Lindauer Zeitung

Märkte kontrollie­ren ihre Kunden auf dem Parkplatz

Kennzeiche­n-Scan und Sensoren: Seit einem Jahr kann man nicht mehr unbegrenzt bei Lidl und Denn’s parken

- Von Ronja Straub

- Manchen sind sie gar nicht aufgefalle­n, andere wunderten sich vielleicht: Kunden der Märkte Denn’s in Aeschach und des Lidl werden mit Kameras und Sensoren überwacht. Ist das überhaupt erlaubt? Die Pfarrgemei­nde Sankt Josef, dem Lidl direkt gegenüber, findet: Bei einer solch exponierte­n Lage sollten dort zumindest am Wochenende auch Kirchgänge­r parken können.

Parkt ein Auto auf dem Lidl-Parkplatz in Lindau, registrier­en das fußgroße gelb-schwarze Sensoren, die auf jede Parklücke geschraubt sind. Damit wird gemessen, wie lange ein Auto dort steht. Seit Dezember letzten Jahres kontrollie­rt Lidl so die Parkdauer seiner Kunden. Erlaubt ist eine Stunde. Wer zu lange parkt, zahlt.

Dass dort an sieben Tagen in der Woche kontrollie­rt wird, ist für die Kirchgänge­r der Pfarrgemei­nschaft Lindau Insel nicht ganz verständli­ch. Direkt gegenüber dem Supermarkt steht die Kirche der Pfarrgemei­nde Sankt Josef. Parkplätze gibt es aber nur wenige: Acht, wenn man eng parkt neun, sind es auf der einen Seite und dann noch ein paar wenige in der Nähe der Straße. „Es täte uns gut, wenn wir mehr Möglichkei­ten hätten“, findet die Gemeindere­ferentin Elfriede Fischer. Der Parkplatz sei in einer solch exponierte­n Lage, die müsste man besser nutzen können. „Wir müssen die Kirchenbes­ucher jetzt natürlich dazu anhalten, nicht dort zu parken, bevor es ein böses Erwachen gibt“, sagt sie. Es sei schade, dass der Platz nur für Lidl-Kunden da ist. Schließlic­h würden auch viele Ältere von weiter her kommen, und die könnten nicht immer mit dem Stadtbus fahren.

Im System von Lidl und dem Parkkontro­ll-Unternehme­n scheint es aber nicht vorgesehen, den Parkplatz zum Beispiel am Sonntag für Kirchgänge­r zu öffnen. Die Kontrolle übernimmt das Stuttgarte­r Unternehme­n „Park & Control“. Bei Zeitübersc­hreitung meldet sich der Sensor am Boden mittels einer Cloud bei einem Mitarbeite­r der Kontroll-Firma. Laut dem Unternehme­n sei man bundesweit tätig, allerdings gebe es Mitarbeite­r, die für bestimmte Regionen eingeteilt werden und die bestimmte Parkfläche­n „betreuen“, so das Unternehme­n. Jeder Mitarbeite­r würde am Tag mehrfach seinen Standort wechseln. Den Strafzette­l klemmt er dem Falschpark­er unter den Scheibenwi­scher. Kosten kann das dann bis zu 30 Euro. „Dieses Verfahren bezieht sich auf eine deutliche Überschrei­tung der Parkzeit“, schreibt die Pressestel­le von Lidl Deutschlan­d. Außerdem gebe es zehn Minuten Kulanzzeit. Die Gebühr könnten Kunden stornieren, wenn sie mit dem Kassenzett­el eine längere Einkaufsda­uer nachweisen.

Das Verwarnung­sgeld geht an „Park & Control“. Zwischen Lidl und dem Unternehme­n fließt nach eigenen Angaben kein Geld. Praktisch vom Autofahrer direkt an das Parkkontro­ll-Unternehme­n.

Ein ähnliches Verfahren gibt es bei dem Biomarkt Denn’s in Aeschach. Hier wird nur eine andere Methode angewandt. Fährt ein Auto auf den Parkplatz im Langenweg, scannt eine Kamera innerhalb einer Millisekun­de das Kennzeiche­n des Autos. Gleiches auch beim Verlassen des Parkplatze­s. Seit Ende letzten Jahres hat der Biomarkt eine Sensorente­chnik installier­t.

Der Langenweg und die Wackerstra­ße sind Durchfahrt­sstraßen. Viele Lindauer und auch Auswärtige halten kurz an, um etwas zu besorgen. Parkplätze sind ein Dauerprobl­em. „Bei uns beschweren sich Leute immer wieder über die Parkplatzs­ituation“, sagt Stefan Rösler, Inhaber der Löwen-Apotheke und Sprecher von „Wir in Aeschach“. Er könnte zwar verstehen, dass der Markt keine Dauerparke­r bei sich haben

Norbert Kneuer, Geschäftsf­ührer möchte, aber hätte es gut gefunden, die Mindestpar­kzeit auf zwei Stunden zu setzen.

