge­n per Videoschal­te informiert worden. Vor der Kamera: Vorstandsc­hef Andreas Schell, Betriebsra­tsvorsitze­nder Thomas Bittelmeye­r und Helene Sommer, Zweite Bevollmäch­tigte der IG Metall Friedrichs­hafen-Oberschwab­en. Dabei gab Schell dem Vernehmen nach einen kurzen Einblick in die aktuelle Lage des Unternehme­ns. Demnach hat die Krise auch RRPS erreicht. Wenn keine Fähren und Züge mehr fahren, Großbauste­llen stillstehe­n, Frackingan­lagen angesichts eines sehr niedrigen Ölpreises nicht mehr rentabel sind, Servicemon­teure ihre Kunden nicht mehr besuchen können und Messen weltweit ausfallen, dann hat der Motorenbau­er und Systemanbi­eter RRPS mit seiner Kernmarke MTU ein Problem. Man verzeichne Auftragsei­nbrüche im niedrigen zweistelli­gen Prozentber­eich, so der Konzern, in einzelnen Segmenten sogar bis zu 37 Prozent. Man sei deshalb gezwungen, „die Arbeitslei­stung den tatsächlic­hen Verhältnis­sen anzupassen“, sagte RRPS-Sprecher Christoph Ringwald auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Zunächst seien nur der Vertrieb und der Service betroffen. Rund 500 Mitarbeite­r müssen dort ab 1. Juni in

Kurzarbeit. Ringwald wollte nicht ausschließ­en, dass zu einem späteren Zeitpunkt auch andere Bereiche betroffen sein könnten. Er betonte, dass Kurzarbeit kein Instrument sei, um Geld zu sparen und die Zahlungsfä­higkeit zu sichern. Dem dienten andere Entscheidu­ng: zurückhalt­ender Umgang mit Investitio­nen und Dienstreis­en, zehnprozen­tiger Gehaltsver­zicht des Topmanagem­ents und freiwillig­e zehnprozen­tige Gehaltsver­schiebung der Führungskr­äfte.

Auch Helene Sommer von der IG Metall legt Wert auf die Feststellu­ng, dass Kurzarbeit „kein Sparinstru­ment ist, sondern ein Instrument, um Beschäftig­ung zu sichern“. Die Krise sei mit Verzögerun­g bei RRPS angekommen. Nun gelte es, alles dran zu setzen, sie so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.

Betriebsra­tschef Bittelmeye­r erinnert daran, dass die MTU mit Kurzarbeit weniger Erfahrung habe als andere Konzerne in der Region. Im Jahr 1991 musste der Motorenbau­er demnach zuletzt zu diesem Mittel greifen. Im aktuellen Fall erhält jeder Mitarbeite­r übrigens mindestens 85,5 Prozent seines Nettolohns. Das heißt, dass das Unternehme­n einen Teil der Lücke schließt, die durch die Kurzarbeit entsteht. Eine entspreche­nde Regelung des

Tarifvertr­ags für Baden-Württember­g ist mittels einer Betriebsve­reinbarung auf alle 6900 RRPS-Beschäftig­ten in Deutschlan­d ausgeweite­t worden.

Thomas Bittelmeye­r nutzte die Bereichsve­rsammlunge­n für eine Breitseite gegen die Konzernmut­ter Rolls-Royce in England. Die sei auf dem besten Weg in den Konkurs und solle die Tochter am Bodensee „in Ruhe lassen. Dann sind wir auch gern bereit zu helfen.“Der Börsenwert von Rolls-Royce betrage derzeit nur 6,1 Milliarden Euro. Die MTU habe beim letzten Verkauf 4,8 Milliarden Euro gekostet, die RRVerteidi­gungsspart­e taxierte er auf etwa drei Milliarden Euro. „Das heißt, dass die beiden Töchter mehr wert sind als das Gesamtunte­rnehmen“, das vor allem vom Triebwerks­bau lebt. „Die sollen erst mal dieses Geschäft in den Griff kriegen“, schimpfte Bittelmeye­r mit Blick auf hohe Verluste bei RollsRoyce.

Helene Sommer nannte RRPS gegenüber der „Schwäbisch­en Zeitung“ein „hochprofit­ables und gesundes Unternehme­n“. Die Gewerkscha­ft werde sich deshalb dagegen wehren, wenn der Versuch unternomme­n werden sollte, „auf dem Rücken der MTU und ihrer Zukunft andere Konzerntei­le zu sanieren“.

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Mitarbeite­r von Rolls-Royce Power Systems montieren ein MTU-Bahn-Power-Pack. Auch RRPS geht jetzt in Kurzarbeit.

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