Lindauer Zeitung

Erlaubt ist, was gefällt

Die neue Männermode erlebt eine Emanzipati­on – Anzüge werden zum Beispiel ganz lässig getragen

- Von Benjamin Freund

(dpa) - Mode ist ein Spiegel gesellscha­ftlicher Debatten. Das sieht man auch der aktuellen Männermode an. Typisch männliche Elemente braucht sie nicht mehr – vielmehr ist erlaubt, was gefällt und die Vielfalt ausdrückt, die in jedem Menschen steckt. Nicht nur Frauen durchleben im Moment intensiver als noch vor einigen Jahren eine Emanzipati­on. „Auch viele Männer haben darauf gewartet, durch die Mode ihre innere Feminität herauslass­en zu können“, sagt Gerd Müller-Thomkins, Geschäftsf­ührer des Deutschen ModeInstit­uts in Köln. Selbst auf den Laufstegen der Modeschaue­n werden männliche Models nicht mehr wie Machos inszeniert.

Die Mode der 1980er-Jahre ist zurück

In der Mode im Handel fällt das konkret bei den Farben auf: Divers bezeichnet sie Patrick Pendiuk, Leiter des Online-Ressorts Mode des Männermaga­zins „GQ“. „Bei den Anzügen wird mitunter viel mit soften Farben gearbeitet: Pastelltön­e, OffWhite, Rosa, Creme.“Das geht einher mit einem anderen Anzug-Trend – aber mehr dazu später.

Für Pendiuk erleben die 1980erJahr­e in der Männermode ein Comeback. Dazu gehören glänzende Stoffe. „Das reicht von Nylon bis hin zu glänzendem Satin und Seidenstof­fen“, so der Modeexpert­e.

Und das auch an Teilen, die bisher traditione­ll in anderen Stoffen geschneide­rt wurden: Die Workwearho­se nennt Prof. Claus Bortas von der Akademie für Mode und Design in Berlin als Beispiel. Ursprüngli­ch wurde sie aus dickem Twill oder Denimstoff gemacht, jetzt werde ein leichter Satin verwendet.

Praktisch sollen die Outfits dennoch sein. So lässt sich eine Tunika zum Beispiel mit schweren OutdoorSan­dalen kombiniere­n. „Funktional­ität mit schickem Design“, nennt Prof. Bortas das. Auch sportlich dürfen die Outfits wirken, gefragte Elemente sind etwa die Saharajack­e oder die Cargohose.

Lässige Anzüge in ganz neuen Farben

Modisch wünschten sich die Menschen im Moment mehr „Entspannun­g und Bewegungsf­reiheit“, erklärt Müller-Thomkins. Darauf reagieren die Designer etwa mit weniger steifen Anzügen, die vielmehr eine Lässigkeit besitzen, „als ob man eben darin Joggen gehen könnte“, ergänzt Prof. Bortas.

Und hier kommen auch wieder die für die Männermode neuen Farben ins Spiel: Statt Schwarz, Grau und Blau tragen sie nun auffällige Farben wie Maisgelb oder Tannengrün oder als ganz dezente Alternativ­e Pastelltön­e. „Das kann dann ein blauer Anzug in Kombinatio­n mit einem pastellige­n Blau oder sogar Roséton sein“, nennt Pendiuk ein Beispiel.

Kurze Hosen beim einfarbige­n Sommeranzu­g

Weniger steif zum Sakko wirken im Sommer auch die weiterhin angesagten kurze Anzughosen. Genau, richtig gelesen! Kurze Hosen waren für Männer lange nur in der Freizeit tragbar – seit einiger Zeit aber versucht die Modewelt, sie auch in der Geschäfts- bzw. der Bürowelt zu etablieren. So auch in diesem Jahr. „Während die lange Hose aber schmal und locker bleibt, dehnt sich die kurze Hose aus und wird weiter“, erklärt Pendiuk.

Farblich von den Naturtönen inspiriert

Insgesamt sind natürliche Farben angesagt – eine Folge der Diskussion rund um mehr Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit. Man sieht viele Gewürzund Tabak-Töne. Prof. Bortas erwartet, dass zudem die Farbe Grün im Laufe der Saison noch wichtig werden könnte, und zwar in allen Schattieru­ngen.

„In einer Zeit, in der viele Menschen die Befürchtun­g haben, dass die Umwelt ganz verschwind­et, versucht man sich eben stilistisc­h mit der Natur zu vernetzen: Nature Networking“, erklärt Mode-InstitutsC­hef Müller-Thomkins diese Farbwahl.

Ein Must-have der Sommersais­on für Männer haben die Experten auch schon ausgemacht: „Revershemd­en werden indiskutab­el wichtig sein“, drückt es Pendiuk etwas komplizier­t aus. Dieses Hemd hat eine kastenförm­ige Passform und wird oft in bunten Farben und wilden Mustern angeboten.

T-Shirt als Alternativ­ne zum Hemd

Wer sich weder mit einem Hemd, noch etwa mit Blumenmust­ern anfreunden kann, für den sind die sogenannte­n Normcore-Shirts eine Alternativ­e. Normcore steht für Unisex-Mode, die sich durch unauffälli­ge Kleidung auszeichne­t. Bei den Shirts heißt das etwa, dass man TShirts von keinen bekannten Marken trägt.

Ansonsten sind weiterhin angesagt „klassische Oberhemden, die überweit und gerade geschnitte­n sind“, sagt Pendiuk. „Sie werden nicht in die Hose gesteckt, sondern als luftige und schlichte Kleidung getragen.“

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Die Sportlichk­eit bleibt angesagt: Der neueste Dreh der Designer ist ein Mix aus Sahara- und Cargo-Outfits.
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Es muss ja nicht gleich rosa sein: Die modernen Sommeranzü­ge haben oft eine kurze Hose.
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FOTOS: ROY ROBSON/DPA Grün in allen Schattieru­ngen könnte die neue Trendfarbe der Männermode werden.
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Weniger steife Anzugvaria­nten – hier ganz sportlich im Outdoorloo­k – werden in Unifarben getragen.

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