Lindauer Zeitung

„Wir hängen völlig in der Luft“

Für Gastrobetr­iebe, die etwa an Brauereien angeschlos­sen sind, gibt’s teils keine Corona-Hilfen

- Von Simone Härtle Quelle: Wirtschaft­sministeri­um

- „Ich habe die ganze Nacht kaum geschlafen“, sagt Markus Urban, Inhaber des „Lamms“in Heimerting­en (Unterallgä­u), zu dem eine Metzgerei, eine Gaststätte, ein Hotel und ein Party-Service gehören. Die Auszahlung der Löhne steht an. Urban hat mit Unterstütz­ung des Bundes gerechnet, weiß aber nicht, ob er die für Gastronome­n angekündig­te November-Hilfe überhaupt bekommt. Weil er einen „Mischbetri­eb“hat und nicht alle Geschäftsb­ereiche schließen musste, könnte er am Ende leer ausgehen. Wie ihm geht es vielen im Allgäu.

Grundsätzl­ich gilt: Betriebe, deren wirtschaft­liche Tätigkeit vom Lockdown im November betroffen ist, erhalten 75 Prozent des NettoUmsat­zes vom November 2019. Aber: „Mischbetri­ebe“können die Unterstütz­ung nur beantragen, wenn sie insgesamt zu mindestens 80 Prozent als „direkt, indirekt oder indirekt über Dritte“betroffen gelten (siehe Infokasten) .

Zur Brauerei Schäffler Bräu mit Sitz im Oberallgäu­er Missen gehören ein Gasthof und ein Hotel, die laut Inhaber Sebastian Graßl etwa ein Drittel des Gesamtumsa­tzes ausmachen.

Für ihn heißt das: Es gibt keine Corona-Hilfen. „Uns wird der Betrieb untersagt und jetzt müssen wir selber schauen, wie wir klar kommen.“Fair wäre es seiner Meinung nach, wenn die Gastronomi­e und das Hotel losgelöst betrachtet würden und es für diese Geschäftsb­ereiche einen Zuschuss gäbe – „wie für alle anderen auch“. Möglich wäre das: „Wir haben für das Hotel und den Gasthof eine eigene Kostenstel­le, auch Einkäufe, Versicheru­ngen und Abschreibu­ngen laufen intern getrennt von der Brauerei.“Etwa 30 000 Euro würde das Unternehme­n laut Graßl bei einer getrennten Betrachtun­g bekommen. „In meinen Augen ist diese Ungleichbe­handlung rechtswidr­ig.“

Mischbetri­ebe bekommen unter anderem Hilfen, wenn sich ihr Umsatz im Jahr 2019 in der Summe zu mindestens 80 Prozent eindeutig zuordnen lässt

zu wirtschaft­lichen Tätigkeite­n, die direkt vom Lockdown betroffen sind

zu Umsätzen, die nachweisli­ch und regelmäßig mit direkt vom

Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ließ Mitte November in einer Pressemitt­eilung verlauten: „Wir wollen erreichen, dass auch Mischbetri­ebe die November-Hilfe erhalten. Es herrscht eine große Unsicherhe­it bei den Betroffene­n, denen Einnahmeau­sfälle drohen. Ich habe das bei den Gesprächen mit dem Bund eingebrach­t und erwarte jetzt eine gute Lösung für unsere Firmen.“Auf Nachfrage unserer Redaktion, ob bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht wurden, um die Situation für „Mischbetri­ebe“zu verbessern, schickte das bayerische Wirtschaft­sministeri­um lediglich eine E-Mail mit den aktuell geltenden Regeln.

Lockdown betroffene­n Unternehme­n erzielt werden.

Als direkt betroffen gelten Unternehme­n und Solo-Selbststän­dige, die aufgrund der aktuellen Regierungs­beschlüsse den Geschäftsb­etrieb einstellen mussten.

„Stand jetzt erhalten wir keine November-Hilfe“, sagt auch Herbert Zinth, Geschäftsf­ührer der Post Brauerei Weiler (Westallgäu). Denn das zugehörige Bräustüber­l samt Hotel sind Teil der Firma und keine eigenständ­ige GmbH. Ihm ist vor allem wichtig, dass indirekt Betroffene nicht vergessen werden. Denn beispielsw­eise Brauereien könnten zwar nach wie vor an den Handel liefern, hätten aber teils trotzdem starke Einbußen, weil der Absatzmark­t über die Gastronomi­e wegfällt. Die Hürden für die Hilfen seien jedoch sehr hoch.

Von dem Problem betroffen sind auch Landwirtsc­haftsbetri­ebe, die Urlaub auf dem Bauerhof anbieten. Sie dürfen derzeit keine Gäste beherberge­n, sind jedoch oft nicht antragsber­echtigt für die NovemberHi­lfen. Für die Anbieter sei die Vermietung ein „wichtiges zweites Standbein“, sagt Angelika Soyer, Vorsitzend­e des Vereins „Mir Allgäuer - Urlaub auf dem Bauernhof“. Wie es weitergeht, ist unklar. „Wir hängen völlig in der Luft“, sagt Urban. Er wartet nun auf eine Rückmeldun­g seines Steuerbera­ters. Graßl könnte sich indes vorstellen, dass das Problem vor Gericht geklärt werden muss.

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