Schnitzel landet seltener auf dem Teller
Fleischkonsum der Deutschen sinkt – Die Corona-Krise verändert das Essverhalten
- Das Ende der Wurst – nein das ist es nicht. Doch jeden Tag Salami, Schnitzel oder anders Fleischiges? Das schmeckt nur noch 26 Prozent der Deutschen. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren galt das noch für 34 Prozent der Bundesbürger. Das sind Zahlen aus dem Ernährungsreport 2020, der zeigen soll, wie Deutschland isst.
Am Freitag hat Bundesagrarministerin Julia Klöckner ihn vorgestellt. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat dafür im vergangenen Dezember, Januar und mitten in der CoronaKrise im April 1000 Verbraucherinnen und Verbraucher ab 14 Jahren befragt. Das Institut führt diese repräsentative Umfrage seit 2015 jedes Jahr durch. Doch dieses Jahr, im Jahr der Pandemie, ist einiges anders. „Grundsätzlich hat Corona das Essverhalten verändert“, sagte Klöckner.
Restaurants waren lange Zeit dicht. Menschen fürchten grundsätzlich um ihre Gesundheit, auch um ihre Jobs und die Zukunft an sich. Zahlreiche Arbeiter steckten sich in Schlachthöfen mit Covid-19 an, furchtbare Zustände wurden in den Fleischfabriken offenkundig. Worauf kommt es den Deutschen zur Zeit beim Essen an? Vier Ergebnisse:
Erstens: Die eigene Küche wird beliebter. 30 Prozent der Befragten kochen in der Corona-Krise öfter als zuvor zu Hause – nur drei Prozent bereiten sich seltener als vor der Krise selbstgekochte Spreisen zu. 28 Prozent essen häufiger gemeinsam mit ihren Haushaltsmitgliedern, 21 Prozent kochen häufiger gemeinsam. Und 20 Prozent geben an, dass sie häufiger frische Zutaten verwenden.
Denn zweitens sind Salat, Tomaten und Co. besonders begehrt, auch Bananen und Äpfel. So kommen bei 70 Prozent der Befragten jeden Tag Obst und Gemüse auf den Tisch. Entscheidender Grund ist dabei für 94 Prozent die Gesundheit. Bei 64 Prozent gehören auch Milch, Joghurt, Käse oder andere Milchprodukte täglich dazu. Fünf Prozent geben wie schon in den Jahren zuvor an, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren.
Dafür bezeichnen sich mittlerweile 55 Prozent der Bundesbürger als Flexitarier, also als Person, die sich überwiegend vegetarisch ernährt, aber auch gelegentlich hochwertiges, biologisch produziertes Fleisch zu sich nimmt.
Und vielen schmeckt – drittes Ergebnis – die Heimat sozusagen besonders: Mit der Corona-Krise habe, so Klöckner, „unsere heimische Landwirtschaft, die Versorgung mit Lebensmitteln aus der Region“gewonnen. „Es sei „ein neues Bewusstsein für Lebensmittel entstanden – und für die Arbeit derjenigen, die sie produzieren“. In Zahlen: Vier von fünf Befragten legen Wert darauf, dass ein Lebensmittel aus der Region kommt. Mehr als jede dritte befragte Person gibt an, dass die Landwirtschaft für sie an Bedeutung gewonnen hat.
Dabei zählt – viertens – ein schon länger zu beobachtender Trend: Das Wohl der Tiere, die Schnitzel, Milch und Eier liefern, halten viele für wichtig. So wünschen sich 81 Prozent der Befragten ein staatliches Tierwohllabel, um besser zu erkennen, ob die Schweine, Kühe, Hühner artgerecht gehalten werden. 45 Prozent gaben an, bereit zu sein, für ein Kilo Fleisch 15 Euro mehr als bisher zu zahlen. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, äußerte sich über diese Zahlen erfreut. Zugleich betonte er, dass es die Versorgung mit hochwertigen regionalen Lebensmitteln bei einer gleichzeitigen Ausweitung der Anstrengungen für mehr Umwelt-, Klimaschutz und Tierwohl „nicht zum Nulltarif“gebe. Dies müsse sich in einem höheren Preis für Lebensmittel abbilden, forderte er. Zudem müsse dieser Mehrwert „auch bei den Bauern ankommen“.
Am Ende zähle das Verhalten an der Kasse, meinte auch Klöckner: „Ich freue mich über die verbale Aufgeschlossenheit. Leider sieht es an der Ladentheke oftmals noch anders aus“, so die Bundesagrarministerin. 46 Prozent machen daraus keinen Hehl: Sie geben an, dass auch der Preis entscheidend ist.
„Die Ergebnisse decken sich gut mit den Zielen meiner Ernährungspolitik“, erklärte Klöckner. Ihr Fazit teilen allerdings nicht alle. Unanständig niedrige Preise für Fleisch und andere Lebensmittel, schlechte Löhne, Umweltbelastung, eine fragwürdige Tierhaltung – für Umweltschützer greift Klöckner nicht hart genug durch. Zwar soll zum Beispiel ein Tierwohllabel kommen, aber nur auf freiwilliger Basis.
Klöckner müsse, erklärte Tanja Dräger de Teran, Ernährungsexpertin beim Umweltverband WWF, „mehr liefern“, das Tierwohllabel müsse zum Beispiel Pflicht werden.
Bleibt eins, wo sich das Gros der Deutschen einig ist: 97 Prozent finden, es muss gut schmecken.