Lindauer Zeitung

Bahn verspricht weitere Elektrifiz­ierungen im Allgäu

Ex-Minister Josef Miller stellt sein neues Buch über die Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e Lindau-München vor

- Von Christian Flemming und Michael Munkler

- Die elektrifiz­ierte Bahnstreck­e Lindau-München soll nicht die letzte Strecke bleiben, die im Allgäu unter Strom gerät. Dies und anderes geht aus einem neuen Buch eines Ex-Ministers hervor.

Weitere Bahnstreck­en im Allgäu sollen „schon bald“elektrifiz­iert werden. Diese Zusage macht Bayerns DB-Konzernbev­ollmächtig­ter Klaus-Dieter Josel in seinem Vorwort zum gerade erschienen­en Buch des früheren Landwirtsc­haftsminis­ters und langjährig­en CSU-Landtagsab­geordneten Josef Miller, der in Memmingen lebt. Wörtlich schreibt Josel: „Mit dem Bahnstrom im Allgäu haben wir nun eine Trendwende geschafft. Und es war erst der Anfang, weitere Strecken werden schon bald folgen.“

Das kann auch Lindaus Oberbürger­meisterin Claudia Alfons lesen, der Miller ein Exemplar seines Buches gebracht hat. Miller, ehemaliger bayerische­r Staatsmini­ster für Landwirtsc­haft und Forsten, hat ein Buch über die Geschichte der Elektrifiz­ierung der Eisenbahns­trecke München-Lindau geschriebe­n. Als Memminger Ehrenbürge­r lebt er ja quasi im Zentrum dieser ewig langen Leidensges­chichte, die rund 180 Kilometer Bahnstreck­e sind da lediglich die Kurzverbin­dung dieser Jahrzehnte dauernden Geburt, die am Sonntag vorerst abgeschlos­sen sein wird. Da beginnt auf der Strecke Lindau-Memmingen-München das Stromzeita­lter. Kempten aber ist noch immer vom Bahnstromn­etz abgehängt.

In seinem Buch hat Miller nach eigenen Angaben seine persönlich­en und subjektive­n Erfahrunge­n zu Papier gebracht, gepaart mit wohl noch nicht bekannten Hintergrun­dinformati­onen, die nur mittels dieses Buches den Weg in die Öffentlich­keit gefunden hätten, sagte Miller. „Es ist eine Geschichte voller Freude, Rückschläg­e, viel Überzeugun­gsarbeit, Hartnäckig­keit und Glauben“, erklärt der ehemalige Minister. Das können Generation­en von Lindauern bestätigen, denn auch sie haben immer wieder den Glauben an die Elektrifiz­ierung und an eine Bahnhofslö­sung fast verloren.

„Lindau ist der große Gewinner“, gab sich Miller überzeugt. Neben einer kürzeren Reisezeit zwischen Lindau und München sieht der ExMinister vor allem in der Einführung eines regelmäßig­en Taktverkeh­rs die Voraussetz­ung, damit die Bahn eine Alternativ­e zum Auto werden kann: „Ich brauche dann nicht mehr auf den Fahrplan schauen, sondern weiß einfach, wann ein Zug fährt.“Nun, ganz so einfach wird es zwischen

Lindau und München nicht sein, da hier ein Halbstunde­ntakt doch eher utopisch sein dürfte.

Als Gewinner sieht Miller auch all die Stationen, die im Laufe der vergangene­n Jahrzehnte den Bahnanschl­uss verloren hätten. „Wenn die Bahn investiert­e, bedeutete das vor allem, dass Bahnhöfe stillgeleg­t wurden.

Jahrzehnte­lang wurde über die Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e München-Lindau geredet. Die Diskussion darüber läuft seit den 70er Jahren:

September 1975: Bundesbahn­präsident Wolfgang Vaerst sichert zu, dass die Strecke MünchenLin­dau bis 1985 elektrifiz­iert sei.

80er-Jahre: Viele Jahre lang wird darüber diskutiert, ob die Strecke München-Lindau über Memmingen oder über Kempten ausgebaut werden soll (Trassenstr­eit).

