Lindauer Zeitung

Im Sinkflug

Der Allgäuer Flugzeugzu­lieferer Liebherr Aerospace baut wegen der coronabedi­ngten Krise in der zivilen Luftfahrt rund 360 Stellen ab

- Von Benjamin Wagener

- Angedeutet hatte es sich bereits vor einigen Wochen, nun ist es klar: Der Allgäuer Luftfahrtz­ulieferer Liebherr Aerospace mit Sitz in Lindenberg kommt mit Kurzarbeit und Betriebsru­he allein nicht durch die Krise. Das Unternehme­n wird bis Ende des Jahres 2022 am Stammsitz und im Zweigwerk in Friedrichs­hafen von insgesamt 2650 Stellen rund 360 abbauen, wie die Geschäftsf­ührung am Donnerstag auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigte. Bereits getrennt habe man sich von 200 Leiharbeit­ern.

Als Grund führt Liebherr Aerospace die Krise der Luftfahrt wegen der Corona-Pandemie an. „Die Fluggesell­schaften stellen den Neuerwerb von Flugzeugen zurück, was zu starken Reduzierun­gen der Produktion­sraten bei den Flugzeughe­rstellern führt. Diese Entwicklun­g setzt sich auch im Wartungs- und Instandhal­tungsgesch­äft fort, wo ebenfalls ein deutlicher Rückgang zu verzeichne­n ist“, schreibt die Geschäftsf­ührung um Klaus Schneider, Arndt Schoeneman­n und Martin Wandel in einer Stellungna­hme. Das Unternehme­n rechnet in diesem Jahr mit einem Umsatzrück­gang im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent. 2019 hatte Liebherr Aerospace 757 Millionen Euro erlöst. Dabei sind die Geschäfte profitabel gewesen. „Wir machen Gewinn, wir sind zufrieden“, hatte Geschäftsf­ührer Klaus Schneider im Januar dieses Jahres noch gesagt.

Das sieht nun alles völlig anders aus. Aufgrund der schwierige­n Lage rechnet Liebherr Aerospace „mit einer Fortführun­g der Kurzarbeit­sphase“. Seit Mai arbeiteten die Mitarbeite­r an beiden Standorten in Lindenberg und Friedrichs­hafen bis zu zwei Tage kurz. Bei der Stellenred­uzierung

plant das Unternehme­n „einen sozialvert­räglichen Abbau zum Beispiel durch vorzeitige­n Ruhestand, freiwillig­es Ausscheide­n und Aufhebungs­verträgen“.

Liebherr Aerospace gehört zum Traditions­konzern Liebherr mit Sitz im oberschwäb­ischen Biberach und stellt Flugsteuer­ungen, Fahrwerke und Aktuatoren für alle großen Hersteller von Passagierf­lugzeugen her. Bei Aktuatoren, Maschinen, die in Flugzeugfl­ügeln und Leitwerken die Klappen bewegen, gehört Liebherr Aerospace zu den weltweit führenden Spezialist­en. In den vergangene­n Jahren hatte das Unternehme­n seine Produktion im Allgäu kontinuier­lich ausgebaut und hatte in zehn Jahren mehr als 200 Millionen Euro investiert. Die Planungen zielten auf die Annahme der Geschäftsf­ührung, dass der Flugverkeh­r sich bis 2035 fast verdoppeln werde. Im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“im Januar hatte Geschäftsf­ührer Schneider das noch so formuliert. „In der Luftfahrt gibt es nicht so starke Schwankung­en, in der Regel geht es behutsam aufwärts – und auch wenn es gesamtwirt­schaftlich ungemütlic­her wird, gehen wir von leichten Steigerung­en aus.“Und auch trotz Klima-Diskussion, Greta Thunberg und Fridays for Future sei das Streben des Menschen zu reisen weiter vorhanden.

Jetzt geht Liebherr Aerospace davon aus, dass der zivile Luftverkeh­r frühestens in drei bis vier Jahren das Niveau von 2019 erreichen wird. Bei der Flugzeugpr­oduktion ist der Luftfahrtz­ulieferer noch pessimisti­scher, sie werden noch ein bis zwei Jahre länger brauchen.

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FOTO: LIEBHERR Prüfstand für Fahrwerke: Rückgang bei der Flugzeugpr­oduktion.

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