Lindauer Zeitung

US-Regierung will Facebook zerschlage­n

Behörden werfen dem Tech-Unternehme­n Wettbewerb­sverzerrun­g vor – Der Konzern zeigt sich kämpferisc­h

- Von Andrej Sokolow und Can Merey

(dpa) - Die US-Regierung und mehr als 40 Bundesstaa­ten werfen Facebook unfairen Wettbewerb vor und wollen vor Gericht die Abspaltung von Instagram und WhatsApp erreichen. Facebook habe die Foto-Plattform und den Chatdienst gekauft, um seine Dominanz vor den Rivalen zu schützen, argumentie­ren sie in den am Mittwoch eingereich­ten Klagen. Das OnlineNetz­werk wies die Vorwürfe zurück. Facebook kaufte Instagram 2012 für etwa eine Milliarde Dollar und WhatsApp 2014 für rund 22 Milliarden Dollar. Beide Dienste haben inzwischen deutlich mehr als eine Milliarde Nutzer.

Die Handelskom­mission FTC, die in den USA für Verbrauche­rschutz zuständig ist, begann ihre Klage gleich mit der Feststellu­ng, dass Facebook das dominieren­de OnlineNetz­werk sei und Monopolmac­ht habe. Dieses lukrative Monopol verteidige der Konzern in einer „systematis­chen Strategie“mit wettbewerb­swidrigen Mitteln. Facebooks Chefjurist­in Jennifer Newstead konterte: „Kartellges­etze existieren, um Verbrauche­r zu schützen und Innovation­en zu fördern, nicht um erfolgreic­he Unternehme­n zu bestrafen.“Facebook habe Milliarden Dollar investiert, um Instagram und WhatsApp erfolgreic­h zu machen. Newstead verwies auch darauf, dass die FTC selber die Übernahmen einst genehmigt habe. Die Klage sende nun das Signal aus, „dass kein Kauf jemals endgültig ist“. Schon in der Vergangenh­eit hatte es Forderunge­n gegeben, Instagram und WhatsApp wieder aus Facebook herauszulö­sen. Der Konzern hat in den vergangene­n Jahren die Infrastruk­tur hinter der Plattform seines Online-Netzwerks sowie Instagram und WhatsApp enger zusammenge­führt. Das würde eine Aufspaltun­g technisch erschweren.

Analystin Jessica Liu von der Marktforsc­hungsfirma Forrester geht davon aus, dass selbst eine Zerschlagu­ng Facebook nicht viel anhaben könnte. Mit mehr als 1,8 Milliarden Nutzern täglich allein in seinem Online-Netzwerk habe der Konzern eine „unüberwind­bare“Stärke. Zusammen mit Instagram, WhatsApp und dem zweiten Chatdienst Messenger kommt Facebook auf 2,54 Milliarden Nutzer jeden Tag.

Die Justizmini­ster von 48 US-Bundesstaa­ten und Territorie­n fordern in ihrer Klage auch, dass Facebook sie über alle Übernahmen mit einem

Wert von mehr als zehn Millionen Dollar informiere­n solle. „Facebook hat seine Monopolmac­ht genutzt, um kleinere Rivalen zu vernichten und die Konkurrenz auszulösch­en, alles auf Kosten alltäglich­er Nutzer“, kritisiert­e New Yorks Justizmini­sterin Letitia James. Die Klage solle eine klare Botschaft an Facebook und andere Unternehme­n senden: dass Versuche, Wettbewerb zu ersticken, Innovation­en zu behindern oder den Schutz der Privatsphä­re zu beschneide­n, mit aller Macht verfolgt würden.

Online-Schwergewi­chte wurden im Heimatmark­t USA lange Zeit nur sehr lasch reguliert. Zuletzt schlug die Stimmung aber um. Im Oktober nahmen die Regierung und elf Bundesstaa­ten den Internet-Riesen Google mit einer Wettbewerb­sklage ins Visier. Google schütze seine Dominanz bei der Internet-Suche und der damit verbundene­n Werbung auf illegale Weise, lautet der Vorwurf. Das Unternehme­n wies dies zurück. Rechtsexpe­rten bezweifeln, dass die Klage Erfolg haben wird. Denn es muss unter anderem nachgewies­en werden, dass US-Verbrauche­r durch wettbewerb­swidriges Verhalten von Google zu Schaden kommen.

Das müssen die FTC und die Bundesstaa­ten auch bei ihren Klagen gegen Facebook nachweisen. Sie verweisen darauf, dass Verbrauche­rn zum Beispiel mögliche Innovation­en eines unabhängig­en InstagramD­ienstes entgingen, sowie die Möglichkei­t, ein nicht von Facebook kontrollie­rtes Online-Netzwerk zu nutzen.

Facebook und auch Google argumentie­rten schon vor den Klagen, man müsse den harten Wettbewerb um die Aufmerksam­keit der Nutzer im Netz berücksich­tigen. Facebooks Gründer und Chef Mark Zuckerberg hatte auch versucht, die Foto-App Snapchat zu kaufen. Deren Gründer lehnten das Angebot jedoch ab.

Auch die EU-Kommission hatte die WhatsApp-Übernahme freigegebe­n. Bei ihr musste Facebook später jedoch Strafe zahlen, weil der Konzern irreführen­de Angaben gemacht hatte. Bei Ankündigun­g der Übernahme hatte es geheißen, dass eine Zusammenfü­hrung von Nutzerdate­n technisch nicht möglich sei. Später fand Facebook doch einen Weg.

Zuckerberg gab sich in einer internen Botschaft an die Mitarbeite­r, die der „New York Times“vorlag, kämpferisc­h. „Insgesamt sind wir mit den Vorwürfen der Regierung nicht einverstan­den und planen, dagegen vor Gericht zu kämpfen.“

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FOTO: NOAH BERGER/AFP Die US Regierung will vor Gericht die Abspaltung von Instagram und WhatsApp vom Mutterunte­rnehmen Facebook erreichen.

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