Eine Ausnahme für Weihnachten
Bund und Länder beraten am Mittwoch über schärfere Kontaktbeschränkungen und die Vorschläge der Ministerpräsidenten
(dpa) - Die Bürger in Deutschland müssen sich in der Corona-Krise auf strengere Kontaktbeschränkungen einstellen – dafür sollen sie Weihnachten im engeren Familienund Freundeskreis feiern dürfen. Ob Lockerungen auch für Silvester gelten, ist vor neuen Beratungen der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Mittwoch aber noch offen. Die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich auf eine Linie, mit der sie in die Beratungen mit Merkel gehen. Ziel ist es, die weiter hohe Zahl von Corona-Neuinfektionen deutlich zu senken. Allerdings forderten einige Regierungschefs kurz nach den Verhandlungen im Länderkreis bereits Nachbesserungen.
Verlängerung des Teil-Lockdowns bis 20. Dezember
Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie Gastronomiebetriebe bleiben geschlossen, touristische Übernachtungsangebote untersagt. Alle nicht notwendigen Kontakte und alle nicht notwendigen Reisen sollen weiter vermieden werden. Arbeitgeber sollen unbürokratisch Homeoffice ermöglichen. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet – allerdings soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen gelten. Bei einer Inzidenz von „deutlich“unter 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder die Möglichkeit bekommen, hiervon abzuweichen. Für extreme CoronaHotspots sollen Länder wie bisher regionale Verschärfungen beschließen können.
Kontaktbeschränkungen
Kontaktbeschränkungen sollen verschärft werden. „Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Personen zu beschränken“, heißt es in dem Länderpapier, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sein sollen. Und für Weihnachten und Silvester soll es eine Sonderregelung geben.
Maskenpflicht in geschlossenen Räumen und Innenstädten
Bundesweit soll eine Maskenpflicht gelten „in geschlossenen Räumen, die öffentlich oder im Rahmen eines Besuchs- oder Kundenverkehrs zugänglich sind“. Und auch in Innenstädten und anderen Orten unter freiem Himmel, „an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten“, soll verpflichtend eine Mund-Nasen-Bedeckung getragen werden müssen. Die genauen Orte und Zeiten sollen die örtlichen Behörden festlegen. Und auch am Arbeitsplatz soll eine Maskenpflicht gelten – außer am Platz, wenn ein 1,5Meter-Abstand zu weiteren Personen eingehalten wird.
Hochschulen sollen auf digitale Lehre umstellen
Hochschulen und Universitäten sollen grundsätzlich auf digitale Lehre umstellen. Ausnahme: Labortätigkeiten, Praktika, praktische und künstlerische Ausbildungsabschnitte sowie Prüfungen.
Beschränkungen an den Weihnachtsfeiertagen und Silvester
Im Zeitraum vom 23. Dezember bis 1. Januar sollen nach dem Willen der Länder Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis maximal zehn Personen ermöglicht werden. Kinder bis 14 Jahren sollen hiervon ausgenommen sein. Damit sollten „Feste im Kreise von Familie und Freunden, wenn auch im kleineren Rahmen, möglich sein“. Die Ministerpräsidenten rufen aber dazu auf, vor den Weihnachtsfeiertagen in eine möglichst mehrtägige häusliche Selbstquarantäne zu gehen. „Dies kann durch ggf. vorzuziehende Weihnachtsschulferien ab dem 19.12.2020 unterstützt werden“, heißt es in dem aktuellen Beschlussentwurf
der Bundesländer.
Kein Feuerwerk erlaubt
Silvesterfeuerwerk auf belebten öffentlichen Plätzen und Straßen wollen die Ministerpräsidenten untersagen, um Gruppenbildungen zu vermeiden. „Die örtlich zuständigen Behörden bestimmen die betroffenen Plätze und Straßen“, heißt es im Papier. Grundsätzlich wird „empfohlen“, zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten – ein Verkaufsverbot ist aber nicht vorgesehen.
Betriebsferien oder Homeoffice
Arbeitgeber sollen nach dem Willen der Länder prüfen, ob Betriebsstätten entweder durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar geschlossen werden können. Damit solle der Grundsatz „stay at home“umgesetzt werden.
Schulen und Kitas sollen geöffnet bleiben
Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sollen geöffnet bleiben. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen soll nach dem Willen der Länder aber künftig ab Klasse sieben grundsätzlich eine Maskenpflicht auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Verpflichtung ebenfalls eingeführt werden können. In „besonderen Infektionshotspots“soll es in älteren Jahrgängen außer Abschlussklassen schulspezifisch „weitergehende Maßnahmen für die Unterrichtsgestaltung“wie Hybridunterricht geben.
Mehr Schnelltests und neue Quarantäneregeln an Schulen
„Zur Aufdeckung von Infektionsketten sollen in den Schulen verstärkt Antigen-Schnelltests eingesetzt werden“, heißt es in dem Papier der Ministerpräsidenten. Nach deren Willen soll der Bund „ausreichende Testkapazitäten“sichern. Bei einem positiven Corona-Test bei einem Schüler soll dessen Klasse zunächst für fünf Tage in Quarantäne. Nach der „Verdachtsquarantäne“soll eine „Entscheidungstestung per AntigenSchnelltest“erfolgen. Negativ getestete Schüler sollen wieder zum Unterricht zugelassen werden. „Der Unterricht der Klasse kann also ab Tag fünf fortgesetzt werden.“
Quarantänezeit von zehn Tagen für Kontaktpersonen
Für Kontaktpersonen von CoronaInfizierten soll ab 1. Dezember eine kürzere Quarantänezeit von 10 statt bisher 14 Tagen gelten. Darauf verständigten sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern bereits unabhängig von den Beratungen der Regierungschefs.
Schutz von Risikogruppen mit Masken und Tests
Die Ministerpräsidenten wollen den Schutz von Risikogruppen wie etwa Pflegebedürftigen weiter verbessern. So sollen im Rahmen der Corona-Teststrategie je Pflegebedürftigem 20 Schnelltests pro Woche vorgesehen werden. Der Bund soll für die Risikogruppen ab Anfang Dezember gegen eine geringe Eigenbeteiligung die Abgabe von insgesamt 15 FFP2-Masken ermöglichen – also ein Mund-Nasen-Schutz pro Winterwoche.
Bund springt bei Sozialversicherungsbeiträgen ein
Der Bund soll im Rahmen der „Sozialgarantie 2022“die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent stabilisieren. Darüber hinausgehende Finanzbedarfe etwa für die Krankenversicherung sollten bis 2022 aus dem Bundeshaushalt gedeckt werden, fordern die Länder. Von einem Corona„Solidaritätszuschlag“, wie von SPDSeite vorgeschlagen, ist nun nicht die Rede. Der Bund gibt für 2021 schon fünf Milliarden Euro extra in die gesetzliche Krankenversicherung – denn bis zur Marke von 40 Prozent des Bruttolohns ist nicht mehr viel Luft. Da der durchschnittliche Zusatzbeitrag für 2021 um 0,2 Punkte steigen soll, liegen die Sozialbeiträge dann schon bei 39,95 Prozent.