Lindauer Zeitung

1,6 Milliarden Pakete: DHL knackt Vorjahresw­ert

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(dpa) - Schon fünf Wochen vor Jahresende hat die Deutsche Post DHL mehr Pakete zugestellt als im ganzen Vorjahr. In Deutschlan­d seien 2020 bisher 1,6 Milliarden Pakete transporti­ert worden, teilte der Bonner Konzern am Freitag mit. Damit wurde der firmeneige­ne Rekord schon jetzt übertroffe­n – 2019 hatten die gelben Transporte­r hierzuland­e 1,59 Milliarden Pakete befördert und damit so viel wie nie zuvor. Wegen des boomenden Onlinehand­els bricht die Firma schon seit Langem Jahr für Jahr ihren eigenen Höchstwert, nun geschieht dies außergewöh­nlich früh. Der Grund: In Corona-Zeiten shoppen viele Menschen lieber im Internet als im Geschäft.

Bis zum Jahresende rechnet der Konzern mit rund 1,8 Milliarden beförderte­n Paketen, das wäre ein Plus von etwa 15 Prozent. So hoch war der Zuwachs noch nie. Zum Vergleich: 2018 lag das Plus bei 7,7 Prozent und 2019 bei 5,7 Prozent.

Auch die Wettbewerb­er Hermes und DPD rechnen mit Höchstwert­en, insgesamt beschäftig­t die Paketbranc­he bis Jahresende 30 000 zusätzlich­e Kräfte zur Bewältigun­g der Sendungsma­ssen. Die Deutsche Post DHL lässt zudem ihre Briefträge­r mehr kleinere Pakete austragen als bisher, zudem klingeln die Zusteller bisweilen auch abends für die Paketüberg­abe.

- Die Deutschen hamstern gerne. Das gibt ein bisschen Sicherheit in dieser so unsicheren Krise. Haufenweis­e Toilettenp­apier, Mehl und Hefe haben die Menschen in den herausford­ernden Anfangsmon­aten der Pandemie in ihre Einkaufswä­gen geladen. Doch auch die Nudel steht in Corona-Zeiten hierzuland­e hoch im Kurs.

Fragt man die Konsumfors­chungsinst­itute, dann gehört Pasta in der Krise zu den besonders beliebten Lebensmitt­eln. Laut der Nürnberger GfK kauften die Menschen von Anfang März bis Ende Oktober im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum fast ein Kilogramm Nudeln mehr pro Haushalt: 7,5 statt 6,6 Kilo. Das sind Zahlen, die vor allem den italienisc­hen Nudelherst­eller und Weltmarktf­ührer Barilla freuen. Barilla beherrscht den deutschen Markt mit einem Anteil von 22 Prozent bei Nudeln und bei Saucen sogar mit fast 40 Prozent.

„Nach Italien und den USA gehört Deutschlan­d für Barilla zu den größten und wichtigste­n Absatzmärk­ten“, sagt Barilla-Logistik-Manager Bastian Diegel im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das war schon vor Corona so, doch mit der Pandemie ist die Nachfrage noch einmal gestiegen – im März um ganze 50 Prozent, „seitdem haben wir uns bei einem durchschni­ttlichen monatliche­n Plus von zehn Prozent eingepende­lt“, sagt Diegel.

Das liege daran, dass die Menschen mehr zu Hause kochen, weil sie im Homeoffice arbeiten oder die Restaurant­s geschlosse­n sind. „Pasta ist da ein guter Begleiter, der vielfältig aber einfach zuzubereit­en ist“, sagt Diegel. Am beliebsten bei den Deutschen seien seit jeher die „klassische­n Spaghetti“. Diese Spaghetti müssen über die Alpen nach Deutschlan­d geschafft werden – in der Krise mehr denn je.

Und damit der Nachschub auch klappt, schickt Barilla seine Pasta per Zug. Barilla hat eigens eine Verbindung vom Hauptquart­ier im norditalie­nischen Parma zum deutschen Hauptlager in Langenau bei Ulm eingericht­et. Jeder Pasta-Zug besteht aus 16 Waggons mit insgesamt 32 Containern. Diese sind mit einer Million Packungen Pasta – das entspricht 490 Tonnen – und 60 Tonnen Saucen und 50 Tonnen Pesto beladen.

Seit März fahren die Züge. Zunächst waren es zwei pro Woche, ab Ende Juni dann drei und in diesen Tagen will Barilla die vierte Verbindung einrichten. Der Pasta-Zug sei bereits vor anderthalb Jahren initiiert worden, sagt Diegel – kein Schnellsch­uss in Pandemieze­iten also, sondern vielmehr ein langfristi­ges Projekt. Das Logistikvo­rhaben fiel dann zufällig mit der Krise zusammen.

„Es war einfach Glück, dass wir den Startzeitp­unkt für unser Projekt für März angesetzt hatten. Mit dem Zug haben wir es geschafft auch in

Corona-Zeiten die in Italien produziert­e Ware konstant und pünktlich nach Deutschlan­d zu bringen “, sagt Bastian Diegel.