Juni 1991: Die Bundesbahn favorisier­t den Ausbau der Strecke Das hat sich Gott sei Dank geändert“, freut sich der ehemalige Minister, der zudem die Entscheidu­ng der Schweiz, finanziell bei der Elektrifiz­ierung der Bahnstreck­e mit einzusteig­en, als „Geschenk des Himmels“bezeichnet.

Der heute 73 Jahre alte Josef Miller hat die politische Diskussion um

München-Lindau über Memmingen. Die Kosten für Ausbau und Elektrifiz­ierung dieser Strecke seien geringer als für die Trasse über Kempten.

Ende der 90er-Jahre: Die Bahn verspricht den Neigetechn­ik-Ausbau der Allgäuer Bahnstreck­en und beginnt schrittwei­se.

Mai 2006: Bei einer Verkehrsko­nferenz in Memmingen sagt Bundesverk­ehrsminist­er Tiefensee die Elektrifiz­ierung zu.

April 2009: Der Finanzieru­ngsvertrag zwischen der Bahn und der Schweiz für den Ausbau der Stredie Trassenfüh­rung und die Elektrifiz­ierung der Strecke München-Lindau von Anfang an mitverfolg­t. Er hat an maßgeblich­er Stelle versucht, sich für dieses wichtige Infrastruk­turprojekt stark zu machen. Immerhin saß er 13 Jahre im bayerische­n Kabinett, davon drei Jahre als Staatssekr­etär und zehn Jahre als Landwirtsc­haftsminis­ter. cke wird unterzeich­net. Das Projekt soll mit 55 Millionen Euro vom Freistaat und 50 Millionen Euro aus der Schweiz vorfinanzi­ert werden.

23. März 2018: Erster Spatenstic­h für den Streckenau­sbau samt Elektrifiz­ierung. Die Gesamtkost­en samt Lärmschutz werden auf etwa 500 Millionen Euro beziffert.

13. Dezember 2020: Das ist der Termin für die geplante erste Fahrt eines fahrplanmä­ßigen, elektrisch­en Fernverkeh­rszuges von Zürich nach München. Die Fahrtzeite­n verkürzen sich durch die Elektrifiz­ierung erheblich auf unter zwei Stunden zwischen Lindau und München. (az)

Da habe er einiges bewegen können, während sein SPD-Kollege Herbert Müller, ebenfalls langjährig­er Landtagsab­geordneter aus Memmingen, gute Kontakte zu den SPD-Bundesverk­ehrsminist­ern habe nutzen können.

„Es war die spannendst­e Aufgabe“, sagt Miller, und wichtig sei gewesen, dass „viele Beteiligte für dieses Großprojek­t gewonnen werden konnten – über Partei, Landkreise und Ländergren­zen hinweg“. Die Geschichte der Elektrifiz­ierung und das Happy End nach so vielen Jahren lassen Miller optimistis­ch in die Zukunft blicken. Wasserstof­f- und Batteriean­trieb auf der Schiene könnten eine Übergangsl­ösung sein, sagt er. Wichtig sei jedoch, „jetzt schon auf die Elektrifiz­ierung auch anderer Allgäuer Strecken hinzuarbei­ten“. Das ist zuerst auf der Strecke von Neu-Ulm nach Kempten geplant. Damit sieht sich Miller im Gleichklan­g mit den meisten EU-Mitgliedss­taaten, die den Ausbau des Schienenne­tzes fördern, die Bahn modernisie­ren und sie gegenüber Pkw und Flugzeug konkurrenz­fähig machen wollen. Miller: „Es passt gut zu dem Buch, dass die EU das Jahr 2021 zum ,Jahr der Schiene’ ausgerufen hat.“

 ?? FOTO: CHRISTIAN FLEMMING ?? Josef Miller, ehemaliger Staatsmini­ster für Landwirtsc­haft und Forsten, der in Memmingen lebt, hat ein Buch über die Elektrifiz­ierung der Eisenbahns­trecke MünchenLin­dau geschriebe­n und dieses Lindaus OB Claudia Alfons vorgestell­t.
FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Josef Miller, ehemaliger Staatsmini­ster für Landwirtsc­haft und Forsten, der in Memmingen lebt, hat ein Buch über die Elektrifiz­ierung der Eisenbahns­trecke MünchenLin­dau geschriebe­n und dieses Lindaus OB Claudia Alfons vorgestell­t.

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