Lindauer Zeitung

Im Schichtdie­nst mit der Allgäu-Airport-Feuerwehr

Sollte sich ein Unglück am Flughafen ereignen, stehen die Helfer bereit – Im Alltag packen sie bei verschiede­nsten Aufgaben an

- Von Anna Kabus

- Flughafen Memmingen, es ist 5 Uhr in der Früh. Draußen ist es noch Nacht. Drinnen in der Feuerwache beginnt die erste Schicht. Klaus Neukamm, Leiter der Flughafenf­euerwehr, macht sich in der Küche einen Kaffee. Auf dem Allgäu-Airport sei es noch nie zu einem größeren Unglück gekommen, sagt der 59-Jährige. „Aber wir müssen uns immer vergegenwä­rtigen: Irgendwann kann mal was passieren.“

Dass sie im schlimmste­n Fall eine Katastroph­e bewältigen müssen, haben die Feuerwehrl­eute im Hinterkopf: „Wenn es doch mal ein Unglück gibt, sitzen da 200 Leute im Flugzeug“, sagt Feuerwehr-Mitarbeite­r Manuel Clerici. Neukamm erklärt den Zeitdruck im Notfall: „Wenn ein Flugzeug brennt, entwickelt sich dort drinnen in kürzester Zeit eine wahnsinnig­e Temperatur.“Auch der Rauch sei gefährlich. Deshalb müssten die Hersteller von Flugzeugen nachweisen, dass die Maschine innerhalb von drei Minuten komplett leer sein kann, sagt er. „Und wir müssen innerhalb von drei Minuten auf jedem Rollweg sein.“Dass das klappt, wird jeden Monat bei einem Probealarm sichergest­ellt.

Doch echten Alarm gibt es nicht nur bei einem Inferno: Vergangene­s Jahr rückte die Feuerwehr etwa aus, weil sich ein Pilot verfahren hatte und in der Wiese stecken blieb. Selbst wenn ein Pilot Luftnotlag­e meldet, bedeutet das noch nicht, dass ein Flugzeug notlanden muss oder gar abstürzt. Im vergangene­n Jahr machte ein Pilot diese Meldung, weil seine Geschwindi­gkeitsanze­igen im Cockpit unterschie­dliche Werte zeigten. Das Flugzeug flog Warteschle­ifen über dem Airport, der Pilot untersucht­e das Problem. „Am Ende ist der Flieger ganz normal gelandet“, sagt Neukamm. Auch ein paar heiße Bremsen gab es schon, die die Feuerwehr kühlen musste, und einmal landete ein Kleinflugz­eug „mit der Schnauze auf der Piste“.

Doch auch solche kleineren Vorfälle passieren selten. Dennoch sind die Feuerwehr-Mitarbeite­r gefordert und helfen – an anderer Stelle. Die rund 40 Männer sind unter anderem für das Betanken der Flieger, für das Fahren der Busse und den Winterdien­st zuständig. Außerdem packen sie handwerkli­ch mit an, wo sie gebraucht werden. „Man sollte deshalb keine zwei linken Hände haben“, sagt Neukamm und schmunzelt.

Die erste Tätigkeit am Morgen ist der Flächenche­ck. Alexander Ulianiw fährt die Start- und Landebahn sowie die Rollfelder ab und prüft, ob dort Gegenständ­e liegen, die für Flugzeuge gefährlich werden könnten. Immer wieder tauchen im Scheinwerf­erlicht kleine Objekte auf: manchmal nur Regenwürme­r oder Blätter. Dann hält Ulianiw an und sieht sich einen Gegenstand genauer an, den er zuerst für einen

Stein hält: nur ein abgeknabbe­rter Maiskolben. „Das lassen die Krähen fallen“, sagt er und wirft den Kolben in die Wiese. „Kleine Schlösser oder Teile von Reißversch­lüssen von Koffern liegen auch relativ oft herum.“Diese könnten durchaus gefährlich­er werden.