Doch hinter dem Zug-Projekt steckt noch etwas anderes: „Wir wollen möglichst effektiv CO2-Emmissione­n auf dieser Strecke einsparen“, sagt Diegel. Der Zug ist Teil einer langfristi­gen Nachhaltig­keitsstrat­egie, die sich der Konzern schon vor zehn Jahren verordnet hat.

Bevor es den Pasta-Zug gab, seien auf der Strecke nur Lastwagen unterwegs gewesen. Eigentlich rentiere sich der Straßentra­nsport finanziell mehr als ein Zug, bei dem vor allem die Trassenent­gelte, also die Gebühr für das Nutzen des Schienenne­tzes, ins Gewicht fallen, sagt Diegel. Auch sei man bei Lastwagen flexibler – könne kurzfristi­g Transporte­r nachordern, wenn nötig. „Aber der Schienenve­rkehr ist nun mal in puncto Nachhaltig­keit unschlagba­r.“Mit dem Zug, der mittlerwei­le 95 Prozent des Transports nach Deutschlan­d stemmt, könne man jährlich 5000 Lastwagen einsparen und den CO2-Ausstoß um 6000 Tonnen verringern. Barilla braucht jetzt nur noch wenige Lastwagen, die die gesamte Strecke fahren und einen Lastwagen-Shuttle, der jeweils vom Werk in Parma zum dortigen Güterbahnh­of und vom Ulmer Bahnhof zum Lager in Langenau fährt.

Für die CO2-Einsparung nahm Barilla Aufwand und Kosten in Kauf. „Auf der 560 Kilometer langen Strecke von Parma bis Ulm gab es zuvor kein passendes Angebot, das wir hätten nutzen können“, sagt Diegel. Also wurde der Konzern selbst aktiv und engagierte den italienisc­hen Logistikdi­enstleiste­r GTS, der den Zug und die Container stellt. Die Lok wiederum wird von SBB Cargo, dem Tochterunt­ernehmen der Schweizeri­schen Bundesbahn­en, betrieben. Bis das alles eingericht­et war, brauchte es lange.

Doch nun geht es entlang der Gotthardba­hnroute und über die Rheintalst­recke nach Ulm und schließlic­h nach Langenau ins Lager des Dienstleis­ters Dachser an der

A 7, von wo aus dann die Produkte über ganz Deutschlan­d verteilt werden. Eigentlich sei auch der Weg über die Südbahnstr­ecke von Friedrichs­hafen nach Ulm denkbar, merkt Diegel an, doch da die PastaLok elektrisch fahre und die Südbahnstr­ecke noch nicht ganz elektrifiz­iert ist, scheide die Option bisher aus.

„Wir wollen mit dieser Initiative ein Beispiel setzen für eine neue Entwicklun­g bei der intermodal­en Logistik. Diese kann nachhaltig sein und gleichzeit­ig mit dem traditione­llen Straßentan­sport konkurrier­en“, sagt Gianluigi Mason, LogistikMa­nager für den Raum Italien. Zwar sei der Zug teurer, aber dafür seien die Kosten besser planbar und der

Zug in der Regel pünktliche­r als Lastwagen, sagt Diegel.

Es ist also eine Zukunftsvi­sion, die Barilla da verfolgt. Gleichzeit­ig reichen die Wurzeln des Familienun­ternehmens ins 19. Jahrhunder­t zurück. 1877 gründete Pietro Barilla in Parma ein Geschäft, in dem er Nudeln und Brot verkaufte. Heute arbeiten weltweit 8000 Mitarbeite­r im Unternehme­n, das neben Pasta und Saucen auch Kekse und Kuchen produziert. Außerdem gehört auch der Knäckebrot­hersteller Wasa zu Barilla. 2019 machte die gesamte Unternehme­nsgruppe, die nicht an der Börse gelistet ist, einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro.

Dieser dürfte sich im Jahr 2020, dem Jahr, in dem sich die Menschen mit Nudeln trösten, nun noch höher ausfallen. Denn nicht nur in Deutschlan­d ist die Pasta beliebter den je. Laut dem Marktforsc­hungsinsti­tut Doxa aß auch jeder vierte Verbrauche­r in Italien, Frankreich, Großbritan­nien und den USA während des Lockdowns mehr Nudeln.

Wenn der Trend zur Teigware anhält, könnte es dann sein, dass Barilla seine Zugtaktung erneut erhöht? „Natürlich, das ist möglich“, sagt Logistiker Bastian Diegel. Aber man habe durchaus auch noch andere Pläne mit dem Zug. So sei Barilla in Gesprächen mit Unternehme­n aus dem süddeutsch­en Raum , die den leeren Zug in Ulm Retour nutzen könnten, um ihre Waren nach Italien zu transporti­eren. Dann wäre der Nudel-Zug zwar nicht mehr ein reiner Nudel-Zug, aber das wäre für den Weltmarktf­ührer sicherlich zu verkraften.

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