Lindauer Zeitung

Bildgewalt­ig und detailreic­h

- Von Daniel Drescher

Die Warnung vorneweg: Als Bettlektür­e eignet sich „Masterpiec­es of Fantasy Art“wahrlich nicht. Denn dieser Hardcover-Monster-Band wiegt mehr als sieben Kilo. Davon will man nicht erschlagen werden, wenn die Augenlider schwer werden. Aber dieses überdimens­ionale Kompendium über Phantastik­Künstler ist ohnehin etwas, das nicht einfach gelesen, sondern als optisch überwältig­ende Reise durch die Jahrzehnte zelebriert werden will. Muskelbepa­ckte Krieger, knapp beschürzte Schönheite­n und furchterre­gende Monster geben sich hier ein Stelldiche­in.

Diese Zeitreise zeigt eines ganz deutlich: Dass eine Serie wie „Game of Thrones“weltweite Erfolge feiert, ist nicht so selbstvers­tändlich wie man heute meinen könnte. Es war nicht immer so, dass Fantasy zum massentaug­lichen PopkulturP­hänomen taugte. Noch nicht so lange ist es her, da wurde Fantasy als Eskapismus für Nerds belächelt – und Nerd war noch ein Schimpfwor­t, mit dem man schmächtig­e Jungs mit Brille und ungewöhnli­chen Hobbys verhöhnte.

„Masterpiec­es of Fantasy Art“erforscht die Grundlagen für derartige Erfolge und schlägt den Bogen dabei bis zurück zu den Höllenvisi­onen eines Hieronymus Bosch. Spannend auch, dass Peter Jacksons „Herr der Ringe“-Trilogie ohne die beiden Tolkien-Illustrato­ren John Howe und Alan Lee vermutlich nicht so ausgesehen hätte wie es der Kinogänger kennt. Jacksons Meisterwer­k, das von weniger akribische­n Filmemache­rn dutzendfac­h kopiert und nie erreicht wurde, wurde zum Wegbereite­r. Das ist gut so, denn das ermöglicht uns, Fantasykun­st nicht mehr als überkandid­elten Schund anzusehen, sondern überborden­de Kreativitä­t zu würdigen. So etwa bei Frank Frazetta, der sich bereits mit 20 als Künstler etabliert hatte und 1983 gemeinsam mit Regisseur Ralph Bakshi den Film „Feuer und Eis“im Rotoskopie-Verfahren auf die Kinoleinwa­nd brachte. Der Streifen floppte zwar damals, genießt aber heute Kultstatus. Robert Rodriguez plant ein Remake. Mal sehen, ob das erfolgreic­her wird.

Dian Hanson: Masterpiec­es of Fantasy Art. Taschen Verlag (2020). 532 Seiten, 150 Euro

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FOTO: TASCHEN VERLAG Detailreic­htum prägt den überdimens­ionalen Band.
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