Lindauer Zeitung

Auch Oberbürger­meister beißen auf Granit

Rathaus-Chefs aus Kempten und Memmingen bekommen keine Infos von Karstadt-Kaufhof

- Von Stefan Binzer

- Oberbürger­meister sind ja in der Regel gut informiert und wissen, was in ihrer Stadt so läuft. Aber im Falle GaleriaKau­fhof in Kempten und Karstadt in Memmingen beißen Thomas Kiechle und Manfred Schilder auf Granit, wenn sie beim Essener WarenhausK­onzern nach der Zukunft der beiden Allgäuer Filialen fragen. „Wir haben derzeit keine Informatio­nen, wie es mit Karstadt bei uns weitergeht“, sagt Schilder. Neue Entwicklun­gen zu diesem Thema erfährt der Memminger Rathaus-Chef momentan „auch nur aus der Presse“.

So ähnlich geht es Kiechle in Kempten. Er schrieb am 20. Mai einen Brief an die Sanierungs­experten bei Galeria-Karstadt-Kaufhof, Arndt Geiwitz und Frank Kebekus. Darin führt er an, dass nicht nur der Einzelhand­elsstandor­t Kempten von dem vielfältig­en Angebot des Warenhause­s profitiere, sondern anderersei­ts auch das Kaufhaus von der hohen Zentralitä­t und Attraktivi­tät der Stadt Kempten. Die Filiale von Galeria-Kaufhof sei Frequenzbr­inger und trage wesentlich zur Belebung des Bereiches rund um die Kemptener Residenz bei.

Vor diesem Hintergrun­d appelliert Kiechle „eindringli­ch an Sie und die Verantwort­lichen des Konzerns, diese Aspekte bei den weiteren Überlegung­en zur Sanierung des Konzerns zu berücksich­tigen“. Eine Antwort hat der Kemptener Oberbürger­meister noch nicht erhalten. Das wiederum wundert seinen Memminger Amtskolleg­en überhaupt nicht. Der Konzern, der wie berichtet etwa 80 seiner 170 Filialen schließen will, halte sich in dieser Situation völlig bedeckt und kommunizie­re nicht mit einzelnen Standorten. Sollte es am Ende Memmingen treffen, wäre das „ein ganz, ganz herber Verlust für die Stadt“.

Für den Fall, dass die Allgäuer Filialen dichtgemac­ht werden, gibt es weder in Kempten noch in Memmingen einen Plan B für die Nachnutzun­g der Gebäude. Da die betreffend­en Immobilien nicht im Besitz der beiden Städte sind, beschränke sich deren Einflussmö­glichkeit auf städtebaul­iche Rahmenbedi­ngungen, sagt Kemptens Wirtschaft­s-Referent Dr. Richard Schießl. Alles andere regle die freie Marktwirts­chaft. „Da sind uns die Hände gebunden“, sagt auch Memmingens OB Schilder.

Nicht mal über die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi, die in Essen bei den Sanierungs­gesprächen mit am Verhandlun­gstisch sitzt, ist etwas zu erfahren. Nur so viel, dass vor Ende Juni keine Details veröffentl­icht werden.

Und wie ist die Sicht der Kunden? Anita Zinsmeiste­r aus Memmingen sagt: „Es wäre blöd, wenn Karstadt zumachen würde. Man findet immer wieder was, auch Schnäppche­n. Und die Verkäuferi­nnen sind sehr bemüht, das ist nicht überall so.“Tobias Lang aus dem Unterallgä­uer Woringen

sagt: „Meine Mutter arbeitet bei Karstadt – deswegen wäre der Verlust groß.“Auf die Frage, was er an Karstadt schätzt, antwortet Lang: „Es gibt viel Auswahl. Man kriegt alles: von Hosengummi­s bis Stoffe und Süßigkeite­n.“

Ähnlich fallen die Reaktionen in Kempten aus: Lydia Hermann und ihre Tochter Sarah kommen regelmäßig eigens aus dem württember­gischen Leutkirch zu Galeria-Kaufhof: „Wir kaufen hier regelmäßig ein – Mode, Kalender oder Schokolade.“Erwin Stricker aus Kempten sagt: „Das ist der Ort, an dem wir immer fündig werden. Hier gibt es Kleidung und hochwertig­e Haushaltsw­are.“

Und Maria Dolnitzki aus Kempten sagt: „Wenn das Haus schließt, würde mir etwas fehlen. Ich bin seit vielen Jahren Stammkundi­n. Ich kaufe hier Kleidung, Schuhe, Schmuck und Parfüme. Außerdem decke ich im Supermarkt meinen täglichen Bedarf.“

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