In Online-Umfrage Ideen zum ÖPNV gefragt
Landkreis Lindau startet Bürgerbeteiligung zum Nahverkehrsplan
- Mit Blick auf den Klimaschutz soll sich Mobilität auch im Kreis Lindau ändern – weg vom Individualverkehr mit dem eigenen Auto hin zum öffentlichen Nahverkehr mit Bus und Bahn. Dafür überarbeitet der Kreis aktuell seinen Nahverkehrsplan. Schweizer und Münchner Verkehrsplaner hat die Verwaltung dafür ins Boot geholt. Doch nicht nur Fachleute sollen den Regionalverkehr verbessern. Landrat Elmar Stegmann möchte auch diejenigen zu Wort kommen lassen, die künftig verstärkt in den ÖPNV einsteigen sollen – die Bürger.
Dafür startet der Landkreis eine Online-Umfrage: Auf seiner Internetseite sollen die Menschen aus dem Landkreis mitteilen, in welchem Umfang sie bisher den öffentlichen Nahverkehr nutzen, was sie vermissen und verbessert sehen wollen, oder warum sie eben nicht in den ÖPNV einsteigen, sondern lieber mit dem eigenen Auto zur Arbeit, zum Einkaufen oder in der Freizeit fahren.
Das Problem: Bedingt durch die Corona-Pandemie und die bis vor Kurzem im Freistaat geltenden strikten Ausgangsbeschränkungen fährt seit Wochen kaum noch jemand mit den Regionalbussen. Um 80 bis 90 Prozent sind nach Aussage des Lindauer Landrats die Fahrgastzahlen zurückgegangen. Zwar fahren die Regionalbusse seit der Öffnung der Schulen wieder nahezu fahrplanmäßig. Doch selbst die Schüler kommen derzeit lieber mit dem Elterntaxi zum Unterricht als mit dem Bus, weiß die Kreisverwaltung. Berufspendler arbeiten immer noch vielfach von Zuhause aus oder fahren mit dem eigenen Wagen.
„Gefühlt hat der ÖPNV durch Corona jetzt ein Imageproblem", gibt der Verkehrsfachmann des Landratsamts, Eduard
Stützle, in der Pressekonferenz zum Nahverkehrsplan zu.
„Busse gelten als Massenverkehrsmittel“– das vertrage sich nicht mit der Vorgabe vom „Social Distancing“, dem Corona-bedingten Abstand halten, ergänzt der zuständige Geschäftsbereichsleiter Erik Jahn. Die Menschen befürchten eine hohe Ansteckungsgefahr
im ÖPNV. Das spüre auch der Verkehrsverbund Bodo: So hätten beispielsweise sehr viele ältere Menschen ihr Senioren-Abo63 gekündigt, hat sich Stützle sagen lassen.
Die Konsequenz: Die noch vor Kurzem für die Zeit ab Juli geplanten zusätzlichen Busfahrten, speziell am Abend und an den Wochenenden, wird es nun vorerst im Kreis Lindau nicht geben – weil eben derzeit nur sehr wenige Bürger die Regionalbusse nutzen: „Das werden wir vorerst verschieben", sagte Stegmann mit Blick auf den extremen Einbruch der Fahrgastzahlen.
Trotzdem macht sich die Verwaltung mithilfe der Verkehrsexperten ans Überarbeiten des ursprünglich aus dem Jahr 2011 stammenden Nahverkehrsplans. Der beschäftigt sich in erster Linie mit den Regionalbussen und muss bis Spätherbst 2021 fertig sein. Seit Februar werde an einer Bestandsaufnahme von Infrastruktur und Fahrplanangebot gearbeitet.
Nahverkehrsfachmann Eduard Stützle Dann sollen die Schwachstellen des regionalen Busverkehrs ermittelt werden. Schließlich will der Kreis Zielvorgaben definieren: Wie muss ein besseres Angebot aussehen, damit mehr Menschen den ÖPNV nutzen? Wesentlich dafür ist das vor zwei Jahren vom Schweizer Verkehrsplanungsbüro Metron erstellte Mobilitätskonzept für den Landkreis Lindau, das unter anderem auf klare Linienführung und konsequenten Taktverkehr setzt.
Es sollen aber auch die Bürger mitreden: Stegmann hofft, dass möglichst viele an der Online-Umfrage teilnehmen, ihre bisherigen Erfahrungen mit den Regionalbussen – etwa in puncto Pünktlichkeit, Zustand der Fahrzeuge und Haltestellen sowie Preis-Leistungs-Verhältnis – mitteilen und „ihre Erwartungen an einen zeitgemäßen ÖPNV", wie es der Lindauer Landrat formuliert. Und das explizit aus der Zeit vor Beginn der Corona-Pandemie, wie Stegmann betonte und auch auf der Internetseite
des Landkreises hervorgehoben wird.
Ihm sei klar, dass „der Nahverkehr vor einem großen Umbruch steht", sagte der Landrat im Pressegespräch. Und das nicht nur mit Blick auf die Elektrifizierung der Bahn. Acht Wochen lang dürfen sich die Landkreisbürger nun im Internet äußern. Dann wird der Arbeitskreis Mobilität des Landkreises sich mit deren Kritik und Ideen beschäftigen. Das bedeute zwar nicht, dass jeder Wunsch umgesetzt werden könne. Aber der künftige Nahverkehrsplan soll eben nicht nur von Verkehrsexperten erstellt werden, sondern auch von jenen Menschen, die mit dem ÖPNV unterwegs sind.
Landrat Elmar Stegmann
„Gefühlt hat der ÖPNV durch Corona jetzt ein Imageproblem."
„Der Nahverkehr steht vor einem großen Umbruch.“
Die Online-Umfrage zum Nahverkehrsplan finden interessierte Bürger in der Rubrik „Aktuelles“auf der Internetseite des Landkreises Lindau unter
www.landkreis-lindau.de