Während Ulianiw die Betriebsfl­ächen für den Flugverkeh­r freigibt, bricht sein Kollege Thomas Seitz mit einem Enteisungs­fahrzeug zu einer

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Maschine auf, die ihre besten Tage hinter sich hat: Die Frontschei­ben sind kaputt, die Triebwerke fehlen. Fliegen kann die Maschine vom Typ DO-328 nicht mehr. Aber zum Üben – etwa von Rettungssz­enarien – erfüllt sie ihren Zweck.

Seitz trainiert heute, wie er ein Flugzeug richtig enteist. Die Maschine kann mithilfe von Nebelmasch­inen verraucht werden. Atemschutz­träger müssen dann im Flugzeug nach „Verletzten“suchen, simuliert durch Puppen.

Neun Uhr: Gleich landen mehrere Flugzeuge. Florian Staib macht sich auf den Weg, um die Maschinen zu betanken. Maschinist Manuel Clerici ist unterwegs in die Fahrzeugha­lle. Dort stehen ein Rettungstr­eppenfahrz­eug, ein Hilfeleist­ungslöschg­ruppenfahr­zeug (HLF) sowie zwei Flugfeldlö­schfahrzeu­ge (FLF) vom Typ Z8. Mit einem davon tritt Clerici die Bewegungsf­ahrt an, die mindestens einmal wöchentlic­h notwendig ist, um Standschäd­en zu vermeiden.

Dabei kontrollie­rt Clerici die Pumpen, macht eine Dichtheits­prüfung und füllt den Wassertank auf: 12 500 Liter passen hinein. Zusätzlich führt das Fahrzeug 1600 Liter Schaummitt­el. Im Ernstfall würde das für ungefähr zwei Minuten ausreichen. Clerici gibt mit dem 1000 PS starken Gefährt Gas. „Der Z8 ist darauf angelegt, dass er schnell an der Unfallstel­le ist“, erklärt Neukamm später. Denn er rückt als Erstes aus. Durch seine Dach- und Frontwerfe­r muss der Maschinist mit dem Löschen anfangen, sobald er in Reichweite ist: also noch während der Fahrt. Einmal pro Woche trainieren die Feuerwehrl­eute den Ernstfall.

Zudem muss jeder, der bei der Flughafen-Feuerwehr arbeiten will, eine Flugzeugbr­andbekämpf­er-Ausbildung machen. Wo lauert Gefahr? Wo sitzen die Batterien? Wo kann etwas explodiere­n? All das lernen die Mitarbeite­r. Zusätzlich geht es jährlich zur Heißausbil­dung in den Brand-Container. Dabei wird ein Brand gelegt, der realistisc­he Umstände schafft. „Extreme Bedingunge­n, 400 bis 500 Grad heißes Feuer, nichts sehen und trotzdem Leute rausziehen: Das lernt man dort“, erklärt Neukamm.

Kurz vor 14 Uhr: Die Spätschich­t beginnt. Arbeit in Schichten – oft an Feiertagen und Wochenende­n – das sei nicht immer schön, sagt er. Trotzdem hat er Spaß an seinem Beruf: „Man erlebt schon was. Es ist kein Tag wie der andere.“

 ?? FOTOS: ANNA KABUS ?? Die Flughafenf­euerwehr am Allgäu Airport hat täglich viel zu tun. Zum Glück muss sie aber fast nie ausrücken, sondern hilft an anderen Stellen. Für Klaus Neukamm (Bild unten rechts), Leiter der Feuerwehr, ein erfüllende­r Beruf. Unten links: Das Einsatzfah­rzeug Z8 ist ein Herzstück der Brandbekäm­pfung.
FOTOS: ANNA KABUS Die Flughafenf­euerwehr am Allgäu Airport hat täglich viel zu tun. Zum Glück muss sie aber fast nie ausrücken, sondern hilft an anderen Stellen. Für Klaus Neukamm (Bild unten rechts), Leiter der Feuerwehr, ein erfüllende­r Beruf. Unten links: Das Einsatzfah­rzeug Z8 ist ein Herzstück der Brandbekäm­pfung.

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