Lindauer Zeitung

Bei Inkontinen­z nicht auf die erstbesten Einlagen setzen

Bei Blasenschw­äche sollte man sich Zeit nehmen, Hilfsmitte­l zu finden, die den Bedürfniss­en gerecht werden

- Von Tom Nebe

(dpa) - Die Angst, es nicht mehr rechtzeiti­g auf die Toilette zu schaffen oder beim Lachen Urin in die Hose zu verlieren: Eine Inkontinen­z ist unangenehm genug. Umso wichtiger ist es für Betroffene, dass sie mit geeigneten Hilfsmitte­ln bestmöglic­h durch ihren Alltag kommen. Doch bei der Beratung hakt es oft, kritisiert der Urologe Prof. Andreas Wiedemann. Das liegt nach seinen Worten an mangelndem Wissen und wenig Zeit bei den Verkäufern, aber auch an aus seiner Sicht viel zu niedrigen Kostenpaus­chalen bei den Krankenkas­sen.

Bei der Suche nach dem passenden Hilfsmitte­l sind zwei Aspekte wichtig: Der Grad der Inkontinen­z, denn manche verlieren auf einmal viel Harn, andere kontinuier­lich über Stunden, und die individuel­len Bedürfniss­e. So legen manche Wert darauf, dass Einlagen in der Hose nicht knistern, damit niemand dadurch von ihrem Problem mitbekommt.

Worauf sollten Betroffene also konkret achten, wenn sie in die Apotheke oder das Sanitätsha­us gehen? Das raten die Experten von der Deutschen Kontinenz Gesellscha­ft:

Verschiede­nes austesten

Patienten sollten sich nicht mit dem erstbesten Produkt zufrieden geben. Wiedemann empfiehlt, am besten einen Mehrtagesb­edarf von mindestens zwei Hilfsmitte­ln zum Austesten mitzunehme­n. „Wenn man damit nicht zurechtkom­mt oder zum Beispiel Harn ausläuft, sollte man ins Geschäft gehen und nach neuen Mustern fragen.“Man sollte dabei selbstbewu­sst auftreten und eben gegebenenf­alls einen zweiten Termin in Anspruch nehmen.

Denn es gibt viel mehr als nur Einlagen – spezielle Tampons für Frauen zum Beispiel oder ein sogenannte­s Kondom-Urinal für Männer. „Das steckt man wie ein Präservati­v über den Penis. Von dort führt dann ein Schlauch zu einem Beutel, in dem der Urin gesammelt wird“, erklärt der Chefarzt der Klinik für Urologie am Evangelisc­hen Krankenhau­s in Witten (Nordrhein-Westfalen).

Weitere Optionen sind, unter anderem, spezielle Schutzhose­n und für die Nacht Bettunterl­agen. Der

Mediziner sagt: „Auf jeden Fall sollten spezielle Inkontinen­zprodukte verwendet werden – keine Watte, Hand- oder Küchentüch­er und ähnliches.“

Kostenfrag­e klären

Die Höhe der Kassenpaus­chalen kritisiere­n neben Wiedemann auch andere Experten. Doch für den Verbrauche­r bringt es wenig, sich darüber zu ärgern.

„Wenn man mit dem Standardpr­odukt, das die Kasse zahlt, zurechtkom­mt – umso besser“, sagt Wiedemann. Stellt sich jedoch ein Produkt, für das man zuzahlen muss, als geeigneter heraus, sollte man schauen, ob die finanziell­en Ressourcen ausreichen. Mitunter zahlen die Kassen auch nur bestimmte Höchstmeng­en im Monat. „Bei schwerer Inkontinen­z können Urologen hier aber durchaus etwas machen und diese Grenzen mit einem Antrag aushebeln“, sagt der Experte und rät, den Facharzt danach zu fragen.

Ursachen therapiere­n

Hilfsmitte­l sind eine Möglichkei­t der Versorgung, aber keine Behandlung, betont Wiedemann. Letztlich seien sie immer nur eine Notlösung. „Man sollte die Inkontinen­z so behandeln, dass man bestenfall­s wieder trocken wird.“

Auf der Internetse­ite der Deutschen Kontinenz Gesellscha­ft www.kontinenz-gesellscha­ft.de finden sich nach Postleitza­hlen sortiert ärztliche Beratungss­tellen sowie Kontinenz- und Beckenbode­n Zentren.

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FOTO: INGA KJER/DPA Oh nein, nicht schon wieder: Eine Blasenschw­äche kann Betroffene im Alltag immer wieder vor große Probleme stellen. Einlagen und andere Hilfsmitte­l verspreche­n Unterstütz­ung.

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