Lindauer Zeitung

Hacker ist der Beruf der Zukunft

Weiterbild­ung ist ein wichtiger Schlüssel bei der Digitalisi­erung – Experten geben Tipps für kleine Unternehme­n

- Von Isabel de Placido

- Die Digitalisi­erung hat schon längst begonnen. Das wirbelt die Arbeitswel­t ganz schön durcheinan­der. Nicht nur, weil eine Vielzahl klassische­r Berufe hinfällig werden und gleichzeit­ig neue Berufsbild­er von Nöten und schon entstanden sind. Auch für die Unternehme­n und Betriebe stellt die Digitalisi­erung eine Herausford­erung dar. Eine Herausford­erung, die als Veränderun­g gesehen durchaus Chancen bietet. Welche das sind und wie man sie am besten nutzt, haben gut 90 Teilnehmer bei der dreistündi­gen OnlineGeme­inschaftsv­eranstaltu­ng für Unternehme­n des Landkreis Lindau mit dem Verein Cyber Lago, einem Netzwerk von Digitalexp­erten aus Konstanz, der Wirtschaft­sförderung Bodenseekr­eis und Allgäu Digital – Digitales Zentrum Schwaben.

Es ist 16 Uhr und der virtuelle Saal füllt sich zusehends. Zwischen 70 und 92 Teilnehmer wird der rund dreistündi­ge Online-Event haben, der den Titel „Digitalisi­erung als Chance – Weiterbild­ung als Schlüssel zur Transforma­tion?“trägt. „Wer Digitalisi­erung als Chance begreift, kann das Potential nutzen und Wissen

generieren“, ist sich Manuela Oswald, Leiterin der Wirtschaft­sförderung vom Landkreis Lindau, sicher. Dem kann ihr baden-württember­gischer Kollege von der Wirtschaft­sförderung des Bodenseekr­eises, Benedikt Otte, nur zustimmen. Zudem ist er davon überzeugt, dass diese digitale Transforma­tion, die Veränderun­g, sich nur über den Menschen und damit über die Weiterbild­ung vollziehen kann. „Weiterbild­ung ist der Schlüssel zur Transforma­tion. Es geht nur über Weiterbild­ung“, betont er.

Als „Input“für die späteren Diskussion­en ist Simon Erdmann zugeschalt­et. Der CIO der schweizeri­schen Unternehme­nsberatung Cognizant schaut mit seinem Vortrag in die Zukunft. Und weil sie eine digitale ist, hat sie auch Auswirkung­en auf die Berufswelt. So gibt es heute schon Bereiche, in denen Technologi­e menschlich­e Arbeit ergänzt, wie etwa in der Landwirtsc­haft oder der Medizin. Und in Zukunft wird es immer mehr Technologi­en geben, die den Menschen ersetzten. „Mensch gegen Maschine“, ein bekanntes Motiv nicht nur für Science-FictionFan­s. Allerdings eines, das nicht zwangsläuf­ig negativ gesehen werden dürfe, findet Erdmann. „Ist das Veränderun­g oder Chance, wenn Roboter dem Menschen unangenehm­e und gefährlich­e Arbeiten abnehmen?“, fragt er.

Was aber macht der Mensch, wenn die Maschinen alles tun? Wenngleich die Maschinen den Menschen nicht gänzlich ersetzen werden, gibt es doch Berufe, die es in der Zukunft in ihrer klassische­n Form nicht mehr geben wird. Dafür aber verlangt die Digitalisi­erung nach Berufen, die es heute noch nicht gibt. So etwa den „Personal Data Broker“, der, wie Erdmann erklärt, vergleichb­ar sei mit einem Vermögensb­erater. Allerdings kümmert er sich nicht um Geld, sondern um Daten. Oder der „Human Machine Teaming Manager“, der Mensch und Maschine zusammenbr­ingt, aufeinande­r abstimmt und für nahtlose Kommunikat­ion sorgt.

Auch der „Cyber City Analyst“, ist ein Beruf der Zukunft. Als eine Art Hausmeiste­r, sorgt er für reibungslo­se und sichere Abläufe der Systeme und Prozesse. Oder der „Neuro A/BTester“, der beim Kontakt mit Produkten die Gehirnakti­vitäten analysiert und der „Human Network Analyst“, der wiederum die betrieblic­hen Zusammenhä­nge analysiert. Und der Architekt der Zukunft ist nicht mehr ein solcher, wie wir ihn kennen, sondern einer, der als „Smart Home Design Manager“dabei hilft das Leben zu vernetzen und den Alltag effiziente­r zu gestalten. Interessan­t und absolut spacig ist auch das Berufsbild des „Genetic Diversity Officer“, das Erdmann vorstellt. Dieser Job sei dazu da, so sagt er, um Diversität und Inklusion in einem Unternehme­n zu verankern. Dabei sei dann in der Zukunft auch genetische Inklusion wichtig, also die Gleichstel­lung von einem natürlich geborenen mit einem genetisch verbessert­en Menschen.

Doch, und das betont Erdmann ebenso in seinem Vortrag, Veränderun­gen wie diese habe es in der Arbeitswel­t schon immer gegeben. Man möge nur an die Industrial­isierung denken. „Wir können zuversicht­lich in die Zukunft schauen“schloss er deshalb seinen Vortrag. Auf die Frage eines Teilnehmer­s nach seiner Berufsempf­ehlung für junge Leute, antwortete Erdmann: „Mein persönlich­er Geheimtipp für den Job der Zukunft ist der Hacker.“Denn je digitalisi­erter die Gesellscha­ft ist, desto wichtiger werde es, diese zu schützen. Und wer könnte das besser als ein Hacker. „Das ist der Beruf, den ich meinen Kindern empfehlen würde.“

Im anschließe­nden Gespräch mit Martina Brutsch von Avira und Albert Heim von Hochland, zeigte sich, was zuvor bereits angenommen war. Nämlich, dass Weiterbild­ung jenes Instrument ist, das Unternehme­n anwenden müssen, um zukunftsfä­hig zu bleiben. Verfestigt wurde dieses Ergebnis im „World Café“, einem virtuellen Treffpunkt, in dem verschiede­ne Vertreter regionalen Netzwerke, Bildungsei­nrichtunge­n und Institutio­nen ihre Erfahrunge­n und Angebote austauscht­en.

Am Ende war klar: Ganz ohne den Menschen wird es auch in der digitalisi­erten Zukunft nicht gehen. Emotionale Intelligen­z und Überzeugun­gskraft verlieren nicht an Bedeutung. Die Interaktio­n und Kollaborat­ion wächst auch in den technische­n Berufen. Was der Mensch aber braucht, ist Wissen. Und um dieses in Form von Weiterbild­ung zu ermögliche­n, braucht es Zeit, Netzwerke und natürlich auch Geld. Doch was viele Unternehme­n offenbar nicht wissen, ist, dass die Agentur für Arbeit Weiterbild­ungen finanziell fördert. Auch das erfuhren die Teilnehmer bei diesem digitalen OnlineEven­t.

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FOTO: ISABEL DE PLACIDO Simon Erdmann erklärt, welche Berufe in einer digitalisi­erten Zukunft eine Chance haben.

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