Aus der Quarantäne ins Derby
Die Lindau Islanders empfangen den ECDC Memmingen – Die Vorzeichen könnten unterschiedlicher nicht sein
- Eigentlich wäre es ein Festtag für EishockeyFans geworden: Derby, am Nikolaustag, Lindau gegen Memmingen. Doch in diesem Jahr ist eben alles etwas anders, auch in der Eishockey-Oberliga Süd. Statt vor vollen Rängen in der Eissportarena im Eichwald aufzulaufen, werden sich die beiden Mannschaften am Sonntag (18 Uhr) in der Stille am Bodensee duellieren, während die Fans zu Hause vor ihren Rechnern und Fernsehern sitzen und das Spiel zumindest dort über Sprade TV verfolgen können.
Auch die Vorzeichen geben wenig Hoffnung auf ein ausgeglichenes, spannendes Derby. Während die Lindau Islanders nach der Covid-19-Erkrankung nahezu aller Spieler mehr als zwei Wochen in Quarantäne waren und erst seit wenigen Tagen wieder gemeinsam trainieren können, sind die Indians voll im Fluss und reisen mit dem Selbstvertrauen von vier Siegen aus den vergangenen fünf Spielen an (das Spiel gegen Füssen am Freitagabend war zu Redaktionsschluss noch nicht beendet). Vor allem das 6:1 beim Topteam aus Deggendorf am vergangenen Sonntag und das 4:2 unter der Woche gegen Rosenheim lassen aufhorchen. „Wir haben die Spiele über Sprade angeschaut“, sagt Islanders-Trainer Gerhard Puschnik und lobt den Gegner. „Sie haben einen verdammt guten Kader.“
Dabei haben sich die Reihen der Indians über die Sommerpause stark verändert. Durch die Abgänge der Stürmer Brad Snetsinger, Steven Deeg nach Selb, sowie Samir Kharboutli, der zu den Augsburger Panthern in die DEL wechselte, mussten die Memminger gerade in der Offensive viele namhafte Abgänge hinnehmen. In der Defensive verließ Lubor Pokovic die Indians nach drei Jahren, um bei den Bayreuth Tigers in der DEL2 anzuheuern. Trotz dieser namhaften Abgänge ist der Kader der Memminger nach wie vor exzellent besetzt. In der Defensive verpflichteten die Allgäuer mit Christopher Kasten vom Oberligisten aus Herne sowie Philipp de Paly und Leon Kittel vom ESV Kaufbeuren aus der DEL2 erfahrene Spieler. Für die Offensive kamen der Schwede Johan Schreiber und Mark Ledlin von den Bietigheim Steelers aus der DEL2. Schlechte Nachrichten erreichten den ECDC jedoch am Freitagmittag: Kapitän Daniel Huhn muss wohl operiert werden und steht den Indians aufgrund einer Oberkörper-Verletzung die nächste Zeit nicht zur Verfügung. Laut Verein wird Huhn vermutlich für zwei Monate fehlen, ein Ersatz soll möglichst schnell präsentiert werden.
Auch im Kader der Lindauer gab es einige Veränderungen. Sowohl vor der Saison, als unter anderem die beiden schwedischen Kontingentspieler Fredrik Widén und Linus Lundström verpflichtet wurden, vor allem aber in den vergangenen Tagen. Nach dem schwachen Saisonstart mit drei Niederlagen reagierten die Verantwortlichen und holten zunächst den DEL2erfahrenen Center Mark Heatly, in dieser Woche kamen Verteidiger Patrick Raaf-Effertz und Stürmer Nikolas Oppenberger dazu. Das Problem: Alle drei Spieler mussten sich in den vergangenen Wochen und Monaten eigenständig fithalten und konnten nur kurz mit der Mannschaft trainieren. Das seien natürlich nicht die optimalen Voraussetzungen, gibt Islanders-Trainer Puschnik zu. „Aber wir sind der Meinung, dass wir die richtigen Puzzleteile gefunden haben.“Die erfahrenen Spieler sollen der jungen Mannschaft vor allem mehr Sicherheit und Stabilität geben.
Dass die Lindauer zuletzt nochmal fleißig auf dem Transfermarkt unterwegs waren, liegt nicht nur an den schwachen Auftritten in den ersten drei Spielen. Durch die vielen Nachholspiele ist der Terminplan in den nächsten Wochen noch enger getaktet, als eh schon. Ein zusätzlicher Grund ist, dass die Verantwortlichen der Islanders eine gewisse Tiefe und Planbarkeit im Kader haben wollen, da man nicht jederzeit auf die Förderlizenzspieler der Towerstars aus Ravensburg zurückgreifen kann. Der Kooperationspartner der Islanders musste einige seiner Spieler zurück in die DEL geben, sowie zwei Spieler zur U20-Nationalmannschaft abstellen. Deshalb sind Alexander Dosch, Sebastian Hon, Eric Bergen und Goalie Nikita Quapp vorerst im DEL2Team der Towerstars eingeplant. Der EVL-Trainer möchte deshalb auch nicht ausschließen, dass die Lindauer noch einmal zuschlagen werden. „Wir werden den Markt weiter beobachten und es ein Schnäppchen gibt, sagen wir sicher nicht nein.“
Zunächst gilt es für den Coach aber, das bestehende Team in Form zu bringen und vor allem die Köpfe freizubekommen. Schließlich habe die zweite Quarantäne den ein oder anderen Spieler doch getroffen, sowohl körperlich, als auch geistig. „Wir haben 20 bis 25 unterschiedliche Charaktere. Der eine steckt es besser weg, der andere hat daran zu knappern.“Auch wenn nicht alle nach den wenigen Trainingseinheiten bei 100 Prozent seien, ist Puschnik dennoch voller Vorfreude auf das Derby. „Wir sind topmotiviert“, sagt der Östereicher und gibt sich selbstbewusst. „Wenn jeder alles gibt, was er kann, dann können wir jeden schlagen.“Ein Festtag für die Lindauer Fans ist also doch nicht gänzlich ausgeschlossen.