Für Elmar Vögel ist Lehrersein eine Leidenschaft
Leiter des Staatlichen Schulamts im Ruhestand – Ein Blick auf besondere Momente und einen Seitenwechsel
- Um Paragraphen aus dem Kultusministerium und Vorgaben zum Unterricht in Corona-Zeiten muss er sich jetzt nicht mehr kümmern: Weil er die Altersgrenze erreicht hat, ist Schulamtsleiter Elmar Vögel nun in Pension gegangen. Corona-bedingt sehr leise, denn einen offiziellen Abschied kann es vorerst nicht geben. Im Gespräch mit der LZ blickt der 65-Jährige aber zurück – auf seine Zeit als junger Lehrer, als noch 70 Prozent eines Schülerjahrgangs in die Hauptschule gingen, auf das Musical, das seine Weißensberger Schüler aufgeführt haben, auf seinen Wechsel ins Staatliche Schulamt. Und er erzählt, wieso er überhaupt auf die Idee kam, Lehrer zu werden.
„Die Blasmusik ist schuld“, gesteht Vögel lachend. Denn seit Jugendtagen spielt der Sigmarszeller verschiedene Blasinstrumente. Während seiner Schulzeit im Lindauer Bodensee-Gymnasium übernimmt er dann in Bösenreutin die Leitung der Jugendkapelle. „Das hat mir richtig Spaß gemacht, den Kindern was beizubringen.“Dabei sind einige der jungen Musiker nur ein, zwei Jahre jünger als ihr Dirigent. Doch der merkt in seiner Freizeit: Zum Wunschstudium der Land- und Forstwirtschaft gibt es eine Alternative – ein Lehramtsstudium.
Das startet Vögel 1975, nach seiner Bundeswehrzeit, in Augsburg. „Dabei ist klar gewesen: Ich will an kein Gymnasium.“Vögel studiert Lehramt für die Volksschule, also Grund- und Hauptschule, mit Schwerpunkt Mathematik und Physik. „Ich bin heute froh, dass ich das gemacht habe“, sagt der 65-Jährige unumwunden. Damals, Ende der 1970er-Jahre, ist die Hauptschule noch eine Selbstverständlichkeit. Keine „Restschule“, wie sie viele Jahre später gelegentlich bezeichnet wird. Sondern jene Schulform, in die der große Teil der Kinder nach der vierten Klasse wechselt: „Das waren 70 Prozent eines Schülerjahrgangs.“
Vögel ist glücklich, dass er als junger Lehrer zurück in den Kreis Lindau kann. In der ersten Zeit als Vertretungslehrer, vergleichbar mit der heutigen „mobilen Reserve“. „Ich habe damals alles unterrichtet, von Werken in der ersten Klasse bis Sport bei den Neuntklässlern“, schildert Vögel. Und das habe richtig Spaß gemacht. Offiziell ist die Hauptschule Reutin seine Stammschule. Aber die habe er in seinem ersten Berufsjahr nur an wenigen
Tagen von innen gesehen, schmunzelt er rückblickend.
Dann bekommt der junge Pädagoge eine feste Klasse: Er wird Hauptschullehrer in Lindenberg. Jeweils drei Schuljahre lang, von der siebten Klasse bis zum Abschluss, bleibt er Klassenlehrer und Bezugsperson für eine Klasse. „An die Zeit erinnere ich mich gern zurück“, sagt Vögel. Und muss plötzlich lachen: Denn als er später in der Lindauer Volkshochschule sein Computerwissen vertiefen will, muss er feststellen, dass der junge Dozent einer seiner ehemaligen Schüler ist. Anfangs eine leicht kuriose Sache. „Aber der hat schnell gemerkt, dass er mehr kann als ich“, lacht Vögel.
Mitte der 1990er-Jahre geht es auf der Karriereleiter weiter nach oben: Elmar Vögel wechselt in die Schule in Weißensberg, damals noch Grundund Teilhauptschule. Erst als stellvertretender Schulleiter, dann wird er dort Rektor, ist verantwortlich für zwölf Grund- und vier Hauptschulklassen. Die Kinder zu unterrichten, mit ihnen auch Außergewöhnliches
Elmar Vögel zu seinem Wechsel 2007 ins Staatliche Schulamt zu erarbeiten, „das war wirklich toll“. So erinnert sich Vögel nur zu gerne an das Musical, das klassenübergreifend zur Lehrertagung Imta einstudiert wurde: „Achtmal haben wir das aufgeführt.“Aber auch den Bachlauf an der Schule legen Schüler in seiner Weißensberger Zeit an: „Da fanden dann als Highlight die Serenaden am Bach statt“, erzählt Vögel.
Zwölf Jahre ist er in Weißensberg, als dem damals 52-Jährigen klar wird: Er will noch einmal eine neue Herausforderung. Die findet Vögel als Schulrat in dem 2007 zusammengelegten Staatlichen Schulamt Oberallgäu-Lindau-Kempten, kurz OA-LI-KE. Der leidenschaftliche Pädagoge wechselt die Seiten, tauscht täglichen Unterricht mit Schulverwaltung. „Anfangs ist die Umstellung schon groß gewesen“, blickt Vögel zurück. Als Rektor ist er gewohnt, eigene Entscheidungen zu treffen. Jetzt gelten die Regeln des Kultusministeriums, die er umsetzen muss. Wobei er es schon spannend findet, mit seiner praktischen Erfahrung „die Schulen zu begleiten und zu entwickeln“.
Was 2007 als bayerisches ModellSchulamt für drei Gebietskörperschaften startet, bleibt allerdings ein Einzelprojekt in Bayern: Maximal zwei Schulämter werden später verschmolzen,
ANZEIGE etwa jene der kreisfreien Stadt Memmingen und des Unterallgäus. München hat sich durch den Zusammenschluss zum Schulamt OALI-KE große Synergien versprochen. In der Alltagsarbeit gebe es zwar das ein oder andere, was heute ein Kollege für Lindau, Oberallgäu und Kempten organisiere, etwa die Weiterbildung der Lehrkräfte.
Vögel merkt während seiner Jahre am Dienstsitz Immenstadt allerdings auch: „Wenn das Schulamt vor Ort ist, dann bist du einfach näher dran an den Schulen.“Man habe als Schulrat dann mehr Kontakte, bekomme die Bedürfnisse der einzelnen Schulfamilien besser und schneller mit. Insofern betrachtet Vögel die Kritik, die der Lindauer Landrat Elmar Stegmann vor zwei Jahren an der Zusammenlegung geäußert hat, im Rückblick jetzt schon „als gerechtfertigt“. Zumal das Groß-Schulamt einen fachlichen Leiter hat – Vögel ist vor zwei Jahren noch zum Schulamtsleiter ernannt worden –, aber eben mit den beiden Landräten und dem Kemptener OB drei rechtliche Leiter. „Aber das ist 2007 eine politische Entscheidung der damaligen Kreisräte gewesen“, erinnert Vögel. „Und das Rad lässt sich heute nicht mehr zurückdrehen.“
Trotz allem: Den Wechsel ins Staatliche Schulamt habe er nie bereut, sagt der heute 65-Jährige. Auch wenn ihm das Unterrichten, der Alltag mit den Kindern anfangs schon gefehlt habe. „So etwa alle zehn Jahre hat sich für mich in meinem Berufsleben ein neues Feld geöffnet“, damit ist er sehr zufrieden.
Neugierig auf Neues bleibt Vögel auch nach seiner Pensionierung.
Und wechselt mal wieder die Seiten: Er ist seit wenigen Wochen – selbst Schüler. Denn der passionierte Hobbymusiker, der mehrere Blasinstrumente spielt, lange Jahre die Wasserburger Musiker dirigiert hat und heute in Maria-Thann den Ton angibt, hat eine neue Leidenschaft entdeckt: den Kontrabass. „Die Fingerkuppen halten jetzt schon länger durch“, schmunzelt er. Und ist jenen jungen Musikern aus Bösenreutin dankbar, die einst seine Leidenschaft für den Lehrerberuf entfacht haben.
Elmar Vögel zum Zusammenschluss der drei Schulämter
„Anfangs ist die Umstellung schon groß gewesen.“
„Das Rad lässt sich heute nicht mehr zurückdrehen.“