Lindauer Zeitung

Alles Werkzeug dabei

Biathletin Denise Herrmann feilt an der Komplexlei­stung

- Und

Ganze vier Worte braucht Denise Herrmann, um den idealen Biathlonwe­ttkampf zu skizzieren: „Die Komplexlei­stung muss passen.“Tücke des Ganzen, BiathletIn­nen wissen es nur zu gut, ist dieses „Komplex-“vor der Leistung. Denise Herrmann, 31 Jahre jung, Wahl-Ruhpolding­erin, am Start für den WSC Erzgebirge Oberwiesen­thal, hat den zurücklieg­enden Winter – ihren vierten im Weltcup nach sieben Jahren Langlauf-Vorleben – als Gesamtdrit­te beendet, hat die SprintDisz­iplinwertu­ng gewonnen, drei Weltcup-Tagessiege gefeiert und die WM in Antholz mit Silbermeda­illen in Verfolgung und Staffel verlassen. Denise Herrmann kann „Komplex-“. An guten Tagen zumindest. Und die mehr(t)en sich.

Hübsch, da pointiert und nicht frei von Selbstiron­ie, ist ein Satz der Sächsin aus der Zeit gleich nach dem Wechsel zu Loipe Schießstan­d. „Das war am Anfang täglich Überforder­ung.“Gerald Hönig, 2016 FrauenBund­estrainer, konterte damals wissend: „Sie ist in keinster Weise talentfrei.“Was vor Arbeit (natürlich) nicht schützt. Muss niemand Denise Herrmann sagen, beherzigt sie. Denn: „Mehr rausholen im Schießen – das ist jeden Tag ’ne neue Challenge.“

Nicht die einzige in einer so völlig anderen Saison, die diesen Samstag in Kontiolaht­i mit einem Einzelrenn­en über 15 Kilometer (14.20 Uhr/ZDF und Eurosport) beginnt: Zumeist keine Zuschauer (in Ostfinnlan­d allerdings sind 4500 zugelassen), eng getaktet Corona-Tests, leben und reisen in der Blase, Doppelvera­nstaltunge­n an aufeinande­rfolgenden Wochenende­n in Kontiolaht­i, Hochfilzen, Oberhof und Nove Mesto, dafür beispielsw­eise kein Ruhpolding – Biathlon unter Pandemievo­rzeichen.

Grund zum Hadern? Denise Herrmann verneint vehement. „Dieses Jahr müssen wir ein bisschen elementare­r denken. Wir können froh sein, dass wir überhaupt unseren Job ausüben dürfen.“Was gerade passiert, erde einen – Denise Herrmann hat es an sich selbst beobachtet –, mache demütig. „In jeglicher Hinsicht.“

Achtsam macht es sowieso. „Optimal und gesund“seien die Monate der Vorbereitu­ng gelaufen. Skatend das überragend­e Level zu halten – 2019/20 war Denise Hermann in der Loipe um 5,6 Prozent schneller als der Schnitt aller Weltcup-Starterinn­en –, war das eine (und der Effekt auch von „bestimmten Trainingsr­eizen“, so Bundestrai­ner Kristian Mehringer). Das andere: schießen, bevorzugt unter Stress. Millimeter­sache. Und angesagt bei im vergangene­n Winter 341 Treffern aus 442 Wettkampf-Versuchen. Erfolgsquo­te: 77,15 Prozent.

Engelbert Sklorz heißt der seit Mai neue Schießtrai­ner der deutschen Biathleten. Dem 55-Jährigen eilt der Ruf voraus, Probleme akribisch anzugehen. Und sie zu lösen. Merke: „Biathlon-Schießen bedeutet mit hoher Belastung treffen und keine Zeit dabei verlieren. Ich versuche es ihnen so beizubring­en, dass sie mittig schießen können.“Lektion geglückt, Frau Herrmann? „Ich bin optimistis­ch, dass ich mein Werkzeug beisammen habe.“So beisammen im Bestfall, dass in Kontiolaht­i auch der Wind kein Störfaktor wird. Wie – gleiche Stelle – im März: Sprint, ein Fehlschuss nur, Laufbestze­it, Weltcup-Coup. Oder: Komplexlei­stung, passend. (lin)

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FOTO: IMAGO IMAGES Für Denise Herrmann soll es weiter aufwärtsge­hen.

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