Wie Feminismus auch Männern mehr Freiheit gibt
Grüne Jugend Schwaben veranstaltet Diskussionsabend zum Thema Männer und Feminismus
- Feminismus ist nicht nur was für Frauen: Das hat die grüne Jugend Schwaben gezeigt. Stadtrat Pius Bandte, Dennis Eisermann und Maria Kempter haben eine virtuelle Diskussions-Veranstaltung organisiert. Zusammen mit Grünen-Politikerin Ricarda Lang und vielen anderen jungen Menschen haben sie darüber gesprochen, wie Frauen und Männer vom Feminismus profitieren können.
Die Diskussion ist in vollem Gange, viele haben schon ihre Meinung zum Thema geäußert, da meldet sich Patrick zu Wort. „Meine Freunde waren gleich skeptisch, als ich erzählt habe, dass es heute um Feminismus geht.“Der junge Mann sitzt mit Kopfhörern vor seiner Kamera und spricht an diesem Donnerstagabend zum ersten Mal in die virtuelle Runde. In seinem Umfeld sei der Begriff oft negativ konnotiert. Mit dem Thema hat der junge Mann sich bis dato noch nicht sonderlich auseinandergesetzt und will wissen: Was ist eigentlich Feminismus? Und bedeutet es einfach Gleichberechtigung?
Ricarda Lang kann ihm keine klare Definition geben. Die junge Grünen-Politikerin befasst sich mit dem Thema seit langer Zeit, ist neben ihrer Tätigkeit als stellvertretende Bundesvorsitzende auch Frauensprecherin bei den Grünen. „Feminismus heißt mehr als Gleichberechtigung.“Denn in Deutschland haben Frauen auf dem Papier oft die gleichen Rechte. Im tatsächlichen Leben seien viele Frauen aber noch weit davon entfernt, gleich behandelt zu werden. Zum Beispiel im Arbeitsleben, was die Bezahlung angeht oder hohe Posten, die oft nur von Männern besetzt sind. „Feminismus hat den Anspruch, mit Leben gefüllt zu werden“, sagt sie.
Sie findet es gut und wichtig, wenn auch Männer sich des Themas annehmen. „Ich habe oft das Gefühl, dass ich mich selbst als Frau erklären muss. Es ist cool, wenn das auch von den Männern kommt.“Dann, wenn über Frauen abwertend gesprochen werde oder sexistische Sätze fallen, sei es hilfreich, wenn sich Männer dagegen aussprechen. In Patricks Situation kann das auch bedeuten, seinen Freunden zu erklären, was Feminismus bedeutet. Ganz ähnlich macht es nämlich auch ein anderer Teilnehmer der Diskussion: Christoph. Seit über zwölf Jahren beschäftigt er sich mit dem Thema und er findet: Mit Diskussionen um Feminismus kann er Frauen teilweise ihre Kämpfe abnehmen. „Als Mann habe ich mehr Kapazitäten darüber zu streiten. Denn am Ende des Tages kann ich die Diskussion verlassen und dann betrifft es mich als Mann nicht mehr“, sagt er. Dabei sei es wichtig, nicht den Frauen Feminismus zu erklären – sondern den Männern.
Auch für Pius Bandte, Stadtrat und Kreisrat in Lindau, war es wichtig, das Thema Feminismus als Mann in der Politik anzusprechen. Er hat die Ambition, nächstes Jahr in den Bundestag gewählt zu werden. Sein Votum als Spitzenkandidat der Grünen Jugend Schwaben hat er bekommen. Dabei war ihm auch wichtig, das Thema Feminismus als ein
„Wir sind alle eingeschränkt von Geschlechterrollen.“
Ricarda Lang, stellv. Bundesvorsitzende der Grünen
Schwerpunktthema zu setzen. „Ich hab das Gefühl, dass ich und Männer allgemein mit dem Thema Feminismus einfach sehr zurückhaltend und achtsam umgehen sollten.“Es gebe Viele, die sich als Feminist bezeichnen und sich vor den Frauen in den Vordergrund stellen. Frauen zu erklären, wie Feminismus funktioniere, wolle er aber auf keinen Fall.
Aber was haben eigentlich die Männer vom Feminismus? Eine ganze Menge, wie sich während des Gesprächs immer wieder herausstellt. „Wir sind alle eingeschränkt von starren Geschlechterrollen“, sagt Ricarda
Lang. Würde eine Frau Macht beanspruchen, würde sie als zickig angesehen. Männer, die Emotionen zeigen, werden oft als unmännlich dargestellt. Die Selbstmordrate sei bei Männern viel höher als bei Frauen. „Weil sie sich in ihrer Männlichkeit keine Hilfe suchen“, sagt Pius Bandte. Dabei müsse man sich die Frage stellen, was denn wirklich männlich sei, sagt ein anderer in der Runde. „Ich kenne viele junge Leute, die sagen, dass sie auf diese starren Geschlechterrollen keine Lust mehr haben“, sagt Ricarda Lang. Einen ganz anderen Punkt findet ein anderer junger Mann während des Gesprächs am Donnerstagabend besonders wichtig. Er verweist auf patriarchale Strukturen in der Arbeitswelt: „Woher weiß ich, ob ich die Stelle bekommen habe, weil ich wirklich am besten dafür geeignet bin oder weil ich ein Mann bin?“, fragt er. Wenn Frauen und Männer irgendwann gleichberechtigt sind, könne er sich in dieser Frage sicherer sein.
„Ich sehe Feminismus jetzt als Freiheitsgewinn durch die Auflösung der Geschlechterrollen“, resümiert Patrick. In Zukunft wolle er sich mehr damit beschäftigen.