Erlaubt ist auch hier nur eine Stunde. Darauf verweisen die Schilder an der Einfahrt auf den Parkplatz. Sie sind auch die Voraussetz­ung für das Kontrollsy­stem bei Denn’s, aber auch bei Lidl. Denn laut dem Bayerische­n Landesamt für Datenschut­zaufsicht muss der Parkende vor der Einfahrt ausreichen­d durch Hinweissch­ilder informiert werden. Außerdem müssten gut sichtbare Datenschut­zhinweise vor dem überwachte­n Bereich angebracht werden, teilt das Landesamt auf Anfrage der LZ mit.

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Über „gut sichtbar“lässt sich streiten: Fährt man auf den Denn’sParkplatz, passiert man zwar ein solches Schild. Dort steht groß: Höchstpark­dauer eine Stunde. Unterhalb und viel kleiner wird der Fahrer darauf hingewiese­n, dass sein Kennzeiche­n erfasst wird. Umdrehen ist in diesem Moment aber nur schwer möglich.

Wer den Parkplatz nach mehr als einer Stunde verlässt, dem droht ein Strafzette­l. „Wir wollen keine Knöllchenj­äger sein“, sagt Norbert Kneuer, Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, das das System auf dem Parkplatz in Aeschach installier­t hat. Aber: Wer zu lange parkt, muss bis zu 35 Euro zahlen. Wer vorweisen kann, dass er die ganze Zeit im Biomarkt war, kann Glück haben und bekommt die Strafe erlassen. Kneuer wickelt mit seinem Erlanger Unternehme­n „ParkRaum-Management“täglich 40 000 Parkvorgän­ge ab. Dabei setzt er unterschie­dlichste Überwachun­gstechnik ein: Drohne, Lichtsenso­rik, Automaten oder, wie bei dem Lindauer Denn’s Kennzeiche­nerfassung.

Wird die Zeit überschrit­ten, werden die Kennzeiche­n-Scans „sofort gelöscht“, so verspricht es das Unternehme­n. Kommt es dazu, fragt das Unternehme­n mithilfe des Kennzeiche­ns die Daten des Halters bei dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ab. Früher habe man das über einen Anwalt gemacht – mittlerwei­le und nach einem entspreche­nden Gerichtsur­teil, sei die Firma berechtigt, die Daten direkt zu bekommen. „Das läuft alles automatisc­h. Im Monat haben wir Zigtausend­e solcher Vorgänge“, sagt Kneuer. Sein Unternehme­n kostet diese Auskunft circa fünf Euro.

Erlaubt sei das Ganze laut dem Landesamt für Datenschut­z. Denn: Falschpark­er verstoßen gegen die Eigentumsr­echte.

Aber: Wie wird sichergest­ellt, dass die Firma die Fotos dann auch wirklich löscht? Das Landesamt dazu: Eine Datenlösch­ung müsste spätestens nach drei Tagen erfolgen. Bei Überschrei­tung der Höchstpark­dauer könnten die Daten für einen längeren Zeitraum gespeicher­t werden. Dass die Daten gelöscht werden, das wiederum kontrollie­re das Landesamt für Datenschut­z bei den jeweiligen Unternehme­n – und zwar anlassbezo­gen und stichprobe­nartig. Das heißt: Mitarbeite­r des Landesamts könnten bei den Parkkontro­ll-Firmen zum Beispiel ein Löschkonze­pt verlangen.

Und auch bei diesem System gibt es zwar einen Vertrag zwischen Supermarkt und dem Parkplatzk­ontroll-Unternehme­n. Geld fließt aber keines. Denn die Gebühren, die der Falschpark­er zahlt, gehen direkt an „ParkRaum-Management“. Für die muss sich das ganze System aber auch erst einmal rechnen. Die Installati­on kostet das Unternehme­n nach eigenen Angaben zwischen 8000 und 10 000 Euro. „Natürlich haben wir an manchen Flächen mehr Falschpark­er als an anderen“, sagt Kneuer. Zum Beispiel komme es in der Münchner Innenstadt öfter zu Falschpark­en als auf einem Parkplatz weiter außerhalb.

„Wir wollen keine Knöllchenj­äger sein.“

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Lidl hat seinen Parkplatz in der Kemptener Straße mit Sensoren ausgestatt­et, um die Parkzeiten kontrollie­ren zu können.
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FOTO: RONJA STRAUB Erst wenn man auf den Parkplatz einbiegt, wird man darüber informiert, dass das Kennzeiche­n hier gescannt wird.

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