Kanzlerin will den harten Lockdown
Kritik an Auswirkungen für Schulen und Wirtschaft – Regionale Unterschiede sind groß
- Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich im Bundestag für schärfere Corona-Regeln ausgesprochen und sich dabei auf eine entsprechende Empfehlung der Nationalen Wissenschaftsakademie Leopoldina berufen. Entscheiden müssen aber am Ende die Regierungschefs der Länder. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Bundeskanzlerin Merkel spricht sich für die Leopoldina-Strategie aus. Was heißt das genau?
Die Nationale Akademie der Wissenschaften fordert eine drastische Verschärfung der Corona-Beschränkungen bereits ab kommender Woche. So soll nach dem Willen der Akademiemitglieder von Montag an in ganz Deutschland die Schulpflicht aufgehoben werden. Von Heiligabend bis zum 10. Januar soll das öffentliche Leben weitgehend ruhen – alle Geschäfte bis auf Lebensmittelläden sollen schließen und in manchen Bundesländern würden die Weihnachtsferien verlängert. Die Politik tue gut daran, die Empfehlungen der Wissenschaft „auch wirklich ernst zu nehmen“, sagte Merkel. Aber an den Vorschlägen des Wissenschaftsgremiums gibt es Kritik. Man solle „nicht wieder als Erstes“daran denken, Schüler möglichst zu Hause zu lassen, sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz, die rheinland-pfälzische Kultusministerin Stefanie Hubig (SPD), am Mittwoch. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Dieter Kempf, warnte vor einem „harten Runterfahren“der gesamten Wirtschaft. Entscheidend sei vielmehr, „dass die politisch Verantwortlichen bei unterschiedlichen Infektionsgeschehen unterschiedlich reagieren“.
Werden die Länder gemeinsam einen Lockdown beschließen?
Auch aus den Ländern wird der Ruf nach schärferen Beschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens lauter. Im Raum steht eine neue Schaltkonferenz der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten, die allerdings wegen des EU-Gipfels in Brüssel an diesem Donnerstag und Freitag frühestens am Wochenende stattfinden könnte. Alle Seiten seien im Gespräch, sagte Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz in Berlin. Sie könne im Moment aber noch keinen Termin nennen. Dass es zu einem gemeinsamen Beschluss eines bundesweiten Lockdowns kommt, ist aber unwahrscheinlich. Als erstes Bundesland hat sich Niedersachsen festgelegt, dass man keinen bundesweiten Lockdown und auch keinen weiteren Corona-Krisengipfel mit Bund und Ländern wolle. „In den verschiedenen Regionen Deutschlands gibt es sehr unterschiedliche Infektionslagen“, sagte eine Regierungssprecherin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Bei sämtlichen weiteren Maßnahmen werde man sich deshalb vor allem „an der Situation in Niedersachsen orientieren“. Bayern und Nordrhein-Westfalen dringen dagegen darauf, dass es einen gemeinsamen Beschluss zu neuen Beschränkungen geben soll – weil jede Entscheidung eines Bundeslands Auswirkungen auf Nachbarländer habe,
Die Bundesregierung will mehr als 27 Millionen Bundesbürger mit gut schützenden MundNasen-Masken ausstatten. Menschen ab 60 oder mit Vorerkrankungen sollen ab Mitte Dezember jeweils 15 FFP2-Masken erhalten. Die Ausgabe starte noch im Dezember, um in der Weihnachtszeit das Infektionsrisiko zu verringern, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). In einem ersten Schritt sollen sich über 60-Jährige sowie Menschen mit Vorerkrankungen oder Risikoschwangerschaften drei kostenlose Masken in der Apotheke holen können. Die Verordnung soll am 15. Dezember in Kraft treten. (dpa)
wie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) betonte. 590 gemeldete Corona-Tote an einem Tag sind ein neuer Höchstwert.
Wie groß sind die regionalen Unterschiede?
Sehr groß. In Bayern starben an einem Tag 107 Menschen an oder mit Covid-19. Dahinter folgen NRW (103), Sachsen (74) und Baden-Württemberg (72). Die wenigsten CoronaToten gab es in Schleswig-Holstein (2), Bremen (3), Mecklenburg-Vorpommern (8), Hamburg und Saarland (je 10) sowie Brandenburg (13). Bezogen auf die Einwohnerzahl liegt Bayern bei den Toten vor NordrheinWestfalen und Baden-Württemberg. 87 Prozent der Corona-Toten waren 70 Jahre und älter.