Bahn verspricht weitere Elektrifizierungen im Allgäu
Ex-Minister Josef Miller stellt sein neues Buch über die Elektrifizierung der Bahnstrecke Lindau-München vor
- Die elektrifizierte Bahnstrecke Lindau-München soll nicht die letzte Strecke bleiben, die im Allgäu unter Strom gerät. Dies und anderes geht aus einem neuen Buch eines Ex-Ministers hervor.
Weitere Bahnstrecken im Allgäu sollen „schon bald“elektrifiziert werden. Diese Zusage macht Bayerns DB-Konzernbevollmächtigter Klaus-Dieter Josel in seinem Vorwort zum gerade erschienenen Buch des früheren Landwirtschaftsministers und langjährigen CSU-Landtagsabgeordneten Josef Miller, der in Memmingen lebt. Wörtlich schreibt Josel: „Mit dem Bahnstrom im Allgäu haben wir nun eine Trendwende geschafft. Und es war erst der Anfang, weitere Strecken werden schon bald folgen.“
Das kann auch Lindaus Oberbürgermeisterin Claudia Alfons lesen, der Miller ein Exemplar seines Buches gebracht hat. Miller, ehemaliger bayerischer Staatsminister für Landwirtschaft und Forsten, hat ein Buch über die Geschichte der Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke München-Lindau geschrieben. Als Memminger Ehrenbürger lebt er ja quasi im Zentrum dieser ewig langen Leidensgeschichte, die rund 180 Kilometer Bahnstrecke sind da lediglich die Kurzverbindung dieser Jahrzehnte dauernden Geburt, die am Sonntag vorerst abgeschlossen sein wird. Da beginnt auf der Strecke Lindau-Memmingen-München das Stromzeitalter. Kempten aber ist noch immer vom Bahnstromnetz abgehängt.
In seinem Buch hat Miller nach eigenen Angaben seine persönlichen und subjektiven Erfahrungen zu Papier gebracht, gepaart mit wohl noch nicht bekannten Hintergrundinformationen, die nur mittels dieses Buches den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hätten, sagte Miller. „Es ist eine Geschichte voller Freude, Rückschläge, viel Überzeugungsarbeit, Hartnäckigkeit und Glauben“, erklärt der ehemalige Minister. Das können Generationen von Lindauern bestätigen, denn auch sie haben immer wieder den Glauben an die Elektrifizierung und an eine Bahnhofslösung fast verloren.
„Lindau ist der große Gewinner“, gab sich Miller überzeugt. Neben einer kürzeren Reisezeit zwischen Lindau und München sieht der ExMinister vor allem in der Einführung eines regelmäßigen Taktverkehrs die Voraussetzung, damit die Bahn eine Alternative zum Auto werden kann: „Ich brauche dann nicht mehr auf den Fahrplan schauen, sondern weiß einfach, wann ein Zug fährt.“Nun, ganz so einfach wird es zwischen
Lindau und München nicht sein, da hier ein Halbstundentakt doch eher utopisch sein dürfte.
Als Gewinner sieht Miller auch all die Stationen, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte den Bahnanschluss verloren hätten. „Wenn die Bahn investierte, bedeutete das vor allem, dass Bahnhöfe stillgelegt wurden.
Jahrzehntelang wurde über die Elektrifizierung der Bahnstrecke München-Lindau geredet. Die Diskussion darüber läuft seit den 70er Jahren:
September 1975: Bundesbahnpräsident Wolfgang Vaerst sichert zu, dass die Strecke MünchenLindau bis 1985 elektrifiziert sei.
80er-Jahre: Viele Jahre lang wird darüber diskutiert, ob die Strecke München-Lindau über Memmingen oder über Kempten ausgebaut werden soll (Trassenstreit).
Juni 1991: Die Bundesbahn favorisiert den Ausbau der Strecke Das hat sich Gott sei Dank geändert“, freut sich der ehemalige Minister, der zudem die Entscheidung der Schweiz, finanziell bei der Elektrifizierung der Bahnstrecke mit einzusteigen, als „Geschenk des Himmels“bezeichnet.
Der heute 73 Jahre alte Josef Miller hat die politische Diskussion um
München-Lindau über Memmingen. Die Kosten für Ausbau und Elektrifizierung dieser Strecke seien geringer als für die Trasse über Kempten.
Ende der 90er-Jahre: Die Bahn verspricht den Neigetechnik-Ausbau der Allgäuer Bahnstrecken und beginnt schrittweise.
Mai 2006: Bei einer Verkehrskonferenz in Memmingen sagt Bundesverkehrsminister Tiefensee die Elektrifizierung zu.
April 2009: Der Finanzierungsvertrag zwischen der Bahn und der Schweiz für den Ausbau der Stredie Trassenführung und die Elektrifizierung der Strecke München-Lindau von Anfang an mitverfolgt. Er hat an maßgeblicher Stelle versucht, sich für dieses wichtige Infrastrukturprojekt stark zu machen. Immerhin saß er 13 Jahre im bayerischen Kabinett, davon drei Jahre als Staatssekretär und zehn Jahre als Landwirtschaftsminister. cke wird unterzeichnet. Das Projekt soll mit 55 Millionen Euro vom Freistaat und 50 Millionen Euro aus der Schweiz vorfinanziert werden.
23. März 2018: Erster Spatenstich für den Streckenausbau samt Elektrifizierung. Die Gesamtkosten samt Lärmschutz werden auf etwa 500 Millionen Euro beziffert.
13. Dezember 2020: Das ist der Termin für die geplante erste Fahrt eines fahrplanmäßigen, elektrischen Fernverkehrszuges von Zürich nach München. Die Fahrtzeiten verkürzen sich durch die Elektrifizierung erheblich auf unter zwei Stunden zwischen Lindau und München. (az)
Da habe er einiges bewegen können, während sein SPD-Kollege Herbert Müller, ebenfalls langjähriger Landtagsabgeordneter aus Memmingen, gute Kontakte zu den SPD-Bundesverkehrsministern habe nutzen können.
„Es war die spannendste Aufgabe“, sagt Miller, und wichtig sei gewesen, dass „viele Beteiligte für dieses Großprojekt gewonnen werden konnten – über Partei, Landkreise und Ländergrenzen hinweg“. Die Geschichte der Elektrifizierung und das Happy End nach so vielen Jahren lassen Miller optimistisch in die Zukunft blicken. Wasserstoff- und Batterieantrieb auf der Schiene könnten eine Übergangslösung sein, sagt er. Wichtig sei jedoch, „jetzt schon auf die Elektrifizierung auch anderer Allgäuer Strecken hinzuarbeiten“. Das ist zuerst auf der Strecke von Neu-Ulm nach Kempten geplant. Damit sieht sich Miller im Gleichklang mit den meisten EU-Mitgliedsstaaten, die den Ausbau des Schienennetzes fördern, die Bahn modernisieren und sie gegenüber Pkw und Flugzeug konkurrenzfähig machen wollen. Miller: „Es passt gut zu dem Buch, dass die EU das Jahr 2021 zum ,Jahr der Schiene’ ausgerufen hat.“