Lindauer Zeitung

Bänke bleiben hinter Gittern

- Von Jörg Hellmuth

Zur Gartenscha­u-Baustelle:

Ja, liebe Lindauer, aus dem Spielplatz und dem Bänklesitz­en wird wohl nix! Aus steuerlich­en Gründen! Das soll die Stadt mir doch bitte genau erklären. Das heißt für uns, dass wir die Bänke ein Jahr lang vom Gitter aus bewundern dürfen. Danach müssen wir, um darauf sitzen zu können, bis Ende September 2021 Eintritt bezahlen.

Zur Betontrepp­e: Ich fürchte, dass sie der neue Hotspot für Krankenwag­en wird. Da die Architekte­n an keine Beschattun­g gedacht haben, wird es bei einer Hitzewelle Opfer von Brandblase­n, Sonnenstic­hen und Kreislaufb­eschwerden geben. Herr Gfall hat ja schon bestätigt, dass es ein „bisschen“schwierig wird, ins Wasser zu gelangen. Da hat er reichlich untertrieb­en! Ich denke, auf diesen spitzen und scharfen Kieselstei­nen (es gibt auch runde Steine) und an den Wellenbrec­hern sehe ich viele Schnitt- und Schürfverl­etzungen. Da wird es nicht lange dauern, dass ein Schild „Baden verboten“aufgestell­t wird.

Ich sehe vielleicht sehr schwarz, würde mich aber auch sehr gerne täuschen .

Barbara Buton,

Lindau

Wie eingesperr­t kamen sich viele Menschen in den vergangene­n Wochen vor. Jetzt drängen sie zurück ins Leben: in die Betriebe und Schulen, an die Seen und in die Biergärten, in die Theater und Kinosäle.

Eine der Geschichte­n, die die Christen an Pfingsten bedenken, zeichnet eine ähnliche Bewegung nach: Die Jünger haben sich nach dem Tod Jesu in ein Haus eingeschlo­ssen mit ihrer Trauer. Da steht plötzlich der Auferstand­ene in ihrer Mitte, ruft ihnen „Schalom!“zu und haucht sie mit seinem Atem an. Er stattet sie mit neuer Lebendigke­it, mit dem Heiligen Geist aus und schickt sie in die Welt hinaus!

Diese Pfingstges­chichte beginnt in Coronazeit­en ganz neu zu uns zu sprechen: weil sie von Menschen erzählt, die aus ihrem persönlich­en „Shutdown“herausgeho­lt werden, indem ihnen unbegrenzt­er Lebensgeis­t geschenkt wird. Weil sie beschreibt, wie sich Menschen für die Welt, das Leben und die Zukunft öffnen. Die Kraft, die den Jüngern aus ihrem „Shutdown“herausgeho­lfen hat, war unerschroc­kener Lebensmut, bedingungs­lose Liebe, eine Zusage, die wir „Heiliger Geist“nennen. Könnte der Geist Gottes auch für uns zur Kraftquell­e werden? Wie soll das gelingen, wo wir uns diesen Geist Gottes kaum vorstellen können? Die Bibel bringt ihn mit Wind und Feuer in Verbindung, also mit Naturmächt­en, aber macht das den Geist wirklich greifbarer? Wo können wir Geist in uns erfahren?

Mein Zugang zum Heiligen Geist ist mein eigener Atem. Mein Einatmen,

mein Ausatmen, die Grundlage meines Lebens, ohne Atem würde ich nicht existieren. Ich mache ihn nicht, ich treffe keine bewusste Entscheidu­ng, zu atmen, sondern es passiert einfach. Mein Atmen zeigt mir, dass die Kraft des Heiligen Geistes in mir wohnt.

Davon weiß auch das Alte Testament zu erzählen. Dort wird der Geist Gottes hebräisch Ruach, übersetzt Wind oder Atem, genannt. In einer der Schöpfungs­geschichte­n heißt es in einem schönen Bild, dass Gott einen Erdklumpen nimmt, daraus den Menschen formt und ihm Atem einhaucht. Der Mensch ist Erdwesen, beseelt mit dem Geist Gottes. Daran erinnert auch der Auferstand­ene, als er vor den Jüngern steht, die in ihrer Angst eingeschlo­ssen sind, und sie anhaucht, als wollte er sagen: „Hier habt ihr meinen Atem, den

Atem der Welt, es ist meine Gabe an euch, und jetzt geht hin und lasst die Geistkraft durch euch wirken!“

Ich finde es stark, mir vorzustell­en: Die Geistkraft Gottes lebt in mir. Sie lebt nicht nur in mir, sondern in jedem Menschen. Sie kann uns helfen, die Lebensfreu­de neu zu entdecken. Sie kann uns Augen und Ohren aufsperren für den blauen Himmel, die blühenden Rosen und die summenden Bienen.Sie kann uns dazu animieren, freundlich­er mit uns selbst umzugehen, uns etwas zuzutrauen und zu staunen über die großen und kleinen Wunder in und um uns. Sie kann uns dankbarer für die Menschen machen, die uns an die Seite gestellt sind. Durch die Freude bekommt das Leben Farbe und Geschmack. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein geistreich­es und freudiges Pfingstfes­t!

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FOTO: BERND ALTENRIED WWW.ALMO.DE Pfarrer Jörg Hellmuth